Großhansdorf. Firma aus Dortmund möchte auf 6,8 Hektar ein Sonnenkraftwerk bauen. Warum dieser Beitrag zur Energiewende plötzlich möglich ist.

Lange sah es so aus, als stünden die Pläne für einen Solarpark an der Autobahn 1 in Großhansdorf vor dem Aus – trotz einhelliger Unterstützung aus Politik und Verwaltung. Grund waren regionalplanerische Vorgaben des Landes. Doch jetzt gibt es Neuigkeiten: Mit einer geänderten Rechtsauslegung macht das zuständige Innenministerium in Kiel den Weg für das Projekt frei.

Hintergrund ist eine Ende vergangenen Jahres von Bundestag und Bundesrat beschlossene Novellierung des Baugesetzbuches, die zum 1. Januar in Kraft getreten ist. Mit der Änderung möchte die Bundesregierung den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen. Dazu ist unter anderem eine „Teilprivilegierung von Solarfreiflächenanlagen in einem 200-Meter-Streifen längs der Autobahnen und Schienenwege“ vorgesehen. Solaranlagen in diesen Bereichen werden demnach von bestimmten baurechtlichen Vorgaben ausgenommen, können etwa ohne Bebauungsplan errichtet werden.

Ministerium schafft Voraussetzungen für Solarpark an A 1 in Großhansdorf

Das Projekt in Großhansdorf würde von dieser Regelung profitieren. Die Dortmunder Firma ON Energy möchte auf einem 6,8 Hektar großen Areal am Wanderweg Mielerstede im Norden Großhansdorfs ein Sonnenkraftwerk mit einer Leistung von 7,6 Megawatt Peak errichten. Die Fläche liegt direkt an der A 1. Bislang wird sie landwirtschaftlich genutzt, einen Vertrag mit dem Eigentümer hat das Unternehmen eigenen Angaben zufolge bereits unterzeichnet.

Ende September hatte die Firma das Projekt im Bau- und Umweltausschuss erstmals vorgestellt. Das Investitionsvolumen liegt bei rund zehn Millionen Euro. Langfristig besteht laut ON Energy die Möglichkeit, den Solarpark auf mehr als das Doppelte der Fläche zu erweitern. Das Dortmunder Unternehmen befand sich bereits in Verhandlungen über eine westlich angrenzende, etwa zwei Hektar große Fläche. Das Areal gehört der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS). Insgesamt wäre dann laut der Firma eine Anlage mit einer Leistung von rund 9,5 Megawatt Peak möglich. Pro Jahr könnten demnach rund neun Millionen Kilowattstunden Solarstrom erzeugt werden, genug, um 1800 Familien zu versorgen.

Die Regionalplanung des Landes stand dem Projekt bislang entgegen

Das Problem: Die Regionalplanung des Landes steht dem Vorhaben bislang entgegen. Das Areal ist dort als Teil eines regionalen Grünzugs ausgewiesen. Dort darf normalerweise nicht gebaut werden. Laut Innenministerium sollen regionale Grünzüge „langfristig unbesiedelte Freiräume schützen“. Die Grünzüge dienten „der Sicherung und Entwicklung wertvoller Landschaftsbereiche, dem Biotopverbund, dem Geotopschutz, dem Grundwasserschutz, der Klimaverbesserung und Lufthygiene sowie der siedlungsnahen landschaftsgebundenen Erholung“, weshalb ihnen eine „wichtige Freiraumfunktionen in den stärker verdichteten Ordnungsräumen“ rund um die Großstädte Hamburg, Kiel und Lübeck zukomme.

Dennoch hatte sich Großhansdorfs Bauamtsleiter Stefan Kroll optimistisch gezeigt, eine Sondergenehmigung für das Projekt aus Kiel zu erhalten. Einige Wochen später kam dann die Absage, das vorläufige Aus für die Solarpark-Pläne. Eine Umsetzung wäre dann erst nach einer Änderung der Regionalpläne möglich gewesen. Diese werden zurzeit zwar ohnehin überarbeitet, bis der Prozess abgeschlossen ist, dürfte es aber noch zwei bis drei Jahre dauern.

