Ahrensburg. Mehr als 150 Zuhörer kommen zu Infoabend, um Debatte zwischen Vertretern von Bahn, Bürgerinitiativen und Umweltschutz zu sehen.
„Mir raucht etwas der Kopf“, schloss Ahrensburgs Bürgermeister Eckart Boege am Donnerstagabend nach rund dreieinhalb Stunden die Dialogveranstaltung zu S 4 und Gütertrasse im Schulzentrum Am Heimgarten – und dürfte damit nicht allein gewesen sein. Eine Stunde lang hatten die Besucher ab 18 Uhr zunächst die Gelegenheit, sich an Ständen der unterschiedlichen Akteure, Behörden und Interessengruppen über deren Ansichten zu der neuen S-Bahnlinie von Altona nach Bad Oldesloe und der Fehmarnbelt-Querung anzuhören.
Die Bahn war unter anderem mit einem Simulator dabei, mit dem sich mittels Kopfhörer der Lärmpegel, den die bis zu 88 Güterzüge, die laut Prognose ab 2030 durch Ahrensburg fahren sollen, nachstellen ließ. Dazu konnten verschiedene Lärmschutzmaßnahmen ausgewählt und die Veränderung getestet werden. An weiteren Ständen waren die Stadtverwaltung, das Archäologische Landesamt, die Interessengemeinschaft Tunneltal und verschiedene Bürgerinitiativen dabei.
Schlagabtausch bei Infoabend zu S 4 und Gütertrasse in Ahrensburg
Im Anschluss wurde rund zweieinhalb Stunden auf dem Podium diskutiert. Mehr als 150 Bürger waren gekommen, um die Sicht von Bahn, Stadt, Anwohnergruppen und Naturschützern zu hören. Neue Argumente gab es mit Ausnahme der Präsentation der neuartigen Lärmschutzwände durch die Bahn wenige, mitunter intensiv war der Schlagabtausch dennoch.
Die Veranstaltung eröffnete Svenja Furken von der IG Tunneltal mit einem emotionalen Appell, in dem sich die ökologische und archäologische Bedeutung des Tunneltals als Heimat bedrohter Arten wie des Kammmolchs und einzigartige Fundstätte steinzeitlicher Waffen und Werkzeuge hervorhob. „Die Bauarbeiten werden dieses besondere Gebiet der Menschheitsgeschichte zerstören“, warnte Furken mit Blick auf die Pläne der Bahn, für die S 4 zwei zusätzliche Gleise durch das Tunneltal zu verlegen.
Verkehrsministerium sieht in Trassenausbau wichtigen Schritt für Mobilitätswende
Diskutiert wurde anschließend in wechselnder Besetzung zu den Themenblöcken Planung und Grundsatzfragen, Umwelt und Archäologie sowie Lärmschutz und Stadtbild. Besonders umstritten war die Frage, inwiefern die S 4 überhaupt notwendig und sinnvoll ist. „Wir wollen die Mobilitätswende und brauchen mehr Kapazitäten für den Nahverkehr“, sagte Martin von Ivernois, Vertreter des Kieler Verkehrsministeriums.
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Auf der Bestandsstrecke könnten diese Kapazitäten nicht zur Verfügung gestellt werden. Demgegenüber stand der Vorwurf der IG Tunneltal und der Bürgerinitiative „Ahrensburg gegen Gütertrasse“, dass die S 4 nur deshalb notwendig werde, weil die Bestandsgleise nach der Fertigstellung des Fehmarnbelt-Tunnels verstärkt für den Güterverkehr genutzt werden sollen. Von Ivernois betonte dazu, dass die neue Linie auch unabhängig davon sinnvoll und politisch gewollt sei.
Alternativtrassen sind laut Bahn schwieriger umsetzbar oder nicht wirtschaftlich
„Der Güterverkehr wird kommen, auch ohne die S-Bahn“, argumentierte Jörg Sievers, Sprecher der Bürgerinitiative S 4 Hamburg/Stormarn. Die Folge sei, dass die bestehende Regionalbahnverbindung ausgedünnt werden müsse, um die Kapazitäten auf der Strecke zu schaffen. Arnold Harmsen von der Initiative Lärm- und Umweltschutz Wandsbek-Marienthal dagegen meinte, dass vor allem Hamburg von der S 4 profitiere. „Durch die zusätzlichen Bahnhöfe verlängert sich die Fahrtzeit für Stormarner“, sagte er.
Zum Thema Alternativtrassen für den Güterverkehr betonte Michael Kablitz, Planungsleiter bei der Bahn, noch einmal, dass alle Varianten geprüft worden seien, auch der Neubau einer Trasse entlang der Autobahn 1. Diese Lösungen seien alle aber entweder deutlich schwieriger umsetzbar oder nicht wirtschaftlich. Auf die Gründe ging Kablitz im Detail nicht ein, verwies auf die Planunterlagen für den ersten Bauabschnitt in Hamburg, die bereits einsehbar seien. Am Ende konnten die Anwesenden noch Fragen auf Karten schreiben und der Bahn mitgeben. Die Technische Projektleiterin Amina Karam versprach, sich mit allen zu befassen und weiter den Dialog suchen zu wollen.