Ahrensburg. Laut Realisierungsstudie kostet Umgehungsstraße bis zu 61 Millionen Euro. Bedenken auch wegen des Naturschutzes und der S-4-Planung.
Eine neue Umgehungsstraße im Süden von Ahrensburg ist unrealistisch. Das ist das Ergebnis einer von der Stadt in Auftrag gegebenen Studie, die jetzt vorliegt. Der Bau der je nach Verlauf zwischen 43 und 61 Millionen Euro teuren Trasse sei nur denkbar, wenn es eine Kreis- oder sogar Landessstraße wäre und Ahrensburg kein Geld ausgeben müsste. Das Verkehrsministerium hat bei einem Treffen in Kiel jedoch deutlich darauf hingewiesen, dass der absolute Schwerpunkt auf der Sanierung von Straßen liege. Erst nach 2030 sei mit Geld zu rechnen – wenn überhaupt.
Bürgermeister empfiehlt, Planung nicht weiter zu verfolgen
Entsprechend fällt das Fazit aus dem Rathaus aus. „Die Verwaltung regt an, von weiteren kostenintensiven und aufwendigen Gutachten und Planungen zunächst Abstand zu nehmen“, steht in einer Empfehlung von Bürgermeister Michael Sarach für die Kommunalpolitiker im Bau- und Planungsausschuss.
Das Ingenieurbüro SBI und die Landschaftsarchitektin Margarita Borgmann-Voss (beide Hamburg) haben die sogenannte Realisierungsabschätzung erarbeitet. Nicht allein die Kosten sprechen gegen die „baulich prinzipiell machbare“ Südtangente. Auch erhebliche Umweltbelange müssten berücksichtigt werden. „In einem vorab geführten Meinungsaustausch hat die Untere Naturschutzbehörde des Landes Schleswig-Holstein einer Realisierung der Südtangente aufgrund der naturschutzrechtlichen Restriktionen auch im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung nur sehr geringe Chancen eingeräumt“, so die Gutachter.
Täglich sind 8800 Fahrzeuge am Braunen Hirsch unterwegs
Ein weiteres Hemmnis ist die S-Bahnlinie 4, die ab 2027 zwischen dem Hamburger Hauptbahnhof, Ahrensburg und Bad Oldesloe pendeln soll. Eine schätzungsweise 18 Millionen Euro teure und 120 Meter lange Brücke über die Gleise soll den jetzigen beschrankten Bahnübergang Brauner Hirsch ersetzen. „Die notwendigen Planungsschritte für eine Südtangente sind nicht mit den laufenden S-4-Ausbauplanungen in Einklang zu bringen“, heißt es in der Studie.
Die Bahn müsste ihren aktuellen Brückenplan stoppen. Wegen der hohen Zugfrequenz würde der Übergang Brauner Hirsch dann aber komplett geschlossen – und der Stadtteil am Hagen wäre jahrelang ohne direkte Straßenverbindung in Richtung Hamburg. Eine Umgehungsstraße wäre voraussichtlich erst in 15 Jahren fertig.
Was hat die Verkehrszählung im Vorjahr ergeben? Ende April und Ende Juni wurden jeweils für acht Stunden an acht Stellen alle Fahrzeuge gezählt und anhand der Kennzeichen (nur Ziffern) die Wege nachgezeichnet. Ergänzend wurde der Verkehr jeweils für eine Woche von drei Seitenradargeräten erfasst. Im Braunen Hirsch sind demnach täglich rund 8800 Autos unterwegs, in der Dorfstraße in Ahrensfelde 7700. Davon ist etwa zwei Prozent Schwerverkehr (Lastwagen und Busse). Der Durchgangsverkehr zwischen dem Ostring (am A-1-Anschluss Ahrensburg) und der Hamburger Straße (Richtung Volksdorf/Rahlstedt) macht 56 bis 64 Prozent aus. Das sind rund 4900 Autos. In der Hagener Allee (Höhe Starweg) wurden 3600 bis 3800 Fahrzeuge erfasst, darunter 23 Prozent Durchgangsverkehr.
Wie lautet die Prognose für die weitere Entwicklung? Nach Fertigstellung der Straßenbrücke über die Bahngleise erwarten die Experten für 2030 im Braunen Hirsch etwa 11.700 Fahrzeuge täglich und in der Dorfstraße 10.500. Wenn der Durchgangsverkehr auf eine Südtangente ausweichen könnte, würden die Zahlen auf 3500 beziehungsweise 2700 Fahrzeuge sinken.
Welche Trassen wurden für die Studie untersucht? Die Varianten reichen von einer ortsnahen Strecke, die nördlich von Ahrensfelde auf den jetzigen Ostring-Anschluss trifft, bis zur fernen Route an der Hamburger Landesgrenze mit Einbeziehung der Nachbargemeinde Siek und einer neuen Ostring-Anschlussstelle nicht weit von der A 1. Sowohl die Nutzung der von der Bahn geplanten Brauner-Hirsch-Brücke als auch eine Alternative weiter südlich mit direkter Verbindung zur Einmündung Hamburger Straße/Eulenkrugstraße wären möglich. Der Flächenverbrauch liegt bei den favorisierten Lösungen zwischen 7,7 und 8,6 Hektar.
Wie setzen sich die Kosten für die Südtangente zusammen? Die Umgehungsstraße müsste inklusive eines einseitigen Geh- und Radwegs mindestens 14,25 Meter breit sein. Nötig wären fünf bis sechs Knotenpunkte mit Kreuzungen (eventuell mit Ampeln) oder Kreisverkehren. Die Länge reicht von 4,4 bis 5,4 Kilometer. Autofahrer bräuchten für den Weg zwischen Ostring und Hamburger Straße sechs bis sieben Minuten. Auf der Grundlage von ähnlichen Projekten erwarten die Ingenieure Kosten von 43 bis 61 Millionen Euro. Hinzu kommen jährlich etwa 86.000 bis 133.000 Euro für die Unterhaltung.
Erste Planungen für eine Südtangente wurden bereits 1964 angestellt. Nach dem Ausbau der Straße Brauner Hirsch von 2002 bis 2004 nahm die Belastung auf dem ehemaligen Schleichweg stark zu. Vorher wurden täglich 4800 Fahrzeuge gezählt, jetzt ist es bald das Doppelte. Während ein Teil der Menschen in der Siedlung am Hagen deshalb die Südumgehung fordert, ist ein anderer Teil dagegen: Das Problem werde nur verlagert.
Bau- und Planungsausschuss Ahrensburg Mi 6.2., 19.00 Peter-Rantzau-Haus, Manfred-Samusch-Straße 9