Pinneberg. Harter Schlag für Caterer des Jahres. Im Sommer kein À-la-carte-Betrieb. Nur der Wein- und Biergarten bleibt. Patrick Diehr erklärt es.
- Das beliebte Goldschätzchen in Pridorf muss eine Zwangspause einlegen
- Vier der zehn Köche haben gleichzeitig ihre Kündigung eingereicht
- Wie die Betreiber jetzt weitermachen wollen
Gefühlt geht es von einer Krise in die nächste. Erst Corona, dann Energiekrise und Inflation. Und nun der akute Fachkräftemangel, mit dem nicht nur die Gastronomiebranche zu kämpfen hat. In Prisdorf ist das dennoch der Grund, warum Gastronom Patrick Diehr, immerhin bundesweit Caterer des Jahres, zu einer drastischen Maßnahme gezwungen ist.
„Ab dem 1. Juni werden wir im À-la-carte-Restaurant des Goldschätzchens in Prisdorf eine Sommerpause einlegen“, sagt er. „Wir haben diese Entscheidung getroffen, um das Team nach dem Weggang von Schlüsselmitgliedern neu zu organisieren und Überlastung im bestehenden Team zu vermeiden.“ Vier von zehn Köchen haben gleichzeitig gekündigt, die Gründe seien individuell. Doch dazu später mehr.
Goldschätzchen Prisdorf muss unfreiwillige Sommerpause machen
Bereits gebuchte Feierlichkeiten im Restaurant Goldschätzchen finden aber statt. „Und wir freuen uns weiterhin über Anfragen für Geburtstage und private Events“, sagt Jennifer Driesen von der Unternehmenskommunikation. Die Pause gelte ausschließlich für das Tagesgeschäft im À-la-carte-Restaurant. „Der Wein- und Biergarten am Peiner Hag 7 ist wie gewohnt geöffnet. Hier können dann auch Restaurant-Gutscheine eingelöst werden.“
Mit dieser strategischen Entscheidung möchte Patrick Diehr die Servicequalität erhalten und das bestehende Team stärken. „Uns ist es wichtig, offen zu diesem Thema zu kommunizieren“, sagt er. Etwas überraschend ist es dennoch: Patrick Diehr war im vergangenen Jahr gerade erst zum Caterer des Jahres ausgezeichnet worden. Den bundesweiten Titel heimste sein Cateringunternehmen Kochfabrik ausgerechnet in der Kategorie „Mitarbeiter-Entwicklung“ ein. Diehr war mit seinem „Be Happy“-Konzept ins Rennen gegangen.
Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und neuer Anforderungen von jungen Arbeitnehmern an ihre Arbeitgeber hatte Patrick Diehr mit seiner Personalabteilung und der Coachin Christine Storm ein umfassendes Gesamtpaket zur Mitarbeiterbindung und -neugewinnung erarbeitet. Dazu gehören eine Vier-Tage-Woche in der Küche, Goodies wie Fahrradleasing, eine Firmenkreditkarte, auf die jeden Monat 50 Euro überwiesen werden, eine Mitgliedschaft im Sportverein.
Gastronom Patrick Diehr kämpft um Fachkräfte
Außerdem wurde die interne Kommunikation verbessert und eine Mitarbeiter-App eingeführt, über die alle Neuerungen kommuniziert werden. „Die können die Mitarbeiter nach Feierabend ausstellen, sodass sich Privates und Berufliches besser trennen lässt“, sagt Jennifer Driesen. Zusätzlich würden so alle Bereiche besser vernetzt und alle Mitarbeiter auf den gleichen Stand gebracht werden.
Neu ist auch die bargeldlose Zahlung, die seit fünf Monaten umgesetzt wird. In den sozialen Medien wurde Diehrs Entscheidung harsch kritisiert. „Aber es war die richtige Entscheidung. Die Mitarbeiter sitzen nicht mehr bis tief in die Nacht hinein, um noch Belege zu sortieren und Bargeld zu zählen“, sagt der 45-Jährige. Die schnellere Abwicklung wiederum spare Personalkosten.
Goldschätzchen in Prisdorf: Kritik an bargeldloser Zahlung
Auch bei den regelmäßigen behördlichen Prüfungen des Betriebes habe die transparente, digitale Variante nur Vorteile. Auf die Höhe des Trinkgeldes habe sich die bargeldlose Zahlung auch nicht negativ ausgewirkt, im Gegenteil, „an manchen Tagen fällt es auch höher aus“, so Diehr. Mithilfe eines neuen Kassensystems gehe das Trinkgeld direkt auf das digitale Konto der Mitarbeiter. Die Höhe der Trinkgelder wird auch veröffentlicht, sodass alles transparent ist.
