Ahrensburg. Drängende Fragen der Bürger blieben unbeantwortet, beklagt Bündnis aus Ahrensburg. Auch Naturschützer sind unzufrieden.

Die Antworten der Deutschen Bahn auf Bürgerfragen zum Bau der S-Bahnlinie 4 und zur Hinterlandanbindung des Fehmarnbelt-Tunnels stoßen bei den Gegnern der beiden Großprojekte auf Kritik. „Es gibt weiterhin keine Antworten auf drängende Fragen“, bemängelt Michael Kukulenz von der Initiative „Ahrensburg gegen Gütertrasse“. Die Bahn weiche aus oder verweise auf noch nicht vorliegende Planungen.

Die Ahrensburger Verwaltung hatte im Dezember die Antworten des Unternehmens auf Bürgerfragen ins Internet gestellt, die bei einer Dialogveranstaltung im Oktober gesammelt worden waren. Auch die Rückmeldung auf einen rund 90 Punkte umfassenden Katalog der Bürgerinitiative lässt sich seitdem auf der Homepage der Stadt einsehen.

Initiative unzufrieden mit Antworten der Bahn zu S 4 und Gütertrasse

Kukulenz kritisiert, dass die Herkunft vieler Zahlen, die Grundlage der Planungen für die S 4 seien, die ab 2029 von Altona nach Bad Oldesloe fahren soll, unklar bleibe. Auch blieben viele Fragen, welche die Ahrensburger Innenstadt betreffen, unbeantwortet. „Die Lärmschutzwände sind ein städtebauliches Verbrechen ersten Ranges“, sagt Kukulenz.

Die Deutsche Bahn möchte für die neue S-Bahn zwischen Hamburg-Hasselbrook und Ahrensburg zwei zusätzliche Gleise verlegen. Auf der bestehenden Strecke könnten dann verstärkt Güterzüge von und zum Fehmarnbelt-Tunnel fahren, der derzeit gebaut wird. Täglich 88 Züge mit bis zu 835 Metern Länge sollen ab 2030 durch die Schlossstadt rollen. Um Lärmschutzvorgaben einzuhalten, möchte die Bahn bis zu sechs Meter hohe Wände entlang der Trasse errichten. Für die neuen Gleise müsste zudem unmittelbar am Rand des Ahrensburger Tunneltals gebaut werden, welches als Flora-Fauna-Habitat den höchsten europäischen Schutzstatus genießt.

Projektgegner wollen neue S-Bahn nur bis Rahlstedt

Beides lehnt die Initiative ab. Sie fordert, die S 4 nur bis Rahlstedt verkehren zu lassen und auf der restlichen Strecke weiterhin Regionalbahnen einzusetzen. Bei einem Wegfall der bisherigen Stationen Rahlstedt, Tonndorf, Wandsbek und Hasselbrook, die dann von der S-Bahn bedient würden, könne die Fahrzeit der Regionalbahn deutlich verkürzt werden: Von Ahrensburg bis zum Hauptbahnhof würden die Züge nur 13 Minuten benötigen, im Gegensatz zur S 4, die 30 Minuten fahren werde.

Darüber hinaus kritisiert Kukulenz, dass die Bahn nicht auf das Gutachten des Wirtschaftswissenschaftlers Prof. Michael Stuwe von der Northern Business School (NBS) eingehe. In einer im Juni 2022 veröffentlichten Studie kommt er zu dem Schluss, dass die Bahnstrecke Lübeck – Hamburg und vor allem der Bereich Ahrensburg-Gartenholz, wo die S 4 auf die Bestandsstrecke wechseln soll, bald zum „Nadelöhr für die internationalen schienengebundenen Verkehrsströme zwischen Kontinental- und Nordeuropa“ werde.

Interessengemeinschaft Tunneltal warnt vor „dramatischen Eingriffen“ in Natur

Stuwe empfiehlt, die Güterverkehre ab Lübeck auf Ausweichstrecken über Bad Kleinen und Lübeck – Büchen – Lüneburg zu verteilen. „Auf die Frage nach dem Konzept der NBS wird lediglich geantwortet, dass man die Studie nicht kenne“, beklagt Kukulenz. Mit diesem Konzept seien Lärmschutzwände möglicherweise gar nicht notwendig.

Kritik gibt es auch von der Interessengemeinschaft Tunneltal, die sich für die Belange des Naturschutzgebietes einsetzt. „Die Antworten der Bahn offenbaren Planungsdetails, die erschreckende Gewissheit bringen, dass die Eingriffe im Tunneltal dramatisch sein werden“, sagt Sprecherin Svenja Furken. Die Zerstörung von Natur und Kultur werde „unter den fadenscheinigen Argumenten einer fraglichen Wirtschaftlichkeit und einer vorgetäuschten Mobilitätswende offensichtlich als Kollateralschaden in Kauf genommen“, beklagt sie.

Naturschützer bezweifeln Notwendigkeit einer neuen S-Bahnlinie

Furken bezweifelt die Notwendigkeit der S 4. So könne die Bahn die von dem Unternehmen immer wieder angeführten 250.000 Menschen, die von der Linie profitieren sollen, rechnerisch nicht herleiten. „Es wird der Anschein erweckt, als würde es momentan überhaupt keine Bahnverbindung für diese Menschen geben“, sagt Furken und spricht von „Etikettenschwindel“.

Mit zwei Regional- und zwei U-Bahnhöfen sei Ahrensburg bereits gut angebunden. „Dass die Regionalzüge oft unpünktlich sind oder gar ausfallen, ist kein Problem fehlender Gleise, sondern maroder Technik und fehlenden Personals“, so die Umweltschützerin. Darüber hinaus kritisiert Furken, dass naturschutzrechtliche Fragen, etwa die des Wildwechsels nach dem Bau der Lärmschutzwände, nur äußert knapp beantwortet werden, indem darauf verwiesen werde, dass keine Wildquerung vorgesehen und ein Überqueren der Gleise Tieren an vielen Stellen möglich sei.