GROSSHANSDORF. Fahrrad-Stellplätze an den U-Bahnhöfen sind veraltet. Autofahrer hupen Radfahrer oft von der Straße. Gemeinde hat Umfrage gestartet.
Wer mit dem Fahrrad in Großhansdorf unterwegs ist, bekommt vor allem dann Probleme, wenn er vom Sattel absteigt. „Die Abstellmöglichkeiten sind sehr schlecht“, sagt Jürgen Hentschke, stellvertretender Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Stormarn. „Vor den Geschäften genauso wie vor den U-Bahnhöfen.“ Fast überall stehen nur einfache Vorderradhalter, auch „Felgenkiller“ genannt, weil sie schnell zu einer Acht im Rad führen können.
„Das verleitet die Menschen nicht dazu, mit dem Rad zum Einkaufen zu fahren“, sagt Hentschke. Und es gibt viel zu wenig Plätze. Selbst in der Ferienzeit sind die Fahrradständer an den U-Bahnhöfen Großhansdorf, Kiekut und Schmalenbeck belegt. Viele haben ihre Räder deshalb an den Brückengittern angeschlossen. „Die Gemeinde müsste endlich mal Geld in die Hand nehmen, um die Situation zu verbessern“, sagt der Fahrradexperte.
Konzept zur Modernisierung der Bike-and-ride-Anlage
„Wir planen, 2019 etwas zu tun“, sagt Bürgermeister Janhinnerk Voß. Die Verwaltung hat bereits ein Konzept erstellen lassen, wie die Bike-and-ride-Anlagen modernisiert und vergrößert werden können. Zudem hat die Gemeinde eine Umfrage unter Radfahrern gestartet. Die Ergebnisse werden am Dienstag, 21. August, in der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses vorgestellt.
Abgesehen davon seien die Bedingungen für Radfahrer in Großhansdorf zufriedenstellend, urteilt Hentschke. In der Gemeinde gibt es keine benutzungspflichtigen Radwege mehr. Einige Gehwege, zum Beispiel an der Sieker Landstraße, am Eilbergweg und am Wöhrendamm, sind für Radfahrer freigegeben. Der Vorteil: Sie können sich aussuchen, ob sie auf der Fahrbahn oder dem Gehweg fahren wollen.
Wöhrendamm: Der Nachteil daran: Vielen Autofahrern scheint diese Regel nicht bekannt zu sein. „Auf dem Wöhrendamm wurde ich ständig angehupt und so dicht überholt, dass ich aus Angst wieder auf dem Gehweg fahre“, sagt eine Großhansdorferin dem Abendblatt. Offensichtlich keine Übertreibung, wie bei der Rundtour deutlich wird. Kaum auf der Fahrbahn Richtung Süden unterwegs, überholt das erste Auto wild hupend. Eine Ausnahme? Nein. Das nächste Fahrzeug bremst direkt neben uns ab. Während der Wagen langsam und bedrohlich dicht neben uns fährt, gestikuliert der Fahrer zum Gehweg auf der linken Seite. Dieser ist zwar für Radfahrer freigegeben. „Aber sie dürfen dort nur sieben Kilometer pro Stunde fahren“, sagt Hentschke. Zudem haben Fußgänger Vorrang.
Hentschkes Hoffnung: „Vielleicht trägt die Abendblatt-Serie dazu bei, dass Autofahrer für die geltenden Regeln sensibilisiert werden.“ Helfen könnten seiner Ansicht nach – insbesondere im unbebauten Bereich der Straße – Schutzstreifen auf der Fahrbahn. „Das würde allen Autofahrern verdeutlichen, dass Radfahrer hier auf die Fahrbahn gehören.“
Sieker Landstraße/Hansdorfer Landstraße:Die Kreuzung ist laut Hentschke die gefährlichste Stelle für Radfahrer. Sie können die Hansdorfer Straße nicht gerade überqueren, sondern müssen einer Verschwenkung folgen und haben dort seit einigen Monaten keine Vorfahrt mehr. Die Gemeinde musste das Stoppschild und die durchgezogene Linie für Autofahrer auf Anordnung der Stormarner Verkehrsaufsicht entfernen. „Die Radfahrer müssen auf Autos aus drei Richtungen achten, werden von den Fahrern selbst aber nicht mehr wahrgenommen“, sagt Hentschke. „Das ist sehr gefährlich.“ Auch Bürgermeister Voß bezeichnet die neue Regelung als „äußerst unglücklich“. Anfang September hat er einen Termin mit dem Land. „Ich möchte erreichen, dass der alte Zustand wiederhergestellt wird.“
Eilbergweg: Viele Radfahrer sind an der zentralen Einkaufsstraße verwirrt, wissen nicht, wo sie fahren sollen. Die schräg parkenden Autos sind eine Gefahrenquelle. Deshalb den alten Radweg an den Geschäften zu nutzen, hält Hentschke aber für keine gute Idee. „Da gibt es Konflikte mit Fußgängern“, sagt er.
