Kreis Pinneberg. Der Pinneberger freut sich, und der Bayer staunt: Was die kleinen, heimischen Brauereien im Sortiment haben.
- In Hetlingen wird das Elbstil gebraut
- Ida: Auf die Idee, ein Bier nach der eigenen Oma zu benennen, muss man erst mal kommen
- Wie geht es mit dem Quickborner Lorenbier weiter?
Die mit Abstand höchste Brauereidichte Deutschlands hat – oh Wunder – Bayern. Wer sich jedoch angesichts der süddeutschen Biervielfalt holsteinische Erzeugnisse entgehen lässt, verpasst so manchen guten Tropfen.
Selbst im Kreis Pinneberg stellen gleich mehrere wackere Brauereien ihr eigenes Bier her. Was die regionalen Pilsener, Craftbeers und Lager geschmacklich ausmacht und wo sie sich probieren lassen, haben wir für Sie herausgefunden.
Bier aus Pinneberg: Das Hetlinger Restaurant Elbstil braut selbst
Hannes Hillermann, einer der Köpfe des Hetlinger Restaurants Elbstil, ist gelernter Mälzer und Braumeister. Bei der Eröffnung des Lokals vor fast genau einem Jahr „lag deshalb auf der Hand, dass wir unser eigenes Bier herstellen“, sagt er.
Und nachdem Hillermann sich einige Monate lang in der Wackenbrauerei eingerichtet und an seiner eigenen Geschmackskomposition gefeilt hatte, konnten die ersten Liter seines Elbstil-Pils pünktlich zum Himmelfahrtstag 2023 durch den Zapfhahn fließen. „Für den Start war das wunderbar, da gingen gleich vier, fünf Fässer über den Tresen“, erinnert er sich.
Norddeutscher Brauer mit Münchner Meistertitel
Das unfiltrierte Elbstil-Bier „liegt irgendwo zwischen einem Pils und einem Hellen“, habe eine weniger bittere Aromahopfung als andere norddeutsche Biere und sei „schlank“ mit einer nur geringe Restsüße, erzählt der Brauer, der in Wedel aufwuchs, das Handwerk in der Hannoverschen Gilde-Brauerei erlernte und seinen Meistertitel in München erlangte.
Mittelfristig würde Hillermann sein Sortiment gern erweitern, etwa um ein Schwarz- oder Braunbier, aber auch die Herstellung eines Weizenbieres oder von Saisonsorten wie Bockbier könnte er sich vorstellen. Bis es soweit ist, darf er sich freuen, wie der König-Pilsener-Ausschank im Restaurant Elbstil zugunsten seines eigenen Bieres beständig abnimmt. Denn das Elbstil-Bier gibt es derzeit konsequenterweise ausschließlich im gleichnamigen Hetlinger Restaurant zu erwerben, allerdings auch in Flaschen für den Hausgebrauch.
Macht Bier mobil: Marco Hurtig von der Pinnauer Provinzbrauerei
Marco Hurtig – gestartet als Autodidakt, doch nun ausgebildeter Hausbrauer und Biersommelier – von der Pinnauer Provinzbrauerei macht Bier mobil. Er hat mittlerweile keine feste Verkaufsstelle mehr, auch wegen krisenbedingt stark gestiegener Nebenkosten, sondern bietet einen Bier-Lieferservice per Facebook an. Außerdem präsentiert er seine alkoholischen Kreationen im Schankwagen auf diversen Festivitäten in Norddeutschland.
Zuletzt konnten Bier-Liebhaber Hurtigs Braukunst beim Halloween-Fest auf dem Drosteiplatz in Pinneberg verkosten und auch beim Lichterfest Rellingen. Am 17. Dezember beim Winterzauber am Golfpark Peiner Hof in Prisdorf wird sein Bier ebenfalls angeboten. Zudem schenkt Meusels Landdrostei Bier aus der Pinnauer Provinzbrauerei aus.
Braukurse machen aus Bierliebhabern Hobbybrauer
„Ich sehe mich nicht als Craftbeer-Brauer, sondern als jemand, der handwerklich gebraute Biere herstellt“, sagt Hurtig, der bei der Produktion großen Wert auf die Auswahl der Rohstoffe und eine fachmännische Lagerung legt. „Ich bin ein Verfechter traditioneller Bierstile. Das heißt, ich möchte den Massengeschmack treffen, aber Leute sollen erkennen, dass das kein Allerweltsbier ist.“
Besonders hätten es ihm daher untergärige Biere angetan, auch wenn deren Herstellung deutlich komplizierter sei als die obergäriger. Hurtigs Hauptgeschäft ist das Festbier Provinz-Märzen. Außerdem produziert er in den Räumen des Hamburg-Wilhelmsburger Bio-Brauwerks Wildwuchs Braunbier sowie Pils und Zwickel.
