Grönwohld. Manfred von Allwörden soll Pferde auf seinem Gestüt in Grönwohld vernachlässigt haben. Was ihm die Anklagebehörde konkret vorwirft.
Seine Pferde gewinnen Turniere, waren bei unzähligen Körungen erfolgreich und sogar bereits bei Olympia dabei: Der ehemalige Bäckerei-Unternehmer Manfred von Allwörden hat sich mit seinem Gestüt in Grönwohld bei Trittau nicht nur einen Traum erfüllt, sondern sich auch weit über die Region hinaus einen Namen als Züchter von Holsteiner-Pferden gemacht.
Doch seit einigen Monaten stehen die Haltungsbedingungen auf dem Hof in der Kritik. Nun hat die Staatsanwaltschaft Lübeck Anklage gegen von Allwörden erhoben. Der Vorwurf: Tierquälerei. Der Unternehmer soll in mehreren Fällen und über Monate Pferde vernachlässigt haben, drei Tiere seien infolge der mangelhaften Versorgung gestorben.
Pferde vernachlässigt? Anklage gegen Manfred von Allwörden
Angeklagt sind sechs Fälle im Zeitraum von Juni 2021 bis Oktober 2022. Die Staatsanwaltschaft legt von Allwörden zur Last, „durch Unterlassen Wirbeltieren länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt“ und damit gegen das Tierschutzgesetz verstoßen zu haben. Der Fall soll vor dem Amtsgericht Ratzeburg verhandelt werden, ein Termin steht aber noch nicht fest.
„Im Tatzeitraum soll es in mehreren Fällen zu schweren Erkrankungen aufgrund des Befalls mit Parasiten gekommen sein, in deren Folge Tiere eingeschläfert werden mussten“, sagt Jens Buscher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Lübeck. Konkret soll von Allwörden nicht für die bei Pferden notwendige regelmäßige Entwurmung Sorge getragen haben.
Mitarbeiter sollen nicht die erforderliche Sachkenntnis gehabt haben
Die Erkrankungen wären nach Auffassung der Anklagebehörde bei einer rechtzeitigen Behandlung vermeidbar gewesen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Unternehmer vor, die Entwurmungen aus Praktikabilitäts- und Kostengründen unterlassen zu haben.
Außerdem habe von Allwörden zu wenig Mitarbeiter für die Versorgung der Pferde beschäftigt, denen es zudem an der erforderlichen Sachkenntnis gemangelt habe. Dadurch und weil keine regelmäßige Kontrolle des Pflege- und Gesundheitszustandes der Tiere sichergestellt gewesen sei, seien die Erkrankungen nicht rechtzeitig erkannt worden. Obwohl er wiederholt über die Mängel informiert worden sei, habe es keine ausreichende Kontrolle der zuständigen Mitarbeiter gegeben.
Von Allwörden hatte den Grönwohldhof 2012 übernommen
Von Allwörden, der bis zur Übernahme durch die Edeka Handelsgesellschaft Nord im März 2022 gemeinsam mit seinem Bruder Ralf die gleichnamige Bäckereikette in fünfter Generation führte, hat den Grönwohldhof 2012 übernommen. Das Gestüt hat sich in mehr als vier Jahrzehnten einen Ruf als Geburtsort bekannter Dressurpferde gemacht hat, darunter der mehrfache Grand-Prix-Sieger Donnerhall. Rund 150 Fohlen kommen nach Angaben des Gestüts jedes Jahr in Grönwohld zur Welt.
Insgesamt sollen dort laut Staatsanwaltschaft mehr als 1000 Tiere leben. Der Hof verfügt auch über Außenstellen und Koppeln im Kreis Herzogtum Lauenburg, die teilweise an Dritte verpachtet sind. Im vergangenen November waren erstmals Vorwürfe gegen von Allwörden öffentlich geworden. Damals hatten Nutzer unter anderem auf Facebook Fotos veröffentlicht, die vollkommen abgemagerte Pferde zeigen und auf einer Koppel des Gestüts in Groß Zecher (Kreis Herzogtum Lauenburg) aufgenommen worden sein sollen.
Veterinäramt des Kreises Herzogtum Lauenburg stellte Strafanzeige
Unbekannte starteten eine Petition auf dem Online-Portal change.org, welche „die sofortige Schließung“ der Zucht von Allwördens, „die Sicherstellung der Pferde und artgerechte Vermittlung, sowie ein generelles Tierhalteverbot“ für den Unternehmer fordert. Sie wurde bis heute von mehr als 6700 Menschen unterzeichnet.
