Ahrensburg. Eine Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung stimmt für CDU-Antrag. Nun wird eine „Realisierungsabschätzung“ in Auftrag gegeben.

Die Tagesordnung der vorletzten Ahrensburger Stadtverordnetenversammlung vor der Sommerpause war zwar besonders umfangreich, doch alles deutete auf eine eher ereignisarme Veranstaltung hin. Dass es anders kommen und eine rekordverdächtig lange (bis 23 Uhr) und turbulente Sitzung werden könnte, wurde aber schon zu Beginn klar, als zahlreiche Bürger, vor allem aus Ahrensfelde und der Siedlung Am Hagen, in der Einwohnerfragestunde das Thema des Abends setzten. Sie klagten über den stetig wachsenden Querverkehr im Ahrensburger Süden und baten um Entlastung durch eine Südtangente.

Vier Stadtverordnete fehlten bei der Abstimmung zur Südtangente

Nicht vorhersehbar war dagegen die Pointe des Abends. Die Südtangente steht nach überraschendem Beschluss der Stadtverordneten wieder auf der politischen Agenda. 14 Stadtverordnete von CDU und WAB votierten in namentlicher Abstimmung für die Prüfung einer Trasse zwischen Eulenkrugstraße und Ostring, die den Braunen Hirsch vom starken Verkehr befreien soll. Zwölf Vertreter von SPD, Grünen und FDP stimmten dagegen, es gab eine SPD-Enthaltung, vier Stadtverordnete fehlten. Für die Untersuchung werden 60.000 Euro bereitgestellt.

Gabriela Gessner ist gegen eine Südumfahrung. Sie befürchtet, dass Naturflächen und Reitgebiete verloren gehen
Gabriela Gessner ist gegen eine Südumfahrung. Sie befürchtet, dass Naturflächen und Reitgebiete verloren gehen © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Eine überraschende Wendung, denn der CDU-Antrag war – etwas anders formuliert – bereits am 17. Mai im Bauausschuss abgelehnt worden. Damals wurde von der CDU eine „Machbarkeitsstudie“ gefordert, diesmal die abgeschwächte Form einer „Realisierungsabschätzung“ für die Südtangente. Der jetzige Versuch dürfte die letzte Chance für das seit Jahrzehnten diskutierte Projekt einer Südumfahrung sein.

CDU will wissen, ob es eine Alternative zur Tunneltal-Brücke gibt

Hintergrund des CDU-Antrags ist eine für Ahrensburg richtungsweisende Entscheidung, die im Planfeststellungsverfahren der Bahn ansteht, nämlich die künftige Querung der Gleise, die mit dem bis Ende der 2020er-Jahre geplanten Ausbau der Strecke für die S 4 nicht länger über den beschrankten Bahnübergang am Braunen Hirsch möglich sein wird. An gleicher Stelle hat die Bahn eine Brücke geplant, die für Ahrensburg sehr teuer würde. Die Stadt müsste ein Drittel der auf 18,3 Millionen Euro geschätzten Gesamtkosten übernehmen und alle Folgekosten allein tragen. Deshalb wollte die CDU prüfen lassen, ob nicht doch eine andere Trasse zur Bahnquerung durch den sensiblen naturgeschützten und archäologisch bedeutsamen Raum Tunneltal möglich wäre und ob dort eine Landesstraße gebaut werden könnte, deren Hauptkosten Schleswig-Holstein übernähme.

Diese Vorgeschichte setzte eine bemerkenswerte Debatte der Stadtverordneten in Gang. Es ist auf kommunalpolitischer Ebene nicht selbstverständlich, dass so gut vorbereitet, sachlich differenziert und mit einer Vielzahl von Argumenten über ein Thema debattiert wird – ein Indiz dafür, wie ernst die Südtangente genommen wird.

WAB möchte sich alle Optionen offenhalten, nichts ausschließen

Jochen Proske (SPD) verwies auf ausgiebige Recherche zum Thema, das ihn sehr beschäftige. Und auf Rechtsauskünfte, die er unter anderem beim Umweltministerium in Kiel eingeholt hatte – mit dem Ergebnis, dass man sich das Geld für eine Untersuchung sparen könne, die zu dem Ergebnis kommen müsse, dass eine Trasse in dem hochwertigen Naturschutzgebiet niemals genehmigt werde. Dem widersprach Peter Egan (WAB), der das Thema nicht auf die juristische Perspektive verengt haben wollte und ein Plädoyer für kluge Politik hielt, die sich stets Optionen bewahre und nicht sofort vieles ausschließe.

Der Entwurf des CDU-Verkehrsexperten Eckehard Knoll zeigt eine mögliche Trasse für die Südtangente
Der Entwurf des CDU-Verkehrsexperten Eckehard Knoll zeigt eine mögliche Trasse für die Südtangente © HA | Eckehard Knoll

Anna-Margarete Hengstler (CDU) wünschte sich den Expertenblick von außen, der neue Perspektiven aufzeigen könne. Thomas Bellizzi (FDP) führte Untersuchungen im FFH-Gebiet an, die eine andere Trassenführung vollkommen ausschlössen. Und Jörg Hansen (Grüne) entwarf das Szenario, dass ein positives Gutachten nur eine erste niedrige Hürde sei, der weitere unüberwindliche folgen würden. Sein Fazit: „Das Geld für die Untersuchung wäre zum Fenster rausgeschmissen.“

Bürgermeister hofft, dass alle das Ergebnis der Prüfung akzeptieren

Bürgermeister Michael Sarach, der die Südtangente für keine realistische Option hält, war dennoch dafür, die Untersuchung zu bewilligen, damit Entscheidungssicherheit hergestellt wird. Er wünschte sich aber als Konsequenz, dass jeder das Ergebnis akzeptiert. Die Reaktion auf das Gutachten wird zeigen, ob das reines Wunschdenken ist.

Dass nicht einmal die Menschen in Ahrensburgs Süden einer Meinung sind, zeigte sich in der Einwohnerfragestunde. Unsere spontane Anlieger-Befragung bestätigt das. „Wir halten nichts von der Umleitung, die führt direkt durch unser Reitgebiet“, sagt Gabriela Gessner. Michael Bobsien, der am Braunen Hirsch wohnt, wünscht sich dagegen dringend die Umfahrung: „Wir sind hier 1999 eingezogen. Da war das quasi eine Sackgasse. Durch den Ausbau hatten wir nur Nachteile. Die Luft- und Lärmbelästigung ist schlimm.“