Windräder in der Nord- und Ostsee sollen 100 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften und zukunftsfähige Arbeitsplätze schaffen.
Stade/Cuxhaven. Mit einem umfangreichen Rahmenprogramm will die Bundesregierung den Ausbau der Windenergie forcieren. Von einem "Runden Tisch" in Cuxhaven aus, an dem Politiker von Bund und Ländern sowie Vertreter aus der Wirtschaft und dem Finanzsektor teilnahmen, soll nun ein Masterplan entwickelt werden, um den Ausbau der Windenergie, vor allem im Off-Shore-Bereich an der Nord- und Ostseeküste, voranzutreiben.
Ende Mai sollen laut der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Katherina Reiche, die ersten Ergebnisse hierfür vorliegen.
Allein in Deutschland sollen bis zum Jahr 2030 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von etwa 25 000 Megawatt installiert werden. In Europa sollen etwa vom Jahr 2015 an jährlich mehr als 3000 Megawatt Offshore-Windenergieleistung installiert werden. Das macht unter dem Strich zwischen 600 und 800 Anlagen pro Jahr.
Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, ist unter anderem eine moderne Offshore-Hafeninfrastruktur notwendig. "Daran mangelt es bisher aber noch", so Reiche. Die Koordination zwischen den fünf beteiligten Bundesländern sei noch nicht annähernd ausreichend, die Häfen in Niedersachsen noch nicht ausreichend für den Offshore-Bereich gerüstet. "Die Aufgabe besteht nun darin zu sehen, ob es sinnvoll ist, die Entwicklung der Hafeninfrastruktur auf wenige Standorte zu begrenzen oder aber möglichst alle Häfen in Niedersachsen hierfür zu ertüchtigen", so Enak Ferlemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr. Auch seien die Werften bisher in den Prozess des Baus nötiger Spezialschiffe noch nicht integriert, denn der Bau der Windparks erfordere, so Ferlemann, den Einsatz von Spezialschiffen, die bei fast jeder Witterung die neuen Anlagen installieren können und auch die nötigen Kabelnetze zum Festland verlegen können.
"Hier ergeben sich gerade auch für die technologisch starken deutschen Werftenhervorragende Perspektiven", sagt ergänzend Hans-Joachim Otto, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Allein das Ausbauziel der Bundesregierung ermögliche etwa 100 Milliarden Euro Umsatz und dabei knapp 10 000 Arbeitsplätze in der Off-Shore-Branche.
Die Bedingungen für eine Förderung des Off-Shore-Projektes müssten laut Reiche nun mit den Vertretern von Wirtschaft und Finanzen im Detail geklärt werden. "Die Investoren stehen bereit für das Projekt, sie brauchen nun gute und sichere Rahmenbedingungen, um das Gewünschte auch umsetzen zu können", so Reiche.
"Wir bieten stabile Rahmenbedingungen und wir werden den Ausbau durch entsprechende zusätzliche flankierende Maßnahmen, beispielsweise über das KfW-Offshore-Sonderkreditprogramm, kurzfristig anreizen", sagt Katherina Reiche.
Bis Ende Mai sollen Antworten auf die zentralen Fragen gefunden werden. Darunter fällt die Frage nach den wirtschaftlichen Kapazitäten, der Kapazität der Häfen, des zukünftigen Bedarfs, neuen Schiffstypen und auch der Netzanbindung inklusive Hinterlandanbindung und welche Aufgaben den Kommunen hierbei zukommen werden. "Wir müssen herausfinden, wie wir unser Stromnetz umbauen wollen und können, ohne dabei den Umweltschutz, die Fischerei und die Seefahrt zu beeinträchtigen", so Reiche. Ferlemann rechnet damit, das bis Ende 2011 hierfür Ergebnisse vorliegen werden.
Gerade die Stromnetze werden Bund, Länder und die Energieversorger vor immense Aufgaben stellen. "Wir müssen völlig neue Netzstrukturen aufbauen, wir werden nicht umhin kommen, neue Trassen zu installieren", so Reiche. Die neuen Stromachsen werden dann von Nord nach Süd gehen. Das bedeutet für die Hinterlandregionen, dass die Landkreise wie Cuxhaven und Stade regionsübergreifend und in Kooperation mit den Beteiligten an möglichen Trassenverläufen arbeiten müssen. "Es werden auch alte Stromnetze genutzt werden, die müssen aber mit neuen Technologien aufgerüstet werden", sagt die Staatsekretärin. Ihr schweben sogenannte intelligente Stromnetze vor, die eine optimale Stromversorgung garantieren würden.
Ferlemann ist sich sicher, dass der neue Masterplan auch zu einem weiteren kräftigen Aufschwung in dem Energiesektor sorgen wird. "Die Länder sind für die Ausbildung der Fachkräfte gut aufgestellt, aber in einzelnen Bereichen werden die Kapazitäten für die Ausbildung der Fachkräfte sicher aufgestockt werden müssen", sagt Ferlemann. Das vor allem auch deshalb, weil man von einer Spezialisierung in der Berufsausbildung zu einer breiteren Ausbildung übergehen müsse, um den vielseitigen Anforderungen der Berufe gerecht werden zu können.
Derzeit ist in den deutschen Meeresgebieten neben dem Testfeld "alpha ventus" in der Nordsee mit zwölf Windenergieanlagen und einer Leistung von 60 Megawatt auch das erste kommerzielle Projekt "Baltic I" in der Ostsee mit 21 Anlagen und 50 Megawatt Leistung in Betrieb. Im Bau befindet sich ein weiterer Windpark, "Bard I", in der Nordsee, der spätestens 2012 mit insgesamt 80 Anlagen und 400 Megawatt fertig gestellt sein soll.
Darüber hinaus sind in den deutschen Bereichen von Nord- und Ostsee bereits jetzt der Bau und der Betrieb von 29 Windparks mit etwa 10 000 Megawatt Leistung genehmigt.