Hamburg. Polizeidirektorin Claudia Jenz über die Ausbildung an der Akademie der Hamburger Polizei, Extremsituationen und Bewerbermangel.

Wie bereitet man junge Menschen um die 18, die gerade erst die Schule beendet haben, auf den Job als Polizist vor? Was kann man ihnen mitgeben, um mit zum Teil extrem belastenden Situationen im Streifendienst oder in der Bereitschaftspolizei klarzukommen? Wie funktioniert die zweieinhalbjährige Ausbildung im Laufbahnabschnitt I, dem früheren mittleren Dienst?

Am Anfang stehen zwei Semester schulische Ausbildung. „In denen vermitteln wir Fachtheorie und Berufspraxis in einigermaßen lernbaren Etappen. Ziel ist, die Ausbildung zu Beginn nicht zu überladen“, sagt Claudia Jenz. Die Polizeidirektorin verantwortet an der Akademie in Alsterdorf die theoretische Ausbildung der Polizeischüler in Laufbahnabschnitt I. Parallel gibt es an der Polizeiakademie die Abteilung für die berufspraktische Aus- und Fortbildung. Beide Teams teilen sich die Aufgabe, den Nachwuchs zu Polizisten auszubilden.

Polizei Hamburg: Was die Schülerinnen und Schüler im Fach Berufskunde lernen

Nach den beiden Semestern folgt als Unterbrechung ein Praktikum an den Polizeikommissariaten. Hier sollen die Auszubildenden erste praktische Erfahrungen sammeln und lernen, was den Beruf ausmacht. Der Praxiseinheit folgen wieder weitere zwei Semester an der Polizeischule. Dort wird unter anderem Rechtskunde vermittelt. Dazu kommen Fächer wie Politik, Deutsch, Englisch und Berufskunde.

„In diesem Fach unterrichten wir quasi den Polizeialltag. Wie man einen Verkehrsunfall aufnimmt, sich an einem Tatort richtig verhält oder Berichte schreibt“, sagt Claudia Jenz. In Polizeidienstlehre geht es darum, was den Nachwuchs in der Praxis erwartet, also die haptische Komponente. Daneben gibt es noch Sport und Polizeitraining.

Polizeitraining als Rollenspiel

Ein Beispiel: „In Polizeiberufskunde lehren wir, wie man einen Verkehrsunfall aufnimmt, mit den Betroffenen angemessen kommuniziert. Im Fach Rechtskunde vermitteln wir dazu die rechtlichen Grundlagen: Was heißt Schuldfrage? Was passiert zum Beispiel im Fall einer fahrlässigen Körperverletzung? In Polizeidienstlehre flankieren wir die Theorie mit praktischen Übungen und zeigen, wie eine solche Situation vor Ort ablaufen würde“, erklärt die Polizeidirektorin.

Auf stark belastende Einsätze können Jenz und ihre Ausbilder den Nachwuchs nur beschränkt vorbereiten, schließlich verarbeitet jeder Betroffene Extremsituationen anders. Was in der theoretischen Ausbildung, als auch beim praktischen Polizeitraining gemacht wird, ist herauszuarbeiten, wer wie in Stresssituationen reagiert und was Stress individuell bewirkt. „Das Polizeitraining ist quasi ein Rollenspiel, in dem es zum Beispiel darum geht, wie man jemanden durchsucht oder wie die Handfessel richtig angelegt wird“, sagt Jenz. „Dabei stellen wir im Unterricht auch körperliche oder verbale Angriffe nach.“

Polizei Hamburg: Probleme, den passenden Nachwuchs zu finden

Die Zeit, in der die Polizei die freie Wahl unter den Bewerbern hatte, ist vorbei. Der demografische Wandel schlägt auch hier längst zu. Die Folge: „Wir stellen alle ein, die das Einstellungsverfahren erfolgreich absolviert haben. Zur Wahrheit gehört: Die Abbrecherquote ist gestiegen“, sagt Polizeidirektorin Jenz. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich. Einige Abbrecher stellen fest, dass die Herausforderungen doch nichts für sie sind und wechseln gänzlich die Branche. Anderen ist Hamburg als Stadt eine Nummer zu groß.

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„Immer wieder haben wir auch Bewerberinnen und Bewerber, die sich bei mehreren Polizeien beworben haben und noch das Bundesland wechseln“, sagt Jenz. Die Ausbildung im Laufbahnabschnitt I war einmal gedacht für Schüler mit mittlerem Bildungsabschluss. Aber inzwischen haben rund 75 Prozent Abitur.