Kreis Pinneberg. Förderverein für das Ferienheim hat sich indes aufgelöst. Es sind nicht die einzigen Ehrenamtlichen, die ihr Engagement einstellen.

  • Wechsel der Heimleiter: Fünf-Städte-Heim auf Insel Sylt erstmals von Frau geleitet
  • Fünf-Städte-Heim Hörnum: Ehrenamtler stellen freiwillige Arbeit auf Sylt ein
  • Gast im Ferienheim auf Sylt berichtet von Schimmel und Gestank

Erstmals in der Geschichte des Fünf-Städte-Heim auf Hörnum auf der Insel Sylt wird das Ferienheim von einer Frau geführt. Melanie Lübke aus Dortmund ist die neue Heimleiterin. Laut einem Medienbericht soll ihr Mann im Haus als Freizeitleiter und Haustechniker arbeiten.

Das Paar hat eine Tochter (9). Ganz unbekannt ist Sylt der Dortmunderin nicht. Vor 21 Jahren hatte die gelernte Hotelfachfrau in Hotels in Kampen und Wenningstedt gearbeitet und später Betriebswirtschaft studiert. Die 42-Jährige hatte zunächst die frei gewordene Stelle als Hauswirtschaftsleiterin zum 1. Januar 2024 übernommen. Nun ist sie Heimleiterin, leitet ein Team von acht Angestellten, zwei Saisonkräften und zwei Bundesfreiwilligendienstler.

Fünf-Städte-Heim auf Sylt: Wechsel der Heimleiter hat fast schon Tradition

Kein leichter Job, nicht nur, weil das Fünf-Städte-Heim mit 75 Jahren seines Bestehens in die Jahre gekommen ist. Der Job der Heimleitung ist offenbar keiner für längere Zeit.

Immer wieder wechselte die Heimleitung – in den vergangenen sechs Jahren ganze achtmal. Zuletzt hatte Sven Immenroth im März 2023 die Leitung des Heimes übernommen. Nach nicht einmal neun Monaten musste er wieder gehen – nicht ganz freiwillig, auch wenn er einen Aufhebungsvertrag unterschrieben hat. Das Abendblatt hatte darüber berichtet.

Geschicke des Ferienheims auf Sylt erstmals in Händen einer Frau

Holger Kröger hatte die Position über viele Jahre bis 2017 inne. Danach wechselten die Heimleiter in rascher Folge. Es folgten Jürgen Barenberg, Sven Louis, Thomas de Buhr (als Wirtschaftsleiter), Michael Finnern (in kommisarischer Leitung), Torge Sievers, Guido Gosch und Alexander Kula. Nie schien einer gut genug. Nun liegen die Geschicke des Ferienheims in den Händen einer Frau.

Das Fünf-Städte-Heim ist seit 1948 ein kostengünstiges Feriendomizil für Kinder und Jugendliche. Träger der Einrichtung sind die Städte und Gemeinden Pinneberg, Elmshorn, Wedel, Tornesch, Uetersen und Neuendeich aus dem Kreis Pinneberg sowie die Stadt Kellinghusen aus dem Kreis Steinburg, deren Bürgermeister den Vorstand bilden. Den Vorsitz hat Volker Hatje, Oberbürgermeister in Elmshorn. Das operative Geschäft vor Ort liegt bei Reinhold Bauerfeld, dem ehemaligen büroleitenden Beamten der Stadtverwaltung Uetersen.

Fünf-Städte-Heim auf Sylt noch zukunftsfähig?

Ist das Fünf-Städte-Heim noch zukunftsfähig? Gibt es ausreichend Fachpersonal, um den Betrieb zu gewährleisten? Gibt es Neuerungen für die kommende Saison? Auf mehrfache Nachfrage des Abendblattes bei der Geschäftsführung, wie es mit dem Heim weitergehe, fielen die Antworten in den vergangenen Wochen schmallippig aus.

„Ich bin optimistisch, dass wir die Herausforderungen für die Zukunft meistern und das Haus für die Kinder und Jugendlichen erhalten werden, einschließlich des Personals. Dazu gehören selbstverständlich auch Fragen der Organisationsform“, sagt Elmshorns Oberbürgermeister Volker Hatje.

Die aufgeworfene Problematik sei nicht auf das Fünf-Städte-Heim begrenzt, sondern treffe derzeit viele Häuser in Deutschland, so Hatje. So wird zum Beispiel aus dem geplanten großen Umbau des Hamburger Jugenderholungsheims Puan Klent auf der Insel Sylt erst mal nichts, weil Bundesmittel fehlen.

