Parteien geben klares Bekenntnis zum Kieler Regierungsbündnis ab. Designierter Ministerpräsident Albig verteidigt A-20-Kompromiss.
Neumünster. Parteitage der SPD, der Grünen und der dänischen Minderheitenpartei SSW haben den Koalitionsvertrag über die neue schleswig-holsteinische Landesregierung verabschiedet. Die Delegierten aller drei Parteien sprachen sich am Sonnabend jeweils einstimmig für eine Zusammenarbeit aus.
Am 12. Juni will das Küsten-Bündnis SPD-Spitzenmann, Torsten Albig (49), zum neuen Ministerpräsidenten wählen. Der grüne Spitzenmann, Robert Habeck, soll Minister für Energiewende, Umwelt, Landwirtschaft und ländliche Räume werden. Monika Heinold ist designierte Finanzministerin.
Bei der SPD stimmten auf einem Sonderparteitag in Neumünster alle Delegierten dem Koalitionsvertrag zu. Nach Ansicht des designierten Ministerpräsidenten Torsten Albig (49) haben SPD, Grüne und SSW eine starke Mehrheit, obwohl sie im Landtag nur ein Mandat mehr haben als CDU, FDP und Piratenpartei. Denn es komme auf die Ideen an und nicht darauf, zehn Stimmen mehr zu haben. "Unsere rot-grün-blaue Mehrheit hat Ideen für die nächsten 20 Jahre“, sagte Albig.
Albig verteidigt A-20-Kompromiss
Vehement und auch mit Pathos warb er vor 200 Delegierten für den Koalitionsvertrag. Kritik an der Einbeziehung des SSW in die Regierung wies Albig vehement zurück. Er verteidigte auch den Kompromiss mit den Grünen in Sachen A20 : Danach soll diese Autobahn bis 2017 nicht über die A7 hinaus in Richtung Westen weitergebaut werden. Es gehe darum, was realistisch möglich ist und nicht darum, Wolkenkuckucksheime zu bauen. Die SPD-Wirtschaftspolitik werde sich immer dafür einsetzen, die A20 über eine Elbquerung bis nach Niedersachsen hinein zu bauen. Seine Partei gehe mit ausgestreckter Hand auf die Wirtschaft zu, kündigte Albig an. "Die A20 ist für uns das überragende Straßenbauprojekt“, bekräftigte der SPD-Landesvorsitzende Ralf Stegner. Über den Weiterbau soll aber erst eine neue Koalition nach der nächsten Wahl entscheiden.
Trotz der Kompromisse wie bei der A20 betonte Albig bei seinem Werben für den Koalitionsvertrag: "Nicht mit einer einzigen Zeile können wir nicht leben“. Der Vertrag sei eine Handlungsanweisung für fünf Jahre. Seine Regierung werde mit viel Liebe und Hingabe zum Land agieren, das gerechter und wirtschaftlich stärker werde. Auch die beste Hochschullandschaft in Deutschland soll es bekommen. Albig und Stegner sagten den Kommunen erneut zu, ihnen schrittweise die 120 Millionen Euro jährlich zurückzugeben, die ihnen die frühere CDU/SPD-Koalition weggenommen hatte. Die Mittel sollen allerdings überwiegend an den Ausbau der Kleinkinder-Betreuung gebunden werden.
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Stegner warb um Verständnis dafür, dass der angestrebte kostenlose Kita-Besuch nicht terminiert wurde: Strukturelle Mehreinnahmen müssten gegenfinanziert werden. „Wir versprechen, was wir halten können.“ Stegner verwies auf die Erwartung an Steuererhöhungen nach einem erhofften Regierungswechsel in Berlin im nächsten Jahr. Eines versprach der SPD-Landeschef aber doch: „Solange Sozialdemokraten regieren, gibt's keine Studiengebühren“. Albigs designierte Wissenschaftsministerin Waltraud Wende (parteilos), bisher Uni-Präsidentin in Flensburg, hatte sich einst für Studiengebühren eingesetzt.
In der knapp einstündigen Debatte über den Koalitionsvertrag gab es sehr viel Lob und nur ganz vereinzelt Kritikansätze. Die Jusos rügten das Fehlen einer kritischen Analyse des enttäuschenden Wahlergebnisses: Die SPD landete mit 30,4 Prozent knapp hinter der CDU (30,8), wollte aber deutlich besser abschneiden.
Spoorendonk: SSW-Delegierte schreiben Geschichte
Beim Landesparteitag der Grünen in Neumünster votierten mehr als hundert Delegierte - bei einer Einhaltung ohne Gegenstimmen - für die Vereinbarungen. "Dieses Ergebnis, das wir jetzt haben, ist super“, sagte die bisherige Landeschefin, Eka von Kalben, zum Koalitionsvertrag und fasste damit die Zufriedenheit der Basis zusammen.
Beim SSW-Parteitag in Flensburg betonte die bisherige Fraktionsvorsitzende Anke Spoorendonk, die Delegierten schrieben mit diesem Tag Geschichte. Der SSW beteiligt sich erstmals an einer Landesregierung. Kern des Bündnisses sei ein neuer Politikstil mit neuer Offenheit.
Mit Material von dpa