Wenn er gerade nicht selbst braut oder durch die Lande reist, gibt Hurtig seine Fertigkeiten an andere weiter. Unter anderem im Wedeler Stadtmuseum veranstaltet er Braukurse; Kostenpunkt rund 100 Euro pro Person. „Das Hobbybrauen ist gerade im Trend“, erzählt er. „Wenn ich Kurse mache, fangen hinterher häufig ein paar Leute an, selbst zu brauen, kaufen sich die Grundausstattung und lassen sich noch einmal von mir beraten.“
Englishman in Elmshorn: Simian Ales im „Taproom“
Der Englishman in Elmshorn, das ist Ian Faulkner. Nach seinem Philosophiestudium in Manchester zog es den in Oxford Geborenen zunächst nach London, dann nach Prag, Berlin und nun (wieso auch nicht?) nach Elmshorn.
In den 2010er-Jahren sei die Biervielfalt hier im Norden Deutschlands noch nicht sonderlich groß gewesen, meint der Brite. Weshalb er begann, selbst zu brauen. Seit 2018 betreibt er gemeinsam mit seiner Frau den Mini-Familienbetrieb Simian Ales in Elmshorn.
Der „Taproom“, so nennt sich der Bereich um die Zapfanlage in Großbritannien, wo regelmäßig Bierverkostungen stattfinden, sei zwar stets gut gefüllt. Dennoch würde sich Faulkner freuen, endlich mit Elmshorner Gastronomen kooperieren und auch dort seine Biere ausschenken zu können. Faulkners Portfolio umfasst eine Auswahl von Lagers und typisch britischen Ales, die allesamt ausbalancierte, nicht zu extreme Geschmäcker aufweisen.
Pinneberger Ida-Brauerei sucht neuen Inhaber
Auf die Idee, ein Bier nach der eigenen Großmutter zu benennen, muss man auch erst einmal kommen. So wie die beiden Brüder Torben und Clemens Wolpers: Ihr Unternehmen „Ida“ beschreiben sie selbst als eskalierte Hobbybrauerei, doch dafür betreiben sie es seit rund vier Jahren ziemlich erfolgreich.
Ihren Sitz haben die Idas in den Räumlichkeiten des ehemaligen Biogeschäfts ihrer Eltern an der Pinneberger Oeltingsallee, wo Gäste das Bier zu Speisen aus dem angeschlossenen Restaurant genießen können. Von Pils über Porter bis Indian Pale Ale (IPA) haben sich die Wolpers-Geschwister ein beachtenswertes Sortiment aufgebaut.
Dennoch ist bald Schluss mit Ida – zumindest für die beiden Gründer. Wie sie kürzlich auf ihrer Facebookseite verkündeten, gedenken die Geschwister, das Unternehmen in die nächsten Hände zu geben. Idealerweise an jemanden, „der schon lange von einem großartigen und vor allem eigenen Restaurant träumt oder auch ein Unternehmer, der in ein tolles Konzept investieren will“, schreiben sie auf ihrer Facebookseite.
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Quickborner Torfbier-Brauerei entwickelte sich aus Garagen-Projekt
Zumindest teilweise vom Brauhandwerk abgewendet haben sich auch Oliver Steinmetz und Arne Scheidel aus der Quickborner Torfbier-Brauerei. Die beiden Handball-Sportsfreunde hatten das Brauhandwerk während der Corona-Pandemie als Hobby entdeckt – Bierlaune quasi. Die ersten Schritte machten sie mit einem bei Amazon bestellten Braukit und viel, viel Lektüre.
So entwickelte sich aus dem anfänglichen Garagen-Projekt schon bald ein Garagen-Gewerbe. Das Lorenbier der Torfbier-Brauerei, dem Namen nach eine Hommage an die Torfloren des Himmelmoors, war bis vor Kurzem etwa Teil des Sortiments im Quickborner Unverpackt-Laden Un.fairpaqt.
Bürokratie frisst Brauerei: Wie es mit dem Lorenbier weitergeht
Trotz allen Spaßes, den die beiden an der Bierherstellung haben, lösten Steinmetz und Scheidel den Betrieb dennoch vor wenigen Wochen auf. Neben ihrer eigentlichen Berufstätigkeit und dem „Haupthobby Handball“, so Steinmetz, war es den beiden kaum möglich, das Gewerbe zu führen.
Schuld daran trage auch die Masse an Bürokratie, die mit dem gewerblichen Brauen einhergeht, berichtet Steinmetz: Finanzamt, Zoll, Handelskammer – irgendwer will immer irgendwas. Zudem gehen all die Meldungen, die bei diversen Ämtern zu tätigen sind, die Abgaben an die Industrie- und Handelskammer (IHK), Steuerberater und Notare sowie die Biersteuer ins Budget. „Gebühren, Gebühren, Gebühren! Das kostet alles ein wahnsinniges Geld und wir mit unserer kleinen Anlage brauchen ja anderthalb Tage, um sechs Kisten zu produzieren“, sagt Steinmetz.
Brauereien in Pinneberg: Biere aus der Region
Vollständig vermiesen lassen sich sich die Torfbier-Brauer das Hobby aber nicht vom „Bürokratiewahnsinn“, sagt Steinmetz. Er und Kollege Scheidel stehen noch immer regelmäßig in der Garage, dürfen nun allerdings lediglich 200 Liter Lorenbier jährlich für den Eigengebrauch herstellen. Das „absolute Naturprodukt“, ungefiltert, ohne Additive und gebraut mit Quickborner Wasser, gibt es fortan daher leider nur für ein ausgewähltes Verkostungspublikum.