Grömitz. Es geht durch liebliche Landschaften und dreht sich um Kunst und Kultur. Im September gibt es ein spezielles Angebot für Radfahrer.

Weite Felder, viel Grün – und die Ostsee schimmert immer mal wieder blau am Horizont. Radfahren in dieser lieblichen Landschaft tut nicht nur gut und entspannt, die Gegend bei Grömitz lädt auch zu Kunst und Kultur mit dem Fahrrad ein – sogar mit kostenlosen Führungen. Das Abendblatt war bei einer Tour dabei.

Ostsee: Radfahren mit Elektroantrieb durch liebliche Landschaft

Mit Blick auf die Ostsee geht es von Grömitz aus auf dem Ostsee-Küstenradweg Richtung Norden den Deich entlang in Richtung Lensterstrand – schön chillig auf Elektrorädern, die in Grömitz ausgeliehen werden können. Wer meint, E-Bike-Fahren sei kein richtiges Radfahren, irrt. Es kommt dabei auf die Länge der Tour an. Mit dem Elektroantrieb schafft man eben mühelos bei Gegenwind mehr Kilometer.

Da heute ein kräftiger Ostwind weht und die sonst so ruhige Ostsee eine richtig große Welle macht, ist so ein eingebauter Rückenwind ganz angenehm. Und ganz ehrlich: E-Bike-Fahren macht einfach Spaß. Leider weist unser Tourguide Axel Kramer gleich zu Beginn darauf hin, dass nicht gerast wird. Schade, also den Turbo wieder ausstellen und brav bleiben.

Ostsee: Naturgenuss per Fahrrad hat etwas Meditatives

Aber es geht bei solchen Touren mit mehreren Teilnehmern ja auch immer um die Sicherheit jedes Einzelnen. Und Axel Kramer, der diese Touren regelmäßig führt, hütet wie ein Schäfer seine Lämmer – immer darauf bedacht, dass alle gesund und munter bleiben.

Ohnehin steht bei der Tour der Naturgenuss, der Wind in den Haaren, die Felder und die Bäume am Wegesrand im Vordergrund. Und die Entdeckung der Langsamkeit hat etwas Meditatives.

Fahrradtour an der Ostsee: Kloster Cismar – Ausstellung mit alten Kaffeefiltern

Erste Station ist das Kloster Cismar. In der ehemaligen Benediktinerabtei gibt es wechselnde Ausstellungen. In diesen Wochen ist in der ersten Etage eine Gemäldesammlung mit dem Titel „Die Landschaft im Blick“ zu sehen, während im Gewölbesaal die skurrile Installation von Atif Gülücü mit seiner „Literarischen Blumenwiese“ zu sehen ist – 1800 Filtertüten mit Kaffeesatz, die aufgereiht sind wie ein Blütenmeer. Das finden auch Kunstbanausen beeindruckend, weil es ein bisschen verrückt und einfach bezaubernd ist.

Installation von Atif Gülücü: „Literarische Blumenwiese“ im Kloster Cismar bei Grömitz an der Ostsee.
Installation von Atif Gülücü: „Literarische Blumenwiese“ im Kloster Cismar bei Grömitz an der Ostsee. © Genevieve Wood | Genevieve Wood

Ab Juli bis Mitte Oktober können Besucher im Kloster die Werke des in Berlin und an der Ostsee lebenden Künstlers Klaus Fussmann betrachten. Er gehört zu den bekanntesten deutschen Landschaftsmalern und ist in Schleswig-Holstein bekannt: Er verbringt seit mehr als vierzig Jahren die Sommermonate in seinem Haus in Gelting.

Kloster Cismar beeindruckt mit mächtiger Kastanie und leckerem Kuchen

Beeindruckend ist natürlich auch die Klosterkirche und die mächtige Kastanie im Innenhof. Sie sieht viel älter aus als sie tatsächlich ist: 1946 wurde sie gepflanzt. Und weil sie dort alleine steht und viel Platz hat, konnte sie sich sehr gut entfalten und bietet an heißen Tagen angenehmen Schatten.

Diese mächtige Kastanie im Innenhof des Kloster Cismar ist 1946 gepflanzt worden.
Diese mächtige Kastanie im Innenhof des Kloster Cismar ist 1946 gepflanzt worden. © Genevieve Wood | Genevieve Wood

Tourguide Axel Kramer gibt den Radfahrern außerdem Zeit für Kaffee und Kuchen im Klostercafé. An diesem Tag draußen auf der Wiese im malerischen Garten.

Ostsee: Nach Kunst und Kultur wird Kreatives in der Werkstatt gebastelt

Nach Kunst kommt noch mehr Kunst, aber aus eigener Hand. Durch einen kleinen Wald geht es mit den Rädern zur Kreativwerkstatt Kattenberg. „Das Faszinierende an dieser Tour ist doch der Wechsel der Landschaften“, sagt Axel Kramer. „Wir haben hier alles auf kleiner Fläche: das Meer, Wiesen, Felder und Wälder.“

Kramer liebt und lebt die Ostseeregion. Der 63-Jährige lebt in Dahme an der Ostsee, vermietet dort Ferienwohnungen und ist sonst immer dabei, den Gästen seine Heimat näherzubringen. Er führt nicht nur Radtouren an und erzählt dabei gern von der Entstehungsgeschichte dieser besonderen Landschaft, er bietet auch Fackelwanderungen an und geht mit Interessierten auf Bernsteinsuche.