Vorhaben können auch ohne angepasste Regionalplanung genehmigt werden

So lange muss das Großhansdorfer Projekt nun nicht warten. In einem Schreiben an die Kreise, Städte und Gemeinden gibt das Innenministerium den Kommunen jetzt Anweisungen, wie angesichts der neuen Regelung auf Bundesebene mit Vorhaben wie jenem in Großhansdorf umzugehen ist. Demnach sollen diese entsprechend der Novellierung des Baugesetzbuches im Regelfall auch jetzt schon genehmigt werden, auch wenn die Regionalplanung des Landes noch nicht entsprechend angepasst wurde.

Bundesrecht breche Landesrecht, weshalb es im Rahmen einer „verfassungskonformen Auslegung“ geboten sei, den Landesentwicklungsplan „im Hinblick auf den Vorrang der erneuerbaren Energien bis zu einer Änderung lediglich als Grundsatz anzuwenden“. Die Regelung gilt allerdings nur für Solarparks, die in dem 200-Meter-Streifen an Autobahnen und Schienen errichtet werden und damit in den vom Bund priorisierten Bereichen liegen.

Großhansdorfs Bürgermeister will Projekt zügig vorantreiben

Ein Archivbild: Vor beinahe fast genau zehn Jahren besuchte Robert Habeck (r.), damals schleswig-holsteinischer Umweltminister, mit Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß das bereits bestehende, damals ganz neue Solarfeld an der A 1.
Ein Archivbild: Vor beinahe fast genau zehn Jahren besuchte Robert Habeck (r.), damals schleswig-holsteinischer Umweltminister, mit Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß das bereits bestehende, damals ganz neue Solarfeld an der A 1. © Alexander Sulanke

Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß zeigt sich erleichtert von der Nachricht aus Kiel. „Wir werden uns jetzt zeitnah mit allen Beteiligten zusammensetzen und besprechen, wie wir das Projekt weiter vorantreiben können“, sagt der Verwaltungschef. Er sei sehr optimistisch, dass der Solarpark nun gebaut werde. „Alle sind nach wie vor sehr gewillt, das umzusetzen“, sagt Voß. Noch warte die Gemeinde aber auf die Genehmigung der eingereichten Planungsunterlagen durch das Ministerium.

Als wichtigen Schritt zum Ausbau der erneuerbaren Energien sieht auch der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Tobias Koch, die Entscheidung des Innenministeriums. „Ich freue mich, dass relativ zügig gelungen ist, Klarheit zu schaffen“, sagt der Ahrensburger. Koch, zu dessen Wahlkreis Großhansdorf gehört, hatte sich persönlich für den Solarpark eingesetzt. „Ich hoffe, dass dem jetzt nichts mehr im Weg steht und das Projekt zeitnah in die Umsetzung geht“, sagt er. Auch andere Kommunen mit ähnlichen Vorhaben profitierten von der Neuregelung. „Wir bringen die Energiewende damit insgesamt voran“, so Koch.

Bürgerenergiegenossenschaft könnte Betrieb des Solarparks übernehmen

Noch offen ist indes das Betriebskonzept für den Solarpark in Großhansdorf. Diskutiert wird unter anderem die Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft oder der Betrieb durch einen großen Stromversorger. Fest steht lediglich, dass die Gemeinde selbst die Anlage nicht betreiben wird. Finanziell würde Großhansdorf dennoch von dem Projekt profitieren: Über eine Kommunalabgabe können Gemeinden seit 2021 0,2 Cent pro Kilowattstunde erzeugten Stroms vom Betreiber kassieren. Die Waldgemeinde könnte somit mit rund 18.000 Euro Einnahmen im Jahr rechnen. Davon unabhängig plant Großhansdorf auch die Erweiterung des gemeindeeigenen Solarparks auf der Grenzeckkoppel. Die Planungen dafür schreiten laut Voß weiter voran.