Hamburg. Ein Drittel eines Lehrgangs nicht im Plan. Männer schneiden schlechter ab als Frauen. Jeder fünfte Polizeischüler „bleibt sitzen“.
„Uns springen zu viele Polizisten in der Ausbildung ab.“ Das sagt Thomas Jungfer, Hamburger Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Betroffen ist vor allem der mittlere Dienst. Dort hat noch vor dem Ende der Ausbildung ein Fünftel der Polizeischüler das Handtuch geworfen. Die Polizei weist darauf hin, dass „Abgänge“ schon bei den Einstellungszahlen berücksichtigt seien.
Mit 157 Polizeischülern, 102 Männer und 55 Frauen, fing im August 2021 der Ausbildungslehrgang zum mittleren Dienst an. Nur 96 von ihnen beenden, so sah es Ende Oktober aus, planmäßig oder früher ihre Ausbildung. Dabei schnitten die Frauen besser ab. Rund 67 Prozent von ihnen waren noch dabei, während es bei den Männern nur knapp 58 Prozent waren.
Polizeischüler in Hamburg: Nur 58 Prozent der Männer schaffen Lehrgang in vorgesehener Zeit
Allerdings sind nicht alle anderen Männer und Frauen des Lehrgangs für die Hamburger Polizei verloren. Komplett aus der Ausbildung zum mittleren Dienst ausgeschieden sind 31, davon 26 Männer und fünf Frauen.
Die Gründe sind vielfältig. 19 verließen die Polizei auf eigenen Wunsch, manchmal nachdem ihnen das nahegelegt wurde. Zwei wechselten in die Ausbildung zum gehobenen Dienst. Eine Frau ging in den Mutterschutz und wird erst 2025 zurück in der Ausbildung erwartet. Zehn angehende Polizisten wurden „kraft Gesetz“ aus der Ausbildung entfernt. Dahinter können beispielsweise Dienstvergehen oder auch Strafverfahren stecken, die gegen sie laufen, oder sie erfüllen Anforderungen nicht mehr.
Polizei Hamburg: Auch „charakterliche Auffälligkeit“ kann Karriere knicken
Aber auch die vielen „Sitzenbleiber“ haben den Lehrgang geschwächt. 30 angehende Polizisten, zwölf Frauen und 18 Männer, gingen in die „Verlängerung“. Sie müssen ein oder mehrere Semester wiederholen.
Wie viele der 96 tatsächlich die Abschlussprüfung schaffen und in den mittleren Dienst übernommen werden, ist damit noch nicht klar. Dabei spielt nicht ausschließlich die Leistung eine Rolle. 22 Polizeischüler waren in ihrer Ausbildung so oft krank, dass sie mehr als 40 Fehltage haben. In einem Fall fehlte bislang der Führerschein. Aber auch die „charakterliche Auffälligkeit“ kann für einen Karriereknick sorgen.
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Dass am Ende mehr als die ursprünglichen Lehrgangsteilnehmer in den Dienst übernommen werden, hat einen Grund. Die „Sitzenbleiber“ der vorherigen Lehrgänge füllen die Klassen wieder auf. So waren es Ende Oktober 111 Polizeischüler, die für die Ernennung zum Polizisten vorgesehen waren.
„Das sind schon hohe Zahlen“, sagt Polizeigewerkschafter Jungfer. „Dazu kommt, dass etwa jeder Zweite, der Semester wiederholen muss, am Ende die Ausbildung nicht schafft. Und selbst danach verlieren wir noch Leute über Jahre, weil sie nach kurzem Einsatz an der Wache oder der Bereitschaftspolizei wieder kündigen, um danach gleich wieder bei uns im gehobenen Dienst anzufangen.“
Polizei Hamburg stellt mehr Bewerber ein als benötigt
Damit würde der Polizist erneut in die, wenn auch etwas verkürzte, Ausbildung gehen und wieder Jahre nicht für den Vollzugsdienst zur Verfügung stehen. Jungfer weist darauf hin, dass solche „Abgangszahlen“ ausschließlich die Ausbildungslehrgänge zum mittleren Dienst beträfen.
Bei der Polizei kennt man das Problem. „Abgänge aus der Ausbildung hat es schon immer gegeben“, sagt Polizeisprecher Florian Abbenseth. „Das fließt natürlich in unsere Personalplanung mit ein. Regelmäßig werden deshalb mehr Bewerber eingestellt, als eigentlich rechnerisch benötigt werden.“