Axel Kramer veranstaltet auch regelmäßig Bernstein-Workshops (Archivbild).
Axel Kramer veranstaltet auch regelmäßig Bernstein-Workshops (Archivbild). © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf

Fahrradtour an der Ostsee: Region bietet Weitblick und Genuss

Es gibt diese Menschen, die gut erzählen können und die immer einen Spruch auf Lager haben. Axel Kramer ist so einer. Ihm geht es immer auch darum, die Region an der Ostsee zu genießen, den Blick zu öffnen für diese herrliche Weite.

Gestärkt mit Käse- und Butterkuchen oder einer herben Schoko-Nuss-Torte geht es zu Sabine Höft-Dammer in ihre Kreativ-Werkstatt zum Basteln. Wie bitte? Ja, keine Sorge. Auch wer meint, völlig unkreativ zu sein und total ungeschickt mit Klebepistole, Bohrer, Pinsel und Farben umgeht, wird hier am Ende mit etwas Selbstgebasteltem herausgehen – mal mehr, mal weniger schön vielleicht. Aber nicht ergebnislos.

Kreativwerkstatt – wo in Klosternähe Treibholz zu Kunst wird

In der Werkstatt auf dem idyllischen Hofensemble in Klosternähe können die Kursbesucher unter professioneller Anleitung unterschiedliche Techniken erlernen und ihre eigene Kreativität vielleicht doch noch entdecken. Seit mehr als zehn Jahren betreibt die Architektin Sabine Höft-Dammer im geräumigen ehemaligen Kuhstall die Werkstatt.

Sabine Höft-Dammer von der Kreativ-Werkstatt Kattenberg zeigt die Werke der Workshop-Teilnehmer.
Sabine Höft-Dammer von der Kreativ-Werkstatt Kattenberg zeigt die Werke der Workshop-Teilnehmer. © Genevieve Wood | Genevieve Wood

Dort entstehen aus einem riesigen Fundus an Naturmaterialien individuelle Kunstwerke wie Holzstelen, Möbel, abstrakte Malereien und Skulpturen aus Beton und anderen Materialien.

Treibholz wird an Stränden zwischen Grömitz und Dahme gesammelt

An diesem Tag basteln die Radfahrer etwas aus dem beliebten Strandgut-Bastelmaterial Treibholz, dass Sabine Höft-Dammer eigenhändig im Winter an der Ostsee – von Grömitz bis Dahme, an der Steilküste bis Neustadt in Holstein – aufsammelt. „Man muss sich dafür aber früh auf die Socken machen“, sagt sie. Sonst ist nämlich alles weg. Ein halbes Jahr kann das Treibholz so gut durchtrocknen, perfekt um daraus kleine Kunstwerke zu schaffen.

Auch wer möglicherweise zuvor skeptisch ist: Die 60-jährige Architektin schafft es, jeden individuell abzuholen, auf jeden einzugehen. „Jeder geht danach beseelt nach Hause“, sagt sie. Sie macht Leute glücklich. „Die Menschen können hier abschalten, mal nicht an die Arbeit denken.“

Treibholz-Kunstwerke sind nicht alle schön, aber besonders

Und auch vermeintlich missglückte Kunstwerke können glücklich machen. Denn die Schönheit liegt darin, das Gebilde selbst in kurzer Zeit geschaffen zu haben. Draußen im Garten macht sich das Treibholz-Kunstwerk sicherlich ganz gut.

Am Ende dieser Radtour sind sich die Tourteilnehmer nähergekommen, es wird viel gelacht, und alle sind ein wenig aufgedreht, wie bei einer Klassenfahrt. Danke Axel Kramer für diese Auszeit vom Alltag. Eine Auszeit, die vor der Haustür liegt.

Einkehrtipp nach der Tour: Im Ahoi Grömitz von Steffen Henssler, Kurpromenade 43. Tipp: Die Tuna-Bowl mit Thunfisch, große Portion mit direktem Ostseeblick.

Ostsee: Fahrradwoche bietet im September kostenlos geführte Touren an

In Grömitz und Umgebung können Interessierte während der Fahrradwoche vom 18. bis 23. September wieder an kostenlos geführten Radtouren durch die Ostsee-Region teilnehmen – ob erprobte Langstreckenradler oder gemütliche Sonntagsfahrer. Jeden Tag der Woche gibt es eine kostenfreie, geführte Radtour und am Sonnabend eine große Radrundreise.

Von Montag bis Freitag starten die Touren jeweils um 10 Uhr aus den Ostseebädern Dahme, Kellenhusen und Grömitz sowie in Grube und in Lensahn. Bitte vorher anmelden, Fahrräder werden nicht gestellt.