Hörnum. Norderstedter Baugenossenschaft Adlershorst wollte bezahlbaren Wohnraum bauen. Warum sie sich am Ende doch vom Deal distanzierte.

Das Fünf-Städte-Heim, ein kostengünstiges Feriendomizil für Kinder und Jugendliche auf der eigentlich gar nicht so erschwinglichen Urlaubsinsel Sylt, will einen Teil seines Grundstücks verkaufen – und das schon seit 2016. Der verantwortliche Fünf-Städte-Verein, ein Zusammenschluss der Städte Pinneberg, Elmshorn, Wedel, Tornesch, Uetersen, Kellinghusen und Neuendeich, hat den Erlös dringend nötig. Schließlich steht eine Komplettsanierung auf der Wunschliste des Vereins, für die das nötige Eigenkapital fehlt.

Das Problem: Immer wieder platzen die Deals mit den Investoren, die das feilgebotene Areal in Hörnum-Nord gern kaufen und neu bebauen würden. Erst Ende 2020 war das Elmshorner Wohnungsunternehmen Semmelhaack überraschend abgesprungen. Dann hatte sich die Adlershorst Baugenossenschaft eG mit Sitz in Norderstedt für den Erwerb und die Neubebauung des Grundstücks interessiert. Erst in der vergangenen Woche hat auch sie die Notbremse gezogen.

Sylt: Wohnprojekt geplatzt – Bürgerbegehren hat Adlershorst vertrieben

Angesichts der hervorragenden Lage des Fünf-Städte-Heim-Grundstücks an der Südspitze Sylts erscheint der Heckmeck um dessen Verkauf verwunderlich. Zumal die zwölf Gebäude mit insgesamt 133 bezahlbaren Wohnungen, die die Adlershorst Baugenossenschaft auf dem Gelände errichten wollte, auch den Insulanern zugutegekommen wären.

Ein Entwurf der Adlershorst Baugenossenschaft aus Norderstedt: 121 Wohnungen hätten in Hörnum auf Sylt entstehen sollen – doch Inselbewohner verhinderten das Projekt.
Ein Entwurf der Adlershorst Baugenossenschaft aus Norderstedt: 121 Wohnungen hätten in Hörnum auf Sylt entstehen sollen – doch Inselbewohner verhinderten das Projekt. © Plan2A Architekten / Adlershorst Baugenossenschaft | Plan2A Architekten / Adlershorst Baugenossenschaft

Denn bezahlbarer Wohnraum ist auf der Insel Mangelware. Von den 121 Adlershorst-Dauerwohnungen für Insulaner sollten 55 öffentlich gefördert und mit niedrigen Mieten ab 6,25 Euro pro Quadratmeter Mietfläche angeboten werden.

Wohnen auf Sylt: Inselbewohner verhindern Wohnungsbau in Hörnum

Allerdings: Gerade die Inselbewohner haben das Unterfangen verhindert. Ein Bürgerbegehren, initiiert von drei Hörnumerinnen, hatte diverse Kritikpunkte an den Plänen Adlershorsts umfasst. Dass die Baugenossenschaft durch den Erwerb des Grundstücks über die Belegung der Wohnungen entscheiden dürfte – statt der Gemeinde und Bürgern – bemängelten die Hörnumerinnen.

Auch den angestrebten Quadratmeterpreis der frei finanzierten Neubauwohnungen von zuletzt 19,50 Euro und deren „wuchtige Geschossbauweise“ hielten sie für nicht haltbar. Weil der Kreis Nordfriesland der Initiative recht gab, wären auf den Investor Adlershorst ungeplante Kosten und Verzögerungen im Projektablauf zugekommen.

Adlershorst distanziert sich wegen „teilweise nicht erfüllbarer Forderungen“

Dabei tun die zuletzt stark gestiegenen Baukosten ihr Übriges – und geringe Mietpreise von rund zehn Euro pro Quadratmeter Mietfläche auch für die frei finanzierten Wohnungen, wie sie sich die Bürgerinitiative erträumt hat, sind erst recht utopisch geworden.

