Ahrensburg. Verkehrsexperte Eckehard Knoll skizziert Trassenführung auf Ahrensburger Gebiet. Tobias Koch baut auf Hilfe durch neue Landesregierung.

Eckehard Knoll (74) ist ein Mann, der auch dann noch Auswege findet, wenn die Situation verfahren erscheint. Der CDU-Verkehrsexperte, der Ingenieur ist und als Baudirektor in Hamburg arbeitete, will wieder Bewegung in die Diskussion um die Südtangente bringen, die Ahrensburg seit Jahrzehnten beschäftigt und zuletzt in eine Sackgasse geraten schien. Knoll hat eine Trassenführung für die südliche Umgehung entworfen, die zentrale Argumente der Südtangenten-Gegner entkräften soll. Seine neue Route würde Hamburger Gebiet nicht berühren, wäre also unabhängig vom Veto des großen Nachbarn zu realisieren.

Knolls Vorschlag könnte einem CDU-Antrag im heutigen Bauausschuss neuen Schub geben, der eine Machbarkeitsstudie für die Südtangente fordert. Eine solche Voruntersuchung der rechtlichen und technischen Bedingungen inklusive ökologischer, archäologischer, geologischer und topographischer Aspekte würde die Debatte wiederbeleben.

Bahnplanung bringt Auftrieb für Südtangenten-Befürworter

Hintergrund dieser CDU-Initiative ist eine für Ahrensburg richtungsweisende Entscheidung, die ansteht. Es geht um die künftige Querung der Bahngleise, die mit dem geplanten Ausbau der Strecke für die S 4 nicht länger über den beschrankten Bahnübergang am Braunen Hirsch möglich sein wird. An gleicher Stelle hat die Deutsche Bahn (DB) eine Brücke geplant, die für Ahrensburg sehr teuer würde. Die Stadt müsste ein Drittel der auf 18,3 Millionen Euro geschätzten Gesamtkosten übernehmen und alle Folgekosten allein tragen.

Diese Aussicht hat den Befürwortern der Südtangente wieder Auftrieb gegeben. Sie vertreten nach wie vor die Auffassung, dass eine Südtangente mit Brücke weiter südlich auf Höhe der Volksdorfer Eulenkrugstraße als Landesstraße gebaut werden müsste. Das hätte den Vorteil, dass Schleswig-Holstein als Baulastträger für Baukosten und Unterhaltung aufkommen würde.

Ein Haken an diesem Vorschlag war bislang, dass die Südtangente sensibles naturgeschütztes und archäologisch wertvolles Gebiet berührte und dass die Trasse partiell über Hamburger Boden geführt wurde. Hamburg wiederum hat, wie das Abendblatt auf Nachfrage in der Wirtschaftsbehörde sowie beim Bezirk Wandsbek erfuhr, nach wie vor kein Interesse daran, dass eine Südtangente Teile seines Naturschutzgebiets Höltigbaum berührt und zusätzlichen Verkehr nach Volksdorf bringt. Insofern ist die Zustimmung des großen Nachbarn zu Ahrensburgs Plan quasi ausgeschlossen. Eckehard Knoll sieht das gelassen: „Es ist nichts Neues, dass Hamburg dagegen ist. Wir finden aber einen eigenen Weg, der zum Ziel führt.“ Er hat eine Trasse ausgearbeitet, die an keiner Stelle über das Gebiet der Hansestadt führt und Ahrensburg von der Zustimmung der Metropole unabhängig machen würde.

Kostenschätzung für die neue Trasse: 30 Millionen Euro

Die Trasse wäre 4,9 Kilometer lang, hätte an den Enden zwei große und dazwischen zwei kleine Kreisverkehre. Anschlusspunkt an der Hamburger Straße (L 82) soll ein zweistreifiger Kreisel an der Einmündung der nach Volksdorf führenden Eulenkrugstraße sein. Etwa 300 Meter davon würde eine 300 Meter lange Betonspannbrücke über die künftige viergleisige Bahntrasse und das Naturschutzgebiet hinwegführen. Die (hier vertiefte und durch einen Lärmschutzwall separierte) Umgehungsstraße würde danach das Wäldchen Am Kratt umrunden und in 70 Meter Entfernung von der Wohnbebauung verlaufen. Verkehr der Siedlung Am Hagen würde über einen Kreisel Am Kratt angebunden.

