Barsbüttel. Anmeldung von Fläche an Autobahn 1 als Eignungsgebiet beim Land Schleswig-Holstein beschlossen. Fraktionen streiten um Kleinigkeiten.

In der kommenden Woche wird Barsbüttels Bürgermeister Thomas Schreitmüller ein Schreiben an das Land Schleswig-Holstein schicken. Inhalt: Die Gemeinde meldet eine Fläche auf der gegenüberliegenden Seite von Möbel Höffner an der Autobahn 1 in östliche Richtung als Eignungsgebiet für Windräder zwecks Prüfung an. Vorausgegangen war ein entsprechender Beschluss im jüngsten Planungsausschuss mit Stimmenmehrheit von Wählergemeinschaft BfB, SPD und FDP. Diese Entscheidung hätte das Gremium auch vor rund einem halben Jahr treffen können. Stattdessen wurde diskutiert. Keine Fraktion stellt sich gegen solche Anlagen und klammert auch das Areal nicht aus. Es ging nur um Kleinigkeiten, die jedoch öffentlichkeitswirksam aufgezogen wurden. Kurzum: Windkraft entwickelte sich zum Wahlkampfthema. Am 14. Mai bestimmen die Bürger im nördlichsten Bundesland ihre kommunalen Parlamente.

Derzeit ist ein Windpark in der rund 13.500 Einwohner zählenden Gemeinde nicht möglich. Schleswig-Holsteins 344 Vorranggebiete sind an anderen Orten ausgewiesen. Sie sind im Regionalplan aufgeführt. Dieser gilt seit Dezember 2020 und wird novelliert. Der Entwurf soll 2024 präsentiert werden.

Fraktionen überschütten sich mit Anträgen

Rückblick: Im September 2022 bringt die BfB einen Antrag im Planungsausschuss ein. Sie will das Areal an der A 1 dem Land vorschlagen. Die Gruppe hatte schon 2011 und 2019 Anläufe in Sachen Windkraft unternommen, fand in den Gremien keine Mehrheit. Nun also der dritte Versuch. Doch SPD, CDU und Grüne blockieren. Sie bestimmen, dass sich erst Ortsbeiräte in Stellau und Stemwarde mit dem Schriftstück beschäftigen, bevor es zu weiteren Beratungen kommt. Außerdem stellen die Christdemokraten einen Antrag, der auf Zustimmung stößt. Die Verwaltung ist beauftragt, einen Vertreter des Ministeriums für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur einzuladen, der für alle Politiker einen Vortrag hält. Auch die Sozialdemokraten legen ein Dokument vor: Das Rathaus soll Grundeigner fragen, ob sie Interesse an der Errichtung von Wind- und Solarparks auf ihrem Boden haben. Das wird befürwortet.

Im jüngsten Planungsausschuss fand der gemeinsame Antrag von BfB und SPD eine Mehrheit.
Im jüngsten Planungsausschuss fand der gemeinsame Antrag von BfB und SPD eine Mehrheit. © René Soukup

Zwei Monate später trifft man sich wieder. Klar ist inzwischen: In beiden Ortsbeiräten gibt es keine Mehrheit für einen Energiepark mit hohen Anlagen. Kurz vor der Zusammenkunft findet ein Stellauer Christdemokrat einen Stein in seinem Garten mit der Aufschrift „Keine Windräder in Stellau“. Fraktionschef Henri Schmidt kritisiert die Wählergemeinschaft für ihre Strategie. Sie habe sich immer nur für den Hauptort interessiert, hole dort ihre Stimmen. Diese Aussage ist ein deutliches Signal: Spätestens jetzt hat man auf Wahlkampfmodus umgeschaltet. CDU und Grüne verfassen kurz vor der Gremiumssitzung einen gemeinsamen Antrag als Gegenpart zur BfB. Zentraler Punkt: eine frühzeitige Beteiligung der Bürger, um später die Akzeptanz zu sichern. Die Politiker diskutieren rund 80 Minuten, kommen in der Sache aber nicht weiter. Auf Vorschlag der SPD werden die Anträge zurückgestellt. Deren Fraktionschef Hermann Hanser signalisiert der Wählergemeinschaft Unterstützung zu einem späteren Zeitpunkt. Der BfB-Fraktionsvorsitzende Rainer Eickenrodt legt noch einmal nach. Es sei der festen Überzeugung, dass CDU und Grüne Windkraft in Barsbüttel nicht wollen.

Eickenrodt weiß nun, dass eine Kooperation mit der SPD möglich ist. Beide Fraktionen gehen aufeinander zu und formulieren einen gemeinsamen Antrag, der das Windkraft-Vorhaben beinhaltet. Darüber hinaus soll die bereits begonnene Planung für Photovoltaikanlagen auf gemeindeeigenen Gebäuden konsequent fortgesetzt werden. Der komplette Inhalt wird den rund 20 Besuchern im jüngsten Planungsausschuss noch einmal vorgelesen. Die Punkte unterscheiden sich nicht wesentlich von jenen im CDU/Grünen-Vorschlag. Darin heißt es zum Beispiel: „Die Verwaltung meldet Flächen, die nach aktuellen Kriterien für Windenergie geeignet sind, an die zuständigen Behörden.“ Mit dem Zusatz: „Sofern sie nach einem Bürgerbeteiligungsverfahren, welches in den politischen Gremien abgestimmt wird, in Frage kommen.“ Die Christdemokraten haben im Januar ein Online-Portal für Bürgerbeteiligung gestartet. In einer aktuellen Umfrage wollen sie wissen, ob sich die politischen Entscheidungsträger für Windenergie in Barsbüttel stark machen sollen. Laut Schmidt ist das Verhältnis von Befürworten und Andersdenkenden ausgeglichen.

Windräder sind ohne Bebauungsplan machbar

Hätte das Parteienduo seinen Antrag durchgebracht und die Bevölkerung sich gegen Windräder ausgesprochen, wären diese dennoch möglich. „Auch ein Investor könnte eine Fläche beim Land melden“, sagt Barsbüttels Bauamtsleiter Andreas Tiedemann. Sagt die Behörde dann Ja, hat die Gemeinde schlechte Karten, das Vorhaben zu verhindern. Nach Paragraf 35 des Baugesetzbuches sind Windkraftanlagen im Außenbereich privilegiert. Es muss kein Bebauungsplan aufgestellt werden. Eine Möglichkeit zur Intervention wäre bei der Auslegung des neuen Regionalplans. Hier kann jedermann Einwände vorbringen.

Im Planungsausschuss wird diesmal nicht lange diskutiert. Die CDU arbeitet sich noch einmal an der SPD ab. Facebook-Mitteilungen der Partei sorgen für Irritationen. Christdemokrat Thomas Nickel will jetzt wissen, ob die Sozialdemokraten Windkraft an der A 1 wollen. Das bejaht der stellvertretende Fraktionschef Klaus-Jürgen Krüger. Bei der Abstimmung über den gemeinsamen Antrag von SPD und BfB enthalten sich zwei CDU-Vertreter. Das zeigt: Man ist eigentlich nah beieinander. Im Nachgang sagt Eickenrodt dieser Redaktion: „Ich hoffe jetzt sehr auf ein positives Votum der Landesplanung. Windkraft ist ein Beitrag zur Versorgungssicherheit mit preiswerter Energie.“ Das ins Auge gefasste Areal hat rund ein Dutzend Eigner. Schreitmüller hat erste Gespräche geführt. Der Verwaltungschef sagt: „Die Mehrheit der Befragten hat grundsätzlich Interesse.“