Gleichzeitig bestätigte die Staatsanwaltschaft Lübeck ein Ermittlungsverfahren gegen den Unternehmer. Auslöser war demnach eine Strafanzeige des Bereichs Veterinärwesen der Lauenburgischen Kreisverwaltung vom 24. September 2021. Zuvor hätten Passanten wiederholt abgemagerte Pferde auf einer Koppel von Allwördens gesehen und dies gemeldet, hieß es.
Von Allwörden hat Vorwürfe in der Vergangenheit bestritten
Zusätzlich zu der Strafanzeige sei im Oktober 2021 eine veterinärrechtliche Ordnungsverfügung verhängt worden. Diese habe Auflagen für die Pferdehaltung umfasst. „Im Oktober 2022 haben Mitarbeiter des Veterinäramtes festgestellt, dass die auferlegten Maßnahmen nicht mehr in vollem Umfang umgesetzt werden“, so ein Kreissprecher. Daraufhin sei die Staatsanwaltschaft erneut eingeschaltet worden.
- Ausgebranntes Silo in Brunstorf- Gefahr noch nicht gebannt
- Misst das Land beim B404-Ausbau mit zweierlei Maß?
- Lebenslange Haft für Spielplatz-Mörder- BGH bestätigt Urteil
Von Allwörden räumte den Tod der drei Pferde damals ein, bestritt aber den Vorwurf, die Tiere vernachlässigt zu haben. „Ich übernehme die volle Verantwortung für den Tod der Pferde“, sagte er seinerzeit gegenüber unserer Redaktion. Er bedauere zutiefst, was geschehen sei. Natürlich habe er die Tiere regelmäßig entwurmt.
Externe Berater sollten Maßnahmenkatalog entwickeln
Bei den drei verendeten Tieren habe die Entwurmungskur aber nicht angeschlagen. „Dem zuständigen Mitarbeiter und mir ist das leider zu spät aufgefallen“, sagte von Allwörden damals. Die Tiere seien auf einer Koppel 40 Kilometer vom Haupthof entfernt untergebracht gewesen. „Wegen der Entfernung habe ich dort nicht häufig genug nach dem Rechten gesehen, das hätte nicht passieren dürfen“, so von Allwörden. Unmittelbar nachdem der schlechte Zustand der Pferde aufgefallen sei, habe er die Tiere nach Grönwohld geholt und medizinisch versorgen lassen. „Leider sind sie trotzdem gestorben.“
Der Unternehmer hatte damals auch angekündigt, externe Unterstützung zu suchen, um die Haltungsbedingungen zu verbessern. Dazu holte der Züchter auch den Holsteiner Verband ins Boot. Eine Expertengruppe, bestehend aus dem Tierschutzbeauftragten und zwei weiteren Mitgliedern des Vereins sowie leitenden Mitarbeitern des Gestüts, sollte Maßnahmen erarbeiten.
Von Allwörden möchte sich aktuell noch nicht zu den Vorwürfen äußern
Dies sei auch geschehen, so der Verbandsvorsitzende Ulrich Steuber. In den Prozess seien auch die Veterinärämter mit einbezogen worden. Insbesondere sei von Allwörden eine Reduzierung seines Pferdebestandes nahegelegt, außerdem eine professionelle Fütterungsberatung hinzugezogen worden. Weitere Umstrukturierungsmaßnahmen waren demnach in Planung, als die Gruppe ihre Arbeit Mitte Juni dieses Jahres beendete.
Laut Fabian Harbrecht, stellvertretender Sprecher der Kreisverwaltung Herzogtum Lauenburg, wurden bei Kontrollen nach Oktober 2022 allerdings weitere Verstöße gegen Auflagen des Veterinäramtes festgestellt. „Wir haben den Betrieb infolge der Vorgeschichte sehr engmaschig überprüft“, sagt er. Zu weiteren Details könne er sich nicht äußern, da es sich um ein laufendes Verfahren handele.
Manfred von Allwörden stand am Dienstag nicht für eine Stellungnahme zur Verfügung. Über eine Anwältin ließ er erklären, dass ihm noch nicht alle Informationen zu dem Verfahren vorlägen und es deshalb noch zu früh sei, sich dazu zu äußern. Es gilt die Unschuldsvermutung.