Trotz seiner Versuche, die Arbeitsbedingungen in der oft nicht ganz einfachen Gastrobranche umzudenken und attraktivere Arbeitsbedingungen zu schaffen, fehlt nun an wichtigen Stellen Fachpersonal. Es liege nicht am Arbeitsklima, versichert Diehr. Die Mitarbeiter hätten sich geregeltere Arbeitszeiten und weniger Stress gewünscht.
Küchenchef verlässt das Goldschätzchen in Prisdorf
„Unser Küchenchef Jake Weisner war sechs Jahre bei uns und hat einen fantastischen Job gemacht. Er möchte beruflich auch Erfahrungen in der Welt sammeln, was nachvollziehbar ist“, sagt der Gastronom. Ein anderer Koch wechsele in eine Seniorenanlage, weil er dort andere Arbeitszeiten hat und damit mehr Zeit für seine Familie. Ein anderer ziehe weg.
Die Gastronomie stecke in der Krise, so Patrick Diehr. Nach Corona habe es zunächst einen Aufschwung gegeben. Doch der sei nun abgeflaut, die Branche erlebe schwierige Zeiten, Gäste blieben aus. „Die Menschen machen sich Sorgen um ihr Geld“, sagt Diehr. Kosten für Miete, Strom, Wärme, Lebensmittel seien gestiegen, auch die Personalkosten.
Gastronom hadert mit Mehrwertsteuer von 19 Prozent
Und dann wurde in diesem Jahr die Mehrwertsteuer wieder auf 19 Prozent angehoben. Eine politische Entscheidung, die den Gastronomen zu schaffen macht. „Ich kann nur an die Politik appellieren, das wieder rückgängig zu machen und auch die Bürokratie abzubauen“, sagt Patrick Diehr.
Die idyllische Lage des Restaurants mitten in der Natur habe zudem einen Nachteil: Diehr kann nicht auf Laufkundschaft setzen. „Wir sind ein wunderschönes Ausflugslokal im Naturschutzgebiet und am besten mit dem Auto zu erreichen“, sagt Diehr.
Goldschätzchen Prisdorf: bestehendes Team soll geschützt werden
Nun gehe es darum, die verbliebenen Köche zu schützen. Darum habe er sich entschieden, mit dem À-la-carte-Restaurant in die Sommerpause und danach gestärkt in den Herbst zu gehen. Im Sommer wollen Diehr und sein Team sich auf den Wein- und Biergarten konzentrieren.
Der Auftakt am 1. Mai sei gelungen, das Wetter spiele mit. 400 Plätze bietet der Garten, hinzu kommen die 150 Plätze auf der Terrasse des Restaurants. Perfekt für große Gruppen und Feiern jeder Art, findet Diehr. Außerdem will er mit verschiedenen Aktionen wie Barbecue, Pfannkuchentag oder Flohmarkt Gäste anlocken.
Goldschätzchen Prisdorf: Biergarten bietet auch Essen
In einem der vier Überseecontainer ist auch eine Küche aufgebaut. Es werden nicht nur Getränke, sondern auch Speisen angeboten. Besonders beliebt sind die Klassiker Currywurst und Pommes, aber auch Burger und Pinsas. Daneben stehen Roastbeef, Caesar Salad und Bowls auf der Karte.
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Auch Hochzeiten, Taufen, Firmenfeiern und andere Events werden weiterhin möglich bleiben. Mit seinem Cateringunternehmen Kochfabrik im Rücken kann Patrick Diehr auch auf einen Pool an Servicekräften auf 520-Euro-Basis zurückgreifen und ist somit flexibel. Die Servicekräfte können über die Mitarbeiter-App sehen, welche Veranstaltungen anstehen und sich dann dafür melden. So kann Diehr einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltungen garantieren.
Goldschätzchen Prisdorf: Kreativ durch die Corona-Krise
Diehr hat in der Vergangenheit immer wieder flexibel und kreativ auf die Herausforderungen in der Gastronomie reagiert: Während der Corona-Krise stellte er sich mit einem knallbunten Leberkäse-Drive-in neben das Impfzentrum in Prisdorf, war mit dem Foodtruck auf Hamburger Wochenmärkten unterwegs, bot Wohnmobil-Dinner und Außer-Haus-Verkauf an.
Nun hofft er, dass er die Krise ein weiteres Mal meistern wird und die Gäste nicht ausbleiben. Geöffnet ist mittwochs bis sonnabends von 14 bis 22 Uhr und sonn- und feiertags von 12 bis 22 Uhr.