Eckehard Knoll
Eckehard Knoll © HA | Lutz Wendler

Östlich vom Ginsterweg würde die neue Trasse parallel zur Hamburger Landesgrenze bis zum Naturschutzgebiet Dänenteich weitergeführt. Knoll nutzt in seiner Planung, dass zwischen diesem Gebiet und der Landesgrenze eine Lücke von 21 Meter Breite bleibt. Diese würde ausreichen, weil für die Umgehungsstraße inklusive 8,50 Meter Fahrbahn nur etwa 15 Meter Breite benötigt würden.

Route verläuft fast ausschließlich über landwirtschaftlich genutztes Gelände

Die Trasse verschwenkt nach der Engstelle nach Nordosten und bindet das Waldgut Hagen über die verlängerte Hagener Allee mit einem kleinen Kreisel an. Weiter östlich sollen die Straßen Up’n Barg und Ahrensburger Redder mit Brücken durchquert werden. Mit einem großen zweistreifigen Kreisel würde die Südtangente an den Verlängerten Ostring angeschlossen, etwa auf halber Höhe zwischen Ahrensfelde und der Anschlussstelle zur A 1. Ein wesentlicher Vorteil der Trasse sei, so Knoll, dass die Route fast ausschließlich über landwirtschaftlich genutzte Flächen führe, die erworben werden könnten.

Optimistisch stimmt Knoll zudem, dass das Kosten-Argument der Südtangenten-Gegner zu entkräften sei. Als Verknüpfung im überregionalen Straßennetz zwischen L 82 sowie dem Verlängerten Ostring mit Anbindung an die Autobahn A 1 liegt eine Finanzierung als Landesstraße nah. Die Straßenbaukosten inklusive Brückenbau schätzt Knoll auf 30 Millionen Euro. Ein Betrag, den Ahrensburg nicht allein finanzieren könnte. Die Stadt wäre also darauf angewiesen, dass Kiel die Tangente als Landesstraße sieht und die Kosten trägt. Knoll ist zuversichtlich: Der CDU-Wahlerfolg mache es wahrscheinlich, dass die neue Landesregierung mit ihrem ambitionierten Straßenbauprogramm Ahrensburgs Wünsche und Verpflichtungen in der Metropolregion ernst nähme. Zudem hätte man mit dem Landtagsabgeordneten und Stadtverordneten Tobias Koch (CDU) einen wichtigen Fürsprecher.

Eine Machbarkeitsstudie würde 60.000 Euro kosten

Tobias Koch, CDU
Tobias Koch, CDU © HA | Lutz Wendler

„Erstmal muss die neue Landesregierung gebildet werden. Aber ich gehe davon aus, dass Straßenneubau in Schleswig-Holstein mit uns möglich sein wird. Die Chancen dafür werden im Vergleich zur Vorgängerregierung erheblich steigen“, sagt Koch. Das komme aber natürlich nur zum Tragen, wenn Ahrensburg sich selbst auf den Weg mache. „Die Initiative für die Südtangente muss von Ahrensburg selbst kommen.“

Dass der Bauausschuss dem CDU-Antrag für eine Machbarkeitsstudie (Kosten ca. 60.000 Euro) folgt, ist nicht unwahrscheinlich. Selbst Bürgermeister Michael Sarach, der eine Südtangente für unnötig hält, findet ein neues Gutachten inzwischen sinnvoll, um Klarheit in die Debatte zu bringen. Wahrscheinlich wird der Ausschuss einer DB-Brückenvariante am Braunen Hirsch zustimmen, um dieser Lösung im Planfeststellungsverfahren nicht verlustig zu gehen. Diese Zustimmung könnte den Zusatz bekommen, dass Ahrensburg eine alternative Trassenführung prüfe – die Machbarkeitsstudie für die Südtangente wäre der erste Schritt.