Ahrensburg. Hamburg bekräftigt sein Nein zur gemeinsamen Umgehungsstraße. Doch ohne den großen Nachbarn ließe sich der Bau kaum realisieren.

Für die einen Ahrensburger ist die Idee einer südlichen Umfahrung ihrer Stadt eine Notwendigkeit, die früher oder später realisiert werden muss. Für die anderen ist die sogenannte Südtangente ein Reizwort, das für ein Projekt steht, das schon längst endgültig hätte ad acta gelegt werden sollen. Zur zweiten Gruppe zählt der große Nachbar aus Hamburg, dessen Meinung auch in der sich gegenwärtig wieder belebenden Debatte als starke Argumentationshilfe gegen die südliche Umfahrung aufgeboten wird.

Das polarisierende Thema beschäftigt Ahrensburg in wechselnder Intensität seit Jahrzehnten. Nachdem es seit Herbst 2015 keine Rolle mehr zu spielen schien, steht es aus aktuellem Anlass wieder auf der Agenda. Grund dafür ist die S-4-Planung der Bahn, die an Stelle des Bahnübergangs am Braunen Hirsch eine Brücke vorsieht, die mit der Drittelbeteiligung an geschätzten Gesamtkosten von 18,1 Millionen Euro und der vollen Verantwortung für alle Folgekosten sehr teuer für Ahrensburg werden würde.

Ahrensfelder zählen 7400 Fahrzeuge auf Dorfstraße

Diese kostspieligen Perspektiven haben den Befürwortern der Südtangente wieder Auftrieb gegeben. Die CDU hat Anfang April im Bau- und Planungsausschuss eine Machbarkeitsstudie für die Südtangente beantragt. Eine solche Voruntersuchung der rechtlichen und technischen Bedingungen inklusive ökologischer, archäologischer und geologischer Aspekte könnte Fakten für die weitere Diskussion liefern. Wesentlich in der neuen Argumentation der Tangenten-Befürworter ist die Annahme, dass eine Südtangente mit Brücke weiter südlich auf Höhe der Volksdorfer Eulenkrugstraße eine Landesstraße werden könnte, wenn sich Kiel von der Planung überzeugen ließe. Das hätte den Vorteil, dass Schleswig-Holstein voll und ganz für Bau- und Wartungskosten aufkommen würde.

Flankiert wird dieser Antrag von einer Aktion von Anliegern der Ahrensfelder Dorfstraße, die vom stetig gewachsenen Verkehr auf der aktuellen Hauptverkehrsroute zwischen ehemaliger B 75 und Verlängertem Ostring besonders betroffen sind. Sie haben dort an Werktagen 7400 Fahrzeuge täglich gemessen, was einer Verdoppelung des Verkehrs seit 2001 und etwa zwölf Prozent mehr als 2015 entspricht.

Wandsbek hat sich bereits 2012 dagegen ausgesprochen

Der Beschluss über den CDU-Antrag steht noch aus. Doch es zeichnet sich ab, dass die Skeptiker nicht von ihrer Linie abweichen wollen. Die neuen Argumente überzeugen sie nicht (die Annahme, dass Kiel eine Südtangente als Landesstraße finanzieren würde), und die alten Bedenken gegen die Umfahrung sehen sie als nicht entkräftet an. Dabei wird vor allem auf die Einwände verwiesen, die Hamburg 2015 in seiner Stellungnahme zu Ahrensburgs Flächennutzungsplan aufgelistet hat. Die Bezirksversammlung Wandsbek hat sich bereits 2012 gegen eine Südumfahrung ausgesprochen und diese Ablehnung danach mehrfach wiederholt.

In der Stellungnahme von 2015 hieß es, dass eine Südumfahrung in Ahrensburg für Hamburg keine Verbesserung der Verkehrssituation bringe und sogar zusätzliche Belastungen für Volksdorf zu befürchten seien. Außerdem würde die Trasse den Landschaftsraum Stellmoorer Tunneltal/Höltigbaum zerschneiden, was negative Auswirkungen auf das angrenzende Fauna-Flora-Habitat- und Naturschutzgebiet hätte.

Hansestadt sieht schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis

Fazit der Hamburger: „Vor diesem Hintergrund kann dem Projekt von knapp fünf Kilometer Länge nur ein ausgesprochen schlechtes Nutzen-Kosten-Verhältnis zugeschrieben werden, das unseres Erachtens eine Weiterverfolgung in keiner Weise rechtfertigt. Es wird daher dringend empfohlen, die Südumfahrung auch zukünftig nicht in den Flächennutzungsplan aufzunehmen.“

Bleibt die Frage, ob sich Hamburgs Haltung angesichts neuer Entwicklungen geändert hat. „Das ist kein Thema, das aktuell diskutiert wird. Mit anderen Worten, damit beschäftigen wir uns nicht“, sagt Susanne Meinecke, Sprecherin der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Die Presseabteilung des Bezirks Wandsbek spricht von einer spekulativen Frage, die nicht beantwortet werden könne. Es sieht so aus, als habe die Freie und Hansestadt vor zwei Jahren mit ihrer Stellungnahme zum Flächennutzungsplan definitiv gesagt, was sie von einer Südtangente hält, die ihre Grenze berühren würde.

Bürgermeister Sarach rät zur Machbarkeitsstudie

Das wird bestätigt durch informelle Informationen aus Hamburg. Dort wird nach wie vor bezweifelt, dass das aktuelle Verkehrsaufkommen in Ahrensburgs Süden große Eingriffe in Landschaft und Infrastruktur rechtfertigen würde. Im Übrigen kenne man in Hamburg das Problem wachsenden Verkehrs auch an anderen Punkten seiner Grenze zu Stormarn. In mehreren Straßen treffe der im Kreis angestiegene Verkehr auf Hamburger Stadtteile, deren Netz dafür nicht optimiert sei. Die Zeiten glatter Lösungen, als man den Verkehrsströmen folgend Schneisen geschlagen habe, seien aber lange vorbei. Zudem spielten auch ökologische Verträglichkeiten eine große Rolle. Klingt, als müsste Ahrensburg sein Verkehrsproblem im Süden ohne Hamburger Unterstützung lösen.

Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach, der selbst nicht vom Nutzen einer Südtangente überzeugt ist, rät dazu, dem CDU-Antrag für eine Machbarkeitsstudie zu folgen: „Ich unterstütze jede Möglichkeit, die eine Entlastung für die Menschen im Süden ergeben könnte. Aber wir müssen uns den Realitäten stellen. Die Rahmenbedingungen für eine Tangente sind denkbar schlecht. Dennoch bin ich für diese Studie.“ Jedoch nur unter der Voraussetzung, dass alle Beteiligten von vornherein damit einverstanden seien, das Ergebnis zu akzeptieren – egal, wie es ausfiele. Sarach: „Eine Studie ist allein deshalb zu begrüßen, weil sie für Klarheit sorgen würde.“