Ehrenamtler stellen freiwillige Arbeit am Fünf-Städte-Heim auf Sylt ein

Dort, wo öffentliche Gelder knapp bemessen sind, ist man häufig auf ehrenamtliches Engagement angewiesen. Auch im Fünf-Städte-Heim gab es über viele Jahre Unterstützung seitens Ehrenamtlicher. Doch die brechen nach und nach weg, auch weil der Umgang mit den Heimleitern in der Vergangenheit von ihnen kritisch gesehen wird. Das hatten sie dem Vorstand und der Geschäftsführung im November schriftlich mitgeteilt.

Engagierte Jugendgruppenleiter und Förderverein hatten den Kiosk im Fünf-Städte-Heim 2017 wiederbelebt und bis voriges Jahr aufrechterhalten.
Engagierte Jugendgruppenleiter und Förderverein hatten den Kiosk im Fünf-Städte-Heim 2017 wiederbelebt und bis voriges Jahr aufrechterhalten. © Michael Rahn | Michael Rahn

Auch der Kiosk im Ferienheim war von Ehrenamtlichen betrieben worden. Nach mehr als 15 Jahren ehrenamtlichen Engagements haben sie nun ein Schreiben von Volker Hatje erhalten, in dem er ihnen mitteilt, dass ihre Hilfe künftig nicht mehr benötigt werde.

Kiosk im Fünf-Städte-Heim soll nicht mehr von Ehrenamtlichen geführt werden

„Aufgrund der Ereignisse im vergangenen Jahr haben wir uns entschieden, die Organisationsstruktur im Fünf-Städte-Heim Hörnum komplett zu überarbeiten. Infolgedessen werden wir künftig den Kiosk in hauseigener Regie und Verantwortung betreiben. Auf eine externe Beteiligung werden wir in 2024 daher verzichten“, schreibt Volker Hatje.

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Auch der Förderverein Fünf-Städte-Heim e.V. hat sich kürzlich aufgelöst. „Wir haben uns als Vorstand geschlossen entschieden, aufzuhören“, sagt Schatzmeister und Gründungsmitglied Axel Hartmann. Die Jahreshauptversammlung sollte eigentlich im Dezember stattfinden, musste aber krankheitsbedingt auf den März verschoben werden. Nun ist der Vorstand geschlossen zurückgetreten und der Verein Geschichte.

Seminarteilnehmerin berichtet von Schimmel und Gestank

Das Fünf-Städte-Heim auf Sylt aus dem Jahr 1947 ist stark sanierungsbedürftig und nicht mehr zeitgemäß. Es gibt auf den Fluren Gemeinschaftsbäder für die Vier- und Sechs-Bett-Zimmer, es fehlen Aufenthalts- und Seminarräume. Trotzdem werden dorthin nicht nur Ferienfahrten angeboten, sondern auch Bildungsurlaube.

Engagierte Betreuer sowie Förderverein renovierten unter anderem den großen Treffpunkt im Obergeschoss des Altbaus sowie die gemütliche Lounge vor den Esssälen.
Engagierte Betreuer sowie Förderverein renovierten unter anderem den großen Treffpunkt im Obergeschoss des Altbaus sowie die gemütliche Lounge vor den Esssälen. © Michael Rahn | Michael Rahn

Eine Seminarteilnehmerin aus Bremen, die beim Landessportbund Bremen einen Bildungsurlaub im Fünf-Städte-Heim gebucht hatte, schilderte dem Abendblatt ihre Erfahrungen vor Ort. „Der Zustand ist gesundheitsschädlich. Es gibt Schimmel an den Wänden, in den Fluren verdreckte Mülleimer, fleckige Wände, keine oder nur schlechte Beleuchtung und es stinkt nach Fäkalien. So etwas Erholungsheim zu nennen, ist ein schlechter Witz. Das einzig Gute ist die Lage und das Essen sowie das nette Personal in der Küche“, sagt Chrissi Hagen.

Teil des Grundstücks auf Sylt soll verkauft werden, bislang ohne Erfolg

Und weiter: „Wir mussten uns in einem kalten, schmutzigen und zugigen Raum, der für 14 Leute nicht ausreichend war, auf dem Dachboden auf den Boden legen, um Entspannungsübungen zu machen und konnten abends nie irgendwo zusammensitzen, weil es in dem Fernsehraum Schimmel gab und im Raum mit den Palettensofas – der einzige mit Wlan-Empfang – so sehr nach Fäkalien aus dem Kanal stank, dass einem übel wurde.“ Sie hatte versucht, den Bildungsurlaub zu reklamieren, ohne Erfolg.

Vier Millionen Euro müssten in das Haus investiert werden. Das Geld sollte aus einem Grundstückskauf generiert werden, der gescheitert ist. Der Verein versucht seit rund zwölf Jahren schon, 13.000 Quadratmeter des insgesamt 48.000 Quadratmeter großen Grundstücks zu verkaufen. Zuletzt wollte die Norderstedter Baugenossenschaft Adlershorst dort 137 Wohnungen errichten und scheiterte am Bürgerbegehren.