Ahrensburg. Kommission sollte Lebensläufe historischer Personen durchleuchten. Wollen Politiker und Verwaltung deren Arbeit nun vorzeitig beenden?

In der Debatte um den Umgang mit nach historischen Personen benannten Straßen und Orten ringen Ahrensburgs Kommunalpolitiker um das weitere Vorgehen. Während der jüngsten Sitzung des Bildungs-, Kultur- und Sportausschusses hat die von den Stadtverordneten eingesetzte Expertenkommission ihre Vorschläge präsentiert. Bei der Mehrheit der Fraktionen stoßen diese auf Ablehnung.

„Ich bin erschrocken, wie wenig in den vergangenen drei Jahren rumgekommen ist“, sagt Peter Egan, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft WAB. Es gebe noch immer keinerlei konkrete Handlungsempfehlungen zum Umgang mit einzelnen Namen. Auch die FDP bemängelt die Bilanz der Kommission. „Hier werden lediglich Namen aufgeführt und Lebensläufe dokumentiert, ohne dass irgendeine Bewertung erfolgt“, sagt Ausschussmitglied Wolfgang Schäfer.

Straßennamen: Ahrensburg diskutiert Umbenennung bei belasteten Biografien

Die achtköpfige Expertenkommission, der Vertreter der Verwaltung, des Landesarchivs, der Politik, des Historischen Arbeitskreises und des Runden Tisches für Zivilcourage und Menschenrechte angehören, war im Oktober 2020 nach einem Vorstoß der Grünen eingerichtet worden. Zuvor hatte es Kritik dran gegeben, dass in Ahrensburg Straßen und Gebäude nach Personen benannt sind, deren Würdigung aus heutiger Sicht unangemessen sei.

Gegenstand der Diskussion waren vor allem die Schimmelmannstraße, benannt nach der Familie der ehemaligen Ahrensburger Schlossherren, die durch den Sklavenhandel zu Reichtum gelangt war, und der Alfred-Rust-Saal, benannt nach dem Prähistoriker, der im Ahrensburger Tunneltal in den 1930er-Jahren die Überreste steinzeitlicher Rentierjägerkulturen entdeckte. Rust hatte bei seinen Ausgrabungen mit den Nationalsozialisten zusammengearbeitet.

Kommission empfiehlt Bürgerbeteiligung für 205.000 Euro

Die Kommission sollte alle Straßen- und Ortsbezeichnungen überprüfen und den Politikern eine Empfehlung vorlegen, inwieweit eine Umbenennung angemessen ist. Außerdem sollte sie Richtlinien für eine künftige Benennung erarbeiten. Letztere haben die Experten jetzt vorgelegt.

Zu den vorhandenen 52 Orten, die Namen historischer Persönlichkeiten tragen, gibt es hingegen bislang lediglich eine Übersicht ohne inhaltliche Bewertung. Diese möchte das Gremium in einem zweiten Schritt vornehmen und hat dazu einen Kriterienkatalog präsentiert. Aus Akzeptanz- und Legitimitätsgründen empfiehlt die Kommission zudem die Einbindung der Bürger in den Prozess, etwa durch Workshops und eine Ausstellung. Die Kosten dafür lägen bei rund 205.000 Euro.

Verwaltung möchte Prüfauftrag deutlich eindampfen

Die Verwaltung dagegen plädiert für eine deutlich abgespeckte Variante. Demnach soll keine umfassende Überprüfung aller 52 Persönlichkeiten erfolgen. Stattdessen könnten lediglich einzelne, kritische Namen nach Beschluss der Stadtverordneten näher von der Kommission beleuchtet werden. Die bereits erstellten Biografien könnten sukzessive auf einer Homepage veröffentlicht werden.

Damit würde der ursprüngliche Prüfauftrag deutlich eingedampft. Bei CDU, FDP und WAB gibt es dafür Zustimmung. „Wir sollten das ganze Prozedere an dieser Stelle beenden“, sagt FDP-Vertreter Schäfer und verweist auf die angespannte Haushaltslage. „Zusätzlich zu dem monetären Aspekt bindet das Projekt auch Personal in der Verwaltung, das wir anderweitig einsetzen könnten.“

Politiker von CDU, FDP und WAB für Beendigung des Projektes

WAB-Fraktionschef Egan plädiert ebenfalls dafür, das Vorhaben jetzt zu beerdigen. Die Debatte um die Straßennamen sei „vor allem geeignet, Zank und Ärger zu provozieren“, warnt er. „Den Versuch, historische Personen nach heutigen Maßstäben zu bewerten, haben wir von Beginn an skeptisch gesehen.“

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Wolfdietrich Siller unterstützt einen Kriterienkatalog für die künftige Benennung von Orten. „Namen nachträglich zu ändern halten wir aber nicht für notwendig und wollen darein auch keine weiteren finanziellen Mittel investieren“, sagt er. Die SPD lobt zwar die Ergebnisse der Kommission als „fachlich guten Vorschlag“. Die „ganz große Lösung“ mit Bürgerbeteiligung für 205.000 Euro halte man aufgrund der Kosten aber für nicht darstellbar, so Fraktionschef Bela Randschau.

Grüne fürchten, dass Arbeit der Experten nutzlos werden könnte

Einzig bei den Grünen gibt es Zuspruch für die Pläne der Experten. „Der Beschlussvorschlag der Verwaltung bedeutet de facto eine vorzeitige Beendigung der Arbeit der Kommission“, sagt Stefan Gertz, der dem Gremium selbst als Mitglied ohne Stimmrecht angehört. Ohne abschließende Bewertung der Biografien „landen die erarbeiteten Dokumentationen wahrscheinlich in einer Schublade im Archiv und ein Großteil der guten Arbeit der Kommission wäre nutzlos gewesen“, kritisiert er.

Eine Entscheidung traf der Ausschuss letztlich nicht. Das Thema soll zunächst in den Fraktionen beraten werden, ehe bei der kommenden Sitzung des Ausschusses darüber abgestimmt wird.