Kreis Pinneberg. „Frollein Schütte“ musste jetzt schließen. Andere Unverpackt-Läden im Kreis Pinneberg kämpfen auch, expandieren oder unterstützen sich.
„Frollein Schütte“ hat es schon in die Knie gezwungen. Der Unverpackt-Laden in Pinneberg muss schließen. Denn Ukrainekrieg, Inflation, Fachkräftemangel und verändertes Kaufverhalten haben Markt schwierig gemacht, und zwar für alle Unverpackt-Läden im Kreis Pinneberg. Doch längst nicht jedes Geschäft strauchelt. Wie einige Betreiber mit Mühe versuchen, ihre Geschäfte am Laufen zu halten, während andere schon die Expansion planen.
Unverpackt-Läden im Kreis Pinneberg: Gebeutelt von Inflation und gestiegenen Preisen
Trotz aller Stammkunden musste Melanie Kreibig ihr „Frollein Schütte“, das erste plastikfreie Geschäft im Kreis Pinneberg, kürzlich und nur anderthalb Jahre nach dessen Eröffnung schließen. Die Gründe für das Aus – Inflation, erhöhte Energiekosten und Lebensmittelpreise – überraschen nicht. Kleine Geschäfte haben es derzeit schwer, ihre Kosten zu decken und Gewinne zu machen.
„Frollein Schütte“ ist nicht der einzige Unverpackt-Laden im Kreis, der sich in einem David-gegen-Goliath-Kampf mit multiplen Krisen wähnt. Auch Jannes Meyer von „Simpel Unverpackt Elmshorn“ plagen insbesondere seit Ausbruch des Ukrainekriegs Geldsorgen.
Unverpackt-Laden Elmshorn: Sparen ist das Gebot der Stunde
Dass viele Menschen sparen müssen und sich das Einkaufsverhalten daher ändert, falle ihm im täglichen Geschäft auf: „Ich denke, einige haben jetzt neue Prioritäten und wollen ihr Geld lieber für andere Dinge ausgeben, weshalb sie an Lebensmitteln sparen“, meint Meyer. Er schätzt, dass viele Menschen ihr Budget nun für all jenes nutzen, was ihnen während der Coronakrise versagt blieb.
Zumal das Einkaufen in einem Unverpacktladen, in dem die Waren in der Regel nicht nur verpackungsarm, sondern auch in der Bio-, Regional- und Fairtrade-Variante daherkommen, kostenintensiver ist als in den meisten Supermärkten: „Wir sind einfach kein Discounter. Mit den Preisen können und wollen wir nicht mithalten“, so Meyer. Entgegen aller Vorurteile seien die hochwertigen Lebensmittel in Unverpackt-Läden allerdings nicht unbedingt teurer als vergleichbare Artikel in Geschäften wie Biomärkten und Reformhäusern, sagt er.
Gründung einer Genossenschaft als Rettungsversuch
Harte Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen: „Wir sind letztes Jahr im Januar als GmbH gestartet und haben im Frühjahr dieses Jahres eine Genossenschaft daraus gemacht, weil wir das Geschäft als GmbH nicht mehr länger hätten tragen können“, erzählt er. Jetzt wird der Laden unter einem Vorstand komplett ehrenamtlich geführt. Der Vorteil: Die Gehaltskosten werden vollständig gespart.
Das Modell der Genossenschaft ist für die Branche nicht unüblich. Abgeschaut haben Meyer und sein Team sich diese Variante der Betriebsführung bei ihren Kollegen im Barmstedter Unverpackt-Laden „Köp Man Lose“, der schon seit Eröffnung genossenschaftlich organisiert ist. Hier arbeiten rund 40 ehrenamtliche Helfer stundenweise.
Läden im Kreis Pinneberg helfen sich – statt Konkurrenz zu pflegen
„Immer mehr Unverpackt-Läden müssen schließen oder werden zur Genossenschaft“, so der Eindruck Meyers, nunmehr Vorstandsmitglied. Während der Umstrukturierung von „Simpel Unverpackt Elmshorn“ habe das Team von „Köp Man Lose“ die Elmshorner tatkräftig unterstützt. In der Branche, gerade im Kreis Pinneberg, geht Teamwork schließlich vor Konkurrenzdenken.
„Wir sind mit den Läden sehr gut vernetzt“, sagt Meyer. „Umso trauriger, dass ,Frollein Schütte‘ nicht mehr in der Form dabei sein wird.“ Ganz abbrechen sieht Meyer die persönlichen Kontakte aber auch nach dem Aus des Pinneberger Geschäfts nicht.
Quickborn: Un.fairpaqt will in die „Zero Waste“-Stadt Kiel expandieren
Weniger am Straucheln, dafür auf Expansionskurs ist das Quickborner Geschäft „Un.fairpaqt“, wie Antonia Katlun, Tochter der Inhaberin Tamara Katlun, erzählt. Über die Umwandlung in eine Genossenschaft habe man in Quickborn noch nicht nachgedacht, seien die Katluns doch derzeit beschäftigt mit der Suche nach einer weiteren Ladenfläche in Kiel.
„Wir sind ganz dringend auf der Suche nach einer Fläche“, so Katlun, „denn Kiel braucht als ,Zero Waste‘-Stadt unbedingt einen Unverpackt-Laden.“ Ein solches Geschäft gäbe es in der Landeshauptstadt nämlich noch nicht. Und das, obwohl Kiel als Deutschlands erste zertifizierte „Zero Waste“-City ihre Müllproduktion massiv reduzieren will – und sollte.
Ihre Filiale in Quickborn hatte Katlun im Februar 2022 eröffnet und hatte somit gemeinsam mit Krise und Inflation den Markt geentert. Katlun sieht sogar eine Chance darin, dass die Menschen sparen müssen. Schließlich können sie in einem Unverpackt-Laden exakt nach Bedarf einkaufen: „Wenn man zum Beispiel 30 Gramm Linsen für ein Rezept benötigt, kann man die hier für Centbeträge kaufen und hat am Ende nichts übrig“, sagt sie.
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Unverpackt-Läden in Pinneberg: Zusammenhalt in harten Zeiten
Außerdem müsse es nicht immer ums Geld gehen. Viele Menschen, gerade die Stammkundschaft, schätze schlichtweg das „familiäre Einkaufen“, in dem Quickborner Geschäft, so Katlun. Hier würden sich die Kunden noch abmelden, wenn sie in den Urlaub gingen, damit sie niemand vermisse. Auch das zieht die Kundschaft in den Laden.
Ähnlich positiv empfindet Antonia Katlun das Miteinander der Unverpackt-Läden in der Region: „Im Kreis Pinneberg helfen wir uns gegenseitig gerne mit dem Warenaustausch oder machen gemeinsame Aktionen. Letztes Jahr haben wir zum Beispiel alle zusammen einen Adventskalender gemacht“, sagt sie.
Unverpackt und nachhaltig, dieses Konzept müsse doch Zukunft haben
In schweren Zeiten auf Zusammenhalt zählen zu können, das ist nicht nur Luxus am umkämpften und sonst oft rücksichtslosen Markt, sondern stützt das Thema Nachhaltigkeit, das sich die Unverpackt-Läden auf die Fahne schreiben, auch im sozialen Sinne. Vielleicht ist Jannes Meyer vom just umstrukturierten „Simpel Unverpackt Elmshorn“ deshalb so tiefenentspannt?
Er sagt schließlich: „Ich denke immer: ,Genau so, wie es jetzt in die eine Richtung gegangen ist, wird es früher oder später auch wieder in die andere Richtung gehen.‘“ Das bleibt wohl zu hoffen.