Kappeln. Trotz Vorsichtsmaßnahmen musste sich Tauwerk-Inhaber Michel Helmchen den Wassermassen geschlagen geben. Wie es jetzt weitergeht.

Jeden Tag steht er in seinem leeren Restaurant, versucht hier und da etwas zu tun. Einige Dinge zu organisieren. Und das, obwohl der Anblick ihn schmerzt. „Eigentlich kann ich hier nicht durchgehen, das tut so weh“, sagt Michel Helmchen. Der junge Mann betreibt seit einigen Jahren gemeinsam mit seiner Frau das Restaurant Tauwerk in Kappeln, das bei der großen Ostsee-Sturmflut vor gut zwei Wochen komplett unter Wasser stand.

„Alles ist kaputt, alles ist verloren“, sagt er. Alles, was er sich in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaut habe. „Wir fangen noch einmal ganz von vorne an.“

Ostsee: Beliebtes Restaurant in Kappeln bleibt geschlossen

Helmchen berichtet, wie das Wasser Stück für Stück stieg. Er selbst sei einige Tage mit seiner Familie im Urlaub gewesen und habe bereits frühzeitig aus der Ferne angefangen, Hilfe zu organisieren.

Michel Helmchen in seinem zerstörten Restaurant Tauwerk in Kappeln an der Schlei.
Michel Helmchen in seinem zerstörten Restaurant Tauwerk in Kappeln an der Schlei. © Tauwerk | Tauwerk

Am Tag der großen Flut habe sein Team noch versucht, so gut es geht abzudichten und hochzuräumen. „Wir haben richtige Mauern gezogen, überall mit Bauschaum abgedichtet, einfach alles versucht.“ Später habe er die letzten verfügbaren Sandsäcke vor die neuen Schutzmauern gelegt. Er selbst sei am Nachmittag vor Ort eingetroffen. „Da sah alles noch ganz gut aus, die insgesamt acht Pumpen haben den Laden einigermaßen trocken gehalten.“

Doch dann sei der Strom abgestellt worden: „Da hatten wir verloren.“ Durch kniehohes Wasser hätten sie noch einen Notstromgenerator durch ein Fenster ins Haus gehievt und aufgestellt. „Der hat aber die insgesamt acht Pumpen nicht ausreichend versorgen können.“

Restaurant an der Schlei lief innerhalb kürzester Zeit voll

Innerhalb kürzester Zeit sei das Restaurant, das sich direkt an der Schlei befindet, vollgelaufen. „Wir konnten eigentlich nur noch zusehen.“ Der Keller sei unter Wasser gewesen, Küche und Restaurant ebenfalls, etwa kniehoch. Auch die Funktionsräume waren betroffen.

„Das Wasser ist ja sogar hinter dem Haus aus der Kanalisation hochgedrückt.“ Zum Glück, so Helmchen, sei es noch in der Nacht zum Sonnabend dann recht schnell wieder abgelaufen. „Sodass wir Sonnabendmorgen schon mit dem Saubermachen, Trocknen und Aufräumen beginnen konnten.“

Restaurant Tauwerk an der Schlei ist komplett zerstört

Dennoch, das Restaurant ist komplett zerstört. Da ist zum einen das Haus selbst, das großen Schaden genommen hat. Helmchen hat die Räumlichkeiten vom ASC Kappeln, dem ortsansässigen Segelverein, gepachtet. „Auf den kommen jetzt leider enorme Kosten zu.“

Der Boden müsse aufgestemmt und getrocknet werden, genauso die Wände. „Dadurch dass alles unterspült wurde, muss auch draußen alles neu gemacht werden“, so der Gastronom. Er schätze, dass die Kosten mindestens im niedrigen sechsstelligen Bereich liegen würden.

Mittlerweile ist das Restaurant Tauwerk leer geräumt, der Boden wurde hochgestemmt. In den kommenden Wochen stehen Baumaßnahmen an.
Mittlerweile ist das Restaurant Tauwerk leer geräumt, der Boden wurde hochgestemmt. In den kommenden Wochen stehen Baumaßnahmen an. © Tauwerk | Tauwerk

Die Kosten für Geräte und Einrichtung muss Helmchen selbst tragen, eine Versicherung springt nicht ein. Auch die haben nach ersten Schätzungen bereits die Schwelle von 100.000 Euro überschritten. Das liegt vor allem an den vielen elektronischen Geräten, die durch die Wassermassen zerstört wurden.

„Mein Tiefkühlschrank ist mir bereits Freitagnachmittag im Keller entgegengeschwommen gekommen“, so Helmchen. Dazu kämen Kühlschränke, Kühlaggregate, Kühlungen für die Zapfanlage, Waschmaschinen, Trockner und vieles mehr. „Bis auf meine neue Spülmaschine für Gläser, die ich gerade für knapp 10.000 Euro gekauft hatte, ist eigentlich alles kaputt.“

Gastronom hat seine Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt

Dazu kommen die hohen Kosten für den Verdienstausfall. „Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten das Restaurant geschlossen haben.“ Jeden Tag gingen dadurch wichtige Einnahmen verloren.

Seine Mitarbeiter hat Helmchen in Kurzarbeit geschickt. „Ich zahle ihnen allerdings die Differenz zu ihrem Gehalt aus, weil sie es wirklich verdient haben.“ Und weil er die wertvollen Mitarbeiter nicht verlieren wolle. „Die haben ja schon durch das fehlende Trinkgeld große Einbuße.“ Die Kosten, die durch die Schließung entstünden, könne er noch gar nicht beziffern, „sie werden aber ebenfalls locker sechsstellig werden.“

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Mittlerweile ist das Restaurant ausgeräumt, die Möbel, die gerettet werden konnten, stehen in einer Lagerhalle. Erste Bauarbeiten an dem Gebäude haben bereits begonnen. Klar ist aber, die Renovierung wird Monate dauern. Bisher, so der Koch, sei nicht abzuschätzen, wie lange. „Aber es ist so viel am Gebäude kaputt, vor Februar werden wir niemals wieder eröffnen können.“ Und das auch nur, wenn alles glattlaufe.

Schlei: Inhaber vom Restaurant Tauwerk überlegte aufzugeben

Helmchen ist gezeichnet von den Geschehnissen der vergangenen Wochen. „Zwischendurch haben wir schon überlegt, aufzugeben“, sagt er. Andererseits hätten er und seine Frau sich das Tauwerk mit viel Liebe aufgebaut. „Das kann man ja auch nicht einfach wegwerfen. Zumal es ihn, so sagt er, ja nur wirtschaftlich treffe. „Ich habe nicht mein Zuhause verloren, wie die Menschen in Arnis.“

Deshalb wolle er sich auch nicht beklagen. „Dennoch kostet es viel Kraft, sich jeden Tag zu motivieren, weiterzumachen.“ Nun hoffe er, dass beim Wiederaufbau alles glattlaufe. „Dann können wir im kommenden Sommer vielleicht schon gemeinsam darüber lachen.“