Westerland. Jörg Otto kam aus Protest auf die Nordseeinsel und fand seine große Liebe. Jetzt will er die Inselpolitik aufmischen.

Er war das Gesicht der Punks auf Sylt. Jörg Otto hat das Protestcamp auf der Nordseeinsel, das im Sommer bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hat, mitorganisiert und als Sprecher nach außen vertreten. Er hat mit dem Sylter Bürgermeister Nikolas Häckel verhandelt, die Stimmung unter den angereisten Protestlern beruhigt und für seine politischen Themen geworben. Mitte September war Schluss mit dem Protestsommer auf Sylt. Das Camp wurde geräumt, die letzten Bewohner von der Polizei zum Bahnhof eskortiert. Jörg Otto ist geblieben.

Sylt: Otto wohnt mit seiner Partnerin in Westerland

Seit Mitte Oktober ist der 45-Jährige - der mit vollem Namen Jörg Hellmut Serdar Otto heißt - Sylter. "Mein Erstwohnsitz ist jetzt die Insel", sagt er. Dass das so ist, hat mit einer Frau zu tun. Otto, gebürtiger Ahrensburger und für die Linke im Parteivorstand im Bezirk Hamburg-Mitte, hat sich auf der Nordsee-Insel verliebt. Seine Lebenspartnerin kommt auch aus Ahrensburg. "Wir sind in der gleichen Gegend aufgewachsen, haben die gleiche Kita und die gleiche Grundschule besucht. Aber wir kannten uns nicht, weil ich einige Jahre älter bin", sagt die 52-Jährige, die anonym bleiben möchte. Gemeinsam mit der behinderten Hündin Tique wohnt das Paar in Westerland.

"Als ich am 1. Juni mit dem 9-Euro-Ticket nach Sylt gekommen bin, wollte ich nur ein Wochenende bleiben", sagt Hartz-IV-Empfänger Jörg Otto, der sich unter anderem in dem Aktionsbündnis "Wer hat, der gibt" engagiert. Motto: Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten. Es gehe ihm um gesellschaftliche Veränderungen, sagt der kräftige Typ mit der markanten Irokesen-Tolle. Auf Sylt sei da einiges im Argen, begründet er sein Engagement auf der Insel.

Sylt ist für Punk Otto ein Neustart

Dass aus der Spritztour ein ganzer Sommer werden würde, habe er nicht erwartet. Und schon gar nicht, dass er seine Sachen packen und umziehen würde. Schon vor der Auflösung des Protestcamps hatte er angekündigt, mit Gesinnungsgenossen den Verein Sylt für Alle zu gründen. Der Plan scheiterte. Für Otto, der sich selbst als Macher bezeichnet und sich im Moment vor allem auf seine künstlerische Arbeit verlegt hat, kein Grund aufzugeben. "Für mich ist Sylt ein Neustart. Ich will zeigen, dass ich es ernst meine mit der Insel."

Auf Sylt könnte das etwas anders gesehen werden. Von Dauerpartys, Müllbergen und Demos vor allem in Westerland haben sich viele Insulaner und auch Urlauber massiv gestört gefühlt. Dazu kommt: Inzwischen hat die Gemeindeverwaltung in einer ersten Berechnung die Kosten für Sicherheitskräfte, Dixi-Klos und einen Bauzaun auf 200.000 Euro berechnet. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Dass in den Vorjahren bereits Security-Mitarbeiter eingesetzt worden und entsprechende Kosten entstanden waren. Trotzdem fordern einige Politiker, die Verursacher an den Kosten zu beteiligen. "Das beunruhigt mich schon sehr", sagt Neu-Sylter Jörg Otto. Er hat einen Anwalt engagiert.

Und er will sich künftig ganz direkt in der Inselpolitik engagieren. "Im Mai ist Kommunalwahl in Schleswig-Holstein", sagt Linken-Politiker Jörg Otto selbstgewusst. Statt vor dem Rathaus will er künftig einen Platz im Rathaus.