Glinde. Sportverein TSV Glinde gibt neuen Platz nach insgesamte drei Monaten Bauzeit für Spielbetrieb frei. Projekt kostet 590.000 Euro.
Die Tüte mit Brötchen und die Buttermilch im Büro von Joachim Lehmann blieben bis zum Mittag unangetastet. An ein entspanntes Frühstück war für den hauptamtlichen Vorsitzenden des TSV Glinde nicht zu denken. Er hatte Stress, führte Dutzende Telefonate. Dann, gegen 13 Uhr, die erlösende Nachricht: Die noch fehlenden Tore sowie die Mannschaftsbänke für den neuen Kunstrasenplatz sollen am Donnerstag geliefert werden. Der Appetit beim 58-Jährigen war wieder da.
Wenig später gab Lehmann mit Fußball-Abteilungsleiter Frank Gabbert und Jugendleiter Frank Paulsen in Anwesenheit von Vertretern der Fachfirmen den Platz für den Spielbetrieb frei. Nach dreimonatiger Bauzeit steht das 590.000-Euro-Projekt kurz vor dem Abschluss. Schon am Dienstagabend war auf dem neuen Untergrund – zuvor wurde auf Grand gespielt – Anpfiff für die Liga-Mannschaft, wenn auch nicht offiziell. Sie durfte dort trainieren.
Am kommenden Sonnabend starten die Festtage „Kunstrasenplatz“ mit fünf Veranstaltungen (siehe rechts). „Das ist der Lohn für unser Engagement“, sagt Lehmann, während er mit der rechten Hand über den Belag streichelt. Der klamme Verein hatte mit ideenreichen Aktionen Geld gesammelt, um den Traum vom Kunstrasen zu realisieren.
Belag soll eine Lebensdauer von mindestens 15 Jahren haben
Lehmann: „Wir hatten Glück, die Abstimmung unter den Gewerken war perfekt.“ Am 30. März hatten die Fachfirmen mit den Arbeiten auf der 16.500 Quadratmeter große Fläche begonnen. 650 Kubikmeter Grand wurden abgetragen und 2500 Kubikmeter Boden bewegt. Es ist ein 1,50 bis zwei Meter hoher Wall entstanden, der den Platz umrahmt. Nachdem im Mai eine elastische Tragschicht aufgetragen und nach dem Aushärten mit dem Kunstrasen verklebt wurde, stand die Einarbeitung von 140.000 Kilogramm Quarzsand und 49.000 Kilogramm Granulat an.
In der vergangenen Woche schoben die Experten 14-Stunden-Schichten, um den Zeitplan einzuhalten. Am Mittwochabend waren sie mit dem Untergrund fertig.
TSV-Platzwart Dmitrij Kress, 29, hat inzwischen eine Einweisung erhalten. Er sagt: „Der Platz muss ein- bis zweimal in der Woche abgezogen werden. Die Pflege kostet mich genauso viel Zeit wie beim Grandplatz.“
Neben dem neuen Platz ist auch eine Eventfläche aus Naturrasen entstanden, die sämtlichen Sparten zur Verfügung steht. Wegen der Neuansaat ist der Bereich noch gesperrt. „Wenn ich auf die Anlage blicke, macht sich bei mir die pure Freude breit“, sagt Frank Gabbert. Hinter dem Fußball-Abteilungsleiter liegen drei Jahre Projektarbeit. Die Suche nach einem geeigneten Kunstrasenlieferanten führte ihn bis nach Nordrhein-Westfalen. In Bad Honnef wurde er fündig.
Die Firma will jetzt auch im Norden verstärkt aktiv werden. „In Glinde liegt ihr Referenzplatz“, sagt Gabbert. Das Unternehmen leistet zweimal pro Jahr eine Grundpflege. Laut der TSV-Bosse soll der neue Belag mindestens 15 Jahre halten. Bis dahin muss der Verein Rücklagen in Höhe von 140.000 Euro für einen Austausch bilden.
Spendenlauf mit „Tagesschau“-Sprecher Thorsten Schröder
Dass der TSV den Platz bauen konnte, war lange fraglich. In der Vergangenheit hatten die Stadtvertreter zwei Finanzierungsmodelle abgelehnt, zu gering war der Eigenanteil des Vereins. Doch der TSV bestach durch Kreativität, sammelte allein 50.241 Euro an Spenden für Rasenpatenschaften. Hierfür wurde das Spielfeld gedanklich in 1020 Parzellen aufgeteilt. Ab 30 Euro erhält der Spender einen Platz und wird auf Wunsch auf der Homepage genannt. 994 Parzellen sind vergeben.
Es folgten weitere ungewöhnliche Aktionen wie der Spendenlauf mit „Tagesschau“-Sprecher Thorsten Schröder und der Tag des Kunstrasenplatzes mit Uwe Seeler und Sportmoderator Gerhard Delling. Nicht zu vergessen das Sticker-Album mit Porträts aller Mitglieder der Fußball-Abteilung nach Panini-Art.
Zudem erhöhte die Fußball-Abteilung im April 2014 den monatlichen Spartenbeitrag zweckgebunden für Erwachsene und Kinder. So schraubte der Verein seinen Eigenanteil auf 122.00 Euro – das reichte.
Die Stadt Glinde bezuschusst den Bau mit 200.000 Euro und gewährt die gleiche Summe dem Club als Darlehen. Weitere 40.000 Euro zahlt der Landessportverband. Den Rest decken vorgezogene Zuschüsse der Stadt an den Verein für die Jahre 2016 und 2017 ab.