„Irgendwann geht es nicht mehr“, so Uwe Wirries, der Adlershorst-Vorstandsvorsitzende. „Wir bedauern diese Entwicklung, aber am Ende müssen wir aufgrund der zu weit gehenden und teilweise nicht erfüllbaren Forderungen von diesem Projekt Abstand nehmen.“

Adlershorst habe in den vergangenen Monaten vergeblich versucht, eine Einigung herbeizuführen. „Die Hürden und Anforderungen wurden so hochgelegt, dass sowohl eine wirtschaftliche Realisierung als auch die Einhaltung der genossenschaftlichen Grundsätze nicht mehr möglich sind. Leidtragende sind vor allem die Sylter, die dringend eine bezahlbare Dauerwohnung suchen“, ergänzt Vorstandskollege Hendrik Pieper.

Baugenossenschaft wollte 121 Wohnungen aus Sylt bauen

Fraglich ist, ob sich die Sylter Bürgerinitiative mit dem Vorgehen gegen das Bauprojekt letztlich einen Gefallen getan hat. „Das versteht kein normaler Mensch: Da will mit der Adlershorst Baugenossenschaft ein anerkannter sozialer Vermieter auf Sylt 121 Wohnungen für die Inselbewohner bauen – und die Menschen vor Ort sperren sich“, so Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsuntenrehmen zum Aus des Wohnungsbauprojekts in Hörnum.

„Ich hätte mir gewünscht, dass die Zivilgesellschaft, die sonst stets rasch dabei ist, soziale Ungerechtigkeit zu beklagen, ihre Stimme erhebt. Stattdessen stand die Adlershorst Baugenossenschaft allein.“ Fünf-Städte-Vereinsvorsitzender Volker Hatje zweifelt ebenfalls daran, wie klug die Hörnumer Bürgerinitiative gehandelt habe: „Zehn Euro pro Quadratmeter bei den derzeitigen Baukosten – und das auf Sylt? Wie soll das gehen? Das ist doch Wunschdenken.“

Fünf-Städte-Heim kommt über die Runden – aber Sanierung muss warten

Das Ende vom Lied: Nach jahrelangem Hin und Her resigniert Hörnums Bürgermeister Rolf Speth. „Für mich ist das verbrannte Erde, ich werde keinen neuen Anlauf auf dem Gelände unternehmen, unter diesen Voraussetzungen macht das keinen Sinn. So kann überhaupt keiner mehr Politik machen“, sagt er.

Denn ob das zum Verkauf stehende Fünf-Städte-Heim-Areal überhaupt bebaut werden darf, darüber hat die Gemeinde Hörnum die Handhabe. Immerhin gilt vor Ort gesetzlicher Biotopschutz. Ohne den Rückhalt der Gemeinde kann der Fünf-Städte-Verein – ein privater Besitzer – die Flächen nicht in Bauland umwandeln lassen.

Sylt: Wohnprojekt in Hörnum nicht „komplett gescheitert“

Besiegelt der geplatzte Adlershorst-Deal also das Ende des Verkaufsbestrebens des Fünf-Städte-Vereins? Nein, da bleibt Vereinsvorsitzender Hatje optimistisch: „Der Verkauf der Fläche ist hiermit nicht komplett gescheitert“, meint er.

„Ich kann die Entscheidung von Herrn Speth verstehen. Er hat sich ja persönlich sehr an dem Thema abgearbeitet, da gibt es auch viele Emotionen. Im nächsten Jahr ist Kommunalwahl, bis dahin wird das Thema verständlicherweise für ihn nicht mehr zur Disposition stehen“, sagt Hatje – und verweist auf eine Zeit nach den Wahlen, in der der Grundstücksverkauf doch noch glücken könnte. Die Komplettsanierung des beliebten Schullandheims liegt jedoch vorerst wegen fehlenden Eigenkapitals auf Eis.