Glinde. Andere Parteien in Glinde kritisieren die Absichtserklärung. Die Geräte sind für Politiker sowie Verwaltungsmitarbeiter gedacht.

71.000 Euro investiert Glinde für 66 Tablets, mit denen Verwaltungsmitarbeiter und Politiker ausgestattet werden sollen. Das hatte das Stadtparlament beschlossen. So kann die Papierflut ein Ende haben, das Rathaus müsste zum Beispiel Sitzungsunterlagen nicht mehr in Umschlägen verschicken. Die SPD möchte nun vorerst auf die ihr zustehenden Geräte verzichten und Schulen damit ausstatten. Eine entsprechende Erklärung wird der Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach an diesem Dienstag im Hauptausschuss abgeben. Er hofft, dass auch die anderen Parteien sich dem Vorhaben anschließen. Doch danach sieht es nicht aus.

Sozialdemokraten fordern, eigene Interessen zurückzustellen

Bei der digitalen Ausstattung will der Glinder SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach Schülern Vorrang vor Verwaltung und Politik einräumen.
Bei der digitalen Ausstattung will der Glinder SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Lauterbach Schülern Vorrang vor Verwaltung und Politik einräumen. © René Soukup

Die Sozialdemokraten führen als Grund ihrer Initiative Aussagen der Verwaltung an. Demnach reichten die bereitgestellten Fördermittel nicht aus, um den gesamten Bedarf an digitalen Endgeräten zu decken. Somit müsse der Schulträger einen Mangel verwalten. „Wir müssen diejenigen Jugendlichen versorgen, die nicht in der Lage sind, sich aus privaten Mitteln Tablets zuzulegen. Zum Beispiel, weil die Eltern nur über ein geringes Einkommen verfügen“, sagt Lauterbach. Die eigenen Interessen müsste man für den Augenblick zurückstellen.

Die SPD sei der Meinung, dass das Lernen mithilfe von digitalen Medien für Schüler insbesondere in diesen schwierigen Zeiten wichtiger sei als der Luxus des papierlosen Mandats. Lauterbach kündigt an, in den anstehenden Haushaltsberatungen weiteres Geld für Bildungseinrichtungen bei diesem Thema einzufordern.

Verwaltung hat die digitalen Endgeräte noch gar nicht bestellt

Die Geräte hat die zuständige Abteilung im Glinder Rathaus noch nicht bestellt. Laut Bürgermeister Rainhard Zug sind diese auch für den Senioren-, Jugendbeirat sowie die Gleichstellungsbeauftragte, Abteilungs- und Sachgebietsleiter vorgesehen. „Und es geht auch darum, das politische Ehrenamt zu stärken. Ohne digitale Unterstützung finden die Parteien keine Personen mehr“, sagt der Verwaltungschef und weist auf „Papiermassen“ hin in Sachen Kommunikation zwischen Entscheidern und seinen Mitarbeitern. Zugs Botschaft ist klar: Dieser Zustand muss schnellstmöglich geändert werden.

Das sieht auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Neumann so. Die Verringerung des Papierverbrauchs sei überfällig. Er halte den Verzichtvorschlag der Sozialdemokraten für falsch. „Bei dem Haushalt, den wir haben, sollte es Möglichkeiten geben, das Problem zu lösen“, sagt der Christdemokrat. Für ihn sei es auch wichtig, der Verwaltung die Arbeit zu erleichtern.

Jan Schwartz von den Grünen kritisiert Vorstoß der SPD

Jan Schwartz von den Grünen hat den Vorsitz im Hauptausschuss und betont den Beitrag für die Umwelt durch das Wegfallen der gedruckten und per Post verschickten Sitzungsunterlagen. Den Vorstoß der SPD nennt er „populistisch“. Schwartz: „Sie sollte sich lieber bei ihrer Bundespartei dafür einsetzen, dass der Digitalpakt höher ausfällt, anstatt die Stadt Glinde zu kritisieren, die den Mangel verwalten muss.“

Die Grünen denken darüber nach, einen Antrag zu stellen, damit fehlende Geräte aus dem Haushalt bezahlt werden können. „Immerhin haben wir gerade eine beachtliche Summe durch eine Gewerbesteuernachzahlung erhalten. Oder wir verzichten auf das von der SPD gewünschte Vordach am Bürgerhaus für 85.000 Euro. Solch einen Luxus braucht wirklich keiner“, so Schwartz.

Laut Zug ist in Glinde nichts vom Digitalpakt angekommen

Dass Deutschland bei der Digitalisierung der Schulen reichlich Nachholbedarf hat, ist bekannt. Deshalb stellt die Bundesregierung mit dem sogenannten Digitalpakt fünf Milliarden Euro zur Verfügung. In Glinde ist davon noch nichts angekommen, sagt Bürgermeister Zug. Die Stadt habe aber Aussicht auf eine Million Euro aus diesem Paket. Dafür muss aber ein Medienentwicklungskonzept erstellt werden, das Mitte 2021 fertig sein soll. Die Verwaltung hat errechnet, dass Glinde vier Millionen Euro benötigt für die Schaffung einer Infrastruktur mit Servern und gutem WLAN-Empfang. Für die sechs Bildungseinrichtungen braucht Glinde laut Zug 3000 Tablets. In der Stadt gibt es zwei Gemeinschafts-, zwei Grund-, eine Förderschule sowie ein Gymnasium.

Bislang hat Glinde 150 Tablets an Lehranstalten verteilt. 200 kommen hinzu. „Durch das Sofortprogramm des Landes wurden uns 190.000 Euro zur Verfügung gestellt, die Geräte sind inzwischen bestellt“, sagt Rainhard Zug.

Stadt hat in letzten zehn Jahren 30 Millionen Euro in Schulen investiert

Geld in Bildung hat die Stadt zuletzt viel investiert, allein 30 Millionen Euro seit 2010 in Schulen. Und es stehen weitere Projekte auf der Agenda. 500.000 Euro Planungskosten stehen im Haushalt für die Modernisierung der Grundschule Tannenweg. Angedacht ist ein großer Neubau in der Mitte des Areals mit einer Mensa, sechs Klassen- und vier Differenzierungsräumen. Die Schule ist vierzügig, wird damit auf Fünfzügigkeit ausgerichtet. 2021 soll Baustart sein und das Projekt acht Millionen Euro kosten.

Hauptausschuss Glinde, Dienstag, 15. September, 19 Uhr, Festsaal im Marcellin-Verbe-Haus, Markt 2