Oststeinbek. Bei einer Anlage in Oststeinbek springen viele Interessenten ab. Bei einem weiteren Bauprojekt könnten nun jüngere Bürger profitieren.
Die Arbeiten an der Brückenstraße in Oststeinbek liegen im Zeitplan. Gegenüber der Feuerwehrwache entstehen gerade 80 Seniorenwohnungen, 24 davon sind öffentlich gefördert. Im April ziehen die ersten Mieter ein. Allerdings gibt es ein Problem: Der Vertrieb läuft nicht wie gewünscht, rund die Hälfte der Einheiten sind erst vergeben.
Es war der Wille der Politik, die Bleiben nur Einheimischen zur Verfügung zu stellen. 280 Ortsansässige hatten sich vormerken lassen, viele scheuen sich jetzt aber vor einem Umzug. Das könnte Auswirkungen auf ein weiteres Projekt für ältere Menschen in der 9000-Einwohner-Gemeinde haben, das in diesem Jahr startet.
Immobilien: Seniorenwohnungen in Oststeinbek leer
Hartmut Thede, Leiter der Projektentwicklung beim Unternehmen Semmelhaack, ist ob der Zahlen enttäuscht. Er begutachtet am Freitagmorgen die Baustelle, sagt: „Die Pandemie spielt sicher auch eine Rolle. Menschen haben Hemmnisse, Entscheidungen zu treffen. Mir haben Interessenten nach einem Rundgang gesagt, sie seien doch noch nicht soweit.“ Die Firma mit Sitz in Elmshorn investiert rund 16 Millionen Euro, 640.000 Euro steuert das Land bei für Wohnbauförderung wegen der günstigeren Mieteinheiten. Außerdem gewährt Schleswig-Holstein ein Darlehen in Höhe von zwei Millionen Euro.
Von den 56 frei finanzierten Wohnungen sind 30 reserviert, manch einer hat schon den Mietvertrag unterschrieben. Bei den Objekten mit Wohnberechtigungsschein wurden erst neun zugewiesen. Die Kaltmiete pro Quadratmeter beträgt hier 6,34 Euro, neun Cent davon sind für einen Gemeinschaftsraum in der Anlage. Mit einer Ausnahme handelt es sich um Zwei-Zimmer-Wohnungen, die zwischen 48 und 60 Quadratmeter groß sind. Weil es so schlecht läuft, hat die Gemeinde in Absprache mit dem Investor die Bewerbungsfrist um drei Wochen bis zum 20. Februar verlängert.
Semmelhaack hatte vor sechs Wochen mit dem Vertrieb begonnen. Inzwischen kontaktieren Mitarbeiter Senioren in umliegenden Gemeinden, die auch auf der Interessenten-Liste geführt werden. „Dass wir so zu einer vollen Auslastung kommen, daran habe ich keine Zweifel“, sagt Thede. Bürgermeister Jürgen Hettwer führte zudem ein Gespräch mit seinem Glinder Kollegen Rainhard Zug.
„Er hat zwei Personen, die dringend günstigen Wohnraum suchen“, berichtet Oststeinbeks Verwaltungschef. Hettwer ist optimistisch, die Anlage zumindest auf Sicht komplett mit Einheimischen belegen zu können – wenn Mieter zu einem späteren Zeitpunkt sterben oder in ein Pflegeheim müssen.
Seniorenwohnungen in Oststeinbek zu teuer?
Es gibt im Ort auch vorgemerkte Senioren, denen die Kosten an der Brückenstraße zu hoch sind. Bis zu 14 Euro kalt sind pro Quadratmeter zu zahlen. Zum Beispiel für eine 83 Quadratmeter große Wohnung im Staffelgeschoss mit Gäste-WC und 36-Quadratmeter-Dachterrasse. Auf dem 1,2 Hektar großen Areal sind sieben Mehrfamilienhäuser mit bis zu vier Ebenen platziert. Der Komplex wird in einen Park eingebettet mit Gehwegen. Im Gemeinschaftsraum mit Küchenzeile können die Bewohner kochen und Geburtstage feiern. Die Firmen Bestlüd und Vitanova sind Kooperationspartner für die ambulante Pflege.
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Auch Oststeinbeks Bürgermeister ist überrascht, dass so viele Interessenten jetzt einen Rückzieher machen: „Wir haben eine Liste, die über Jahre fortgeschrieben wurde und rund 300 Personen umfasst.“ Von diesen hat sich manch einer umorientiert und ist in anderen Kommunen sesshaft geworden. Wäre es nach Semmelhaack gegangen, hätte das Unternehmen in Oststeinbek ein Mehrgenerationenquartier an anderer Stelle gebaut. Entsprechende Pläne präsentierte Thede 2014. Das Vorhaben war von der Mehrheit der Politik nicht gewollt.
Zweites Seniorenquartier ist im Norden geplant
Ein solches Projekt mit 273 Wohnungen setzen die Elmshorner gerade in Schwarzenbek im Kreis Herzogtum Lauenburg um. Eineinhalb Monate vor Fertigstellung sind laut Thede 98 Prozent der Einheiten vermietet. Das Angebot richtete sich von vornherein auch an Bürger anderer Kommunen.
In Oststeinbek wurde jüngst der Bebauungsplan für eine weitere Seniorenanlage im Norden abgesegnet mit 90 Wohnungen im Drittelmix, also öffentlich geförderte und frei finanzierte Mieteinheiten sowie Objekte zum Kauf. Auch hier sollen eigentlich ausschließlich Ortsansässige leben. Inzwischen gibt es Überlegungen in der Politik, das Konzept zu ändern und auch junge Familien aus dem Ort zu berücksichtigen. Hinter den Kulissen haben Entscheidungsträger aus der SPD und Oststeinbeker Wählergemeinschaft bereits darüber gesprochen, auf den Investor zuzugehen und eine Änderung herbeizuführen.
Familien könnten in Seniorenwohnungen ziehen
„Wir würden einen Vorstoß machen, das Angebot für andere Altersgruppen zu öffnen. Man könnte das Zugriffsrecht für Senioren zeitlich begrenzen“, sagt Thomas Mielcarek, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten. Eine Durchmischung empfinde er ohnehin angenehmer als ein Seniorenquartier. „Wenn der Bedarf besteht, bin ich auch dafür, jungen Oststeinbekern den Zugang zu ermöglichen“, sagt Carsten Bendig von der Ostbek.net-Fraktion. Die Wählergemeinschaft würde sich laut Fraktionschef Rudi Hametner einer Kurskorrektur nicht verschließen. Bei den Eigentumswohnungen nahe dem Willinghusener Weg sieht er weniger Probleme bezüglich einer Belegung mit älteren Menschen aus seiner Gemeinde.