Wohngebiete: In vielen Straßen gilt Tempo 30. Ein großer Pluspunkt. „Für Radfahrer ist das sicherer“, sagt Hentschke. Seiner Ansicht nach könnten die Zonen noch ausgeweitet werden. Verbesserungsbedarf besteht auch bei der Beschilderung. Es gebe für Radfahrer viele gute Schleichwege abseits der Hauptstraßen, zum Beispiel die Straße Barkholt, die aber nicht ausgeschildert sind.
Fazit des TÜV-Teams: In Großhansdorf sind die Bedingungen für Radfahrer besser als in vielen anderen Stormarner Kommunen. Allerdings gibt es einige Gefahrenstellen, die dringend beseitigt werden müssen. Nach Angaben der Polizei gab es 2017 zehn Unfälle mit Radfahrern in der Waldgemeinde.
So wurde Großhansdorf benotet – die Kriterien:
1. Was wurde im vergangenen Jahr für den Radverkehr in Großhansdorf getan? 5 – mangelhaft
2. Sicherheit auf Radwegen, an Kreuzungen und die Qualität der Fahrbahn: 3 – befriedigend
3. Respekt für die Teilnehmer am Straßenverkehr: 4 – ausreichend
4. Gibt es Fahrradstraßen, Fahrradstreifen und Schutzstreifen? 6 – ungenügend
5. Wie gut sind die Radwege beschildert? 3 – befriedigend
Und das sagen die Großhansdorfer Radfahrer:
„Wurde von Fußgängern angepöbelt“
Astrid Kaminski findet die Radwege in Großhansdorf „in Ordnung“ – zumindest in den Sommermonaten. „Im Winter sind sie oft vereist“, sagt die Großhansdorferin. „Die Wege werden nie gestreut.“ Ein weiteres Problem: „An den U-Bahnhöfen gibt es kaum Abstellplätze“, sagt sie. Besonders schlecht sei die Situation am U-Bahnhof Kiekut. Auch das Miteinander der Verkehrsteilnehmer sei verbesserungsbedürftig. Kaminski: „Ich wurde schon von Fußgängern angepöbelt.“
„Besonders für Schüler ist es gefährlich“
Kathrin Greve ist mit den Bedingungen für Radfahrer in Großhansdorf unzufrieden. „Es gibt kaum noch Radwege“, sagt sie. Viele der ursprünglich mal kombinierten Fuß- und Radwege seien in reine Fußwege umgewandelt worden. Besonders gefährlich findet sie die Kreuzung Hansdorfer Landstraße/Sieker Landstraße. „Dort wurde das Stoppschild für die Autofahrer verlegt“, sagt Kathrin Greve. Die neuen Vorfahrtsregeln seien besonders für Schüler gefährlich.
„Fahre lieber auf ruhigeren Straßen“
Jürgen Esynsche ist mit den Wegen sehr zufrieden. „Ich bin ausschließlich mit dem Rad
unterwegs“, sagt Esynsche, der häufig zwischen Großhansdorf und Ahrensburg pendelt. Ihn störe lediglich die Straße An der Eilshorst. Dort sei der Radweg nur auf einer Straßenseite vorhanden. Wenn notwendig, weiche er auf die Straße aus. „Dann fahre ich aber kleine Umwege und nehme ruhigere Straßen.“ Der Großhansdorfer erledigt alles mit dem Rad und findet: „Ein Helm sollte Pflicht sein.“
Die Serienteile:
3. Glinde
7. Barsbüttel
8. Großhansdorf
9. Oststeinbek
10. Reinbek
11. Reinfeld