Elmshorn. Jamal H. (22) steht seit sieben Monaten wegen versuchten Totschlags vor Gericht. Wann die Beteiligten mit einem Prozessende rechnen.

Seit fast sieben Monaten befasst sich das Landgericht Itzehoe mit einer Messerattacke am Pinneberger Bahnhof. Mittlerweile befindet sich der Prozess gegen Jamal H. (22), dem versuchter Totschlag vorgeworfen wird, auf der Zielgeraden. Anfang August soll das Urteil fallen – dann nach mehr als 20 Prozesstagen.

Am Donnerstag waren drei Kripo-Beamte als Zeugen geladen. Zwei von ihnen, die für das Kommissariat 1 (Mordkommission) der Bezirkskriminalinspektion Itzehoe arbeiten, hatten bereits mehrfach in dem Verfahren ausgesagt. Ihre Vernehmungen waren aus Zeitgründen nicht abgeschlossen, sondern nur unterbrochen worden.

Bluttat in Pinneberg: Messerstich nach Videodreh – „Mit dem Ableben war zu rechnen“

Laura H. war das erste Mal da. Sie arbeitete am 6. Juli vergangenen Jahres, dem Tag der Messerattacke, beim Kriminaldauerdienst der Kriminalpolizei. Als gegen 3.15 Uhr der Notruf alarmiert wurde, war sie mit einer Kollegin zufällig nahe des Einsatzortes.

„Wir waren der zweite Wagen, der vor Ort eintraf, ein Wagen der Schutzpolizei war vor uns da“, erinnert sich die Beamtin. Normalerweise kämen sie und ihre Kollegen erst deutlich später an die Tatorte. „Das Opfer lag noch auf dem Boden, die Kollegen der Schutzpolizei leisteten erste Hilfe.“

Bluttat in Pinneberg: Polizisten leisten dem Opfer erste Hilfe

Der Tatort habe im Bereich der Bahnhofsunterführung An der Mühlenau gelegen, das Opfer befand sich direkt am Ende des Treppenaufgangs. „Eine Kollegin der Schutzpolizei kniete neben dem Opfer und hat auf den Bauchbereich gedrückt“, so die Beamtin.

Sie habe von der Kollegin gehört, dass der niedergestochene Mohmen A. (19) nicht ansprechbar sei und das Teile des Darms freigelegt worden seien. „Ich war in der Situation etwas überfordert“, räumte die junge Kripobeamtin ein.

Bluttat am Bahnhof: Eine Reinigungskraft wählte nach der Messerattacke den Notruf

Sie habe sich das Opfer gar nicht genauer angeguckt („Ich würde ihn nicht wiedererkennen“), sondern sich ihrer eigentlichen Aufgabe zugewandt: der Befragung von eventuellen Tatzeugen. „Drei Personen waren noch vor Ort.“

Eine sei eine Reinigungskraft gewesen. Der Mann, der für die Sauberkeit des Bahnhofs zuständig war, habe angegeben, einen Streit zwischen mehreren Männern mitangehört zu haben. Als er den Ort der Streiterei erreicht habe, sei eine Person am Boden gelegen, die übrigen seien geflüchtet. Er habe dann den Notruf gewählt und erste Hilfe geleistet.

Verteidiger überlegen, noch eine weitere Kripo-Beamtin als Zeugin zu hören

Der zweite Zeuge sei zum Bahnhof geradelt, weil er von dort mit der Bahn zur Arbeit wollte. Ihm seien auf dem Weg zum Bahnhof zwei Personen rennend entgegengekommen, die etwas in der Hand hielten. Eine genauere Beschreibung habe der Zeuge nicht abgeben können.

Den dritten Zeugen, so gab die Kripo-Beamtin an, habe ihre Kollegin alleinverantwortlich vernommen. Sie habe im Anschluss die Angaben des Mannes mit Hilfe der Notizen der Kollegin verschriftlich. Genau bei dieser Befragung hatten die Verteidiger Lino Peters und Uwe Maeffert einige Unklarheiten ausgemacht. Sie überlegen nun, per Beweisantrag auch die Kollegin der Kripo-Beamtin als Zeugin laden zu lassen.

Angeklagte soll „den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen haben“

Im Anschluss gingen die Verteidiger sehr detailliert und kleinteilig mit den Beamten der Mordkommission Bertil T. und Kornelia K. die von ihnen geführten Vernehmungen durch.

Dem Angeklagten Jamal H. (22) wird in dem Prozess vorgeworfen, Mohmen A. mit einem Stich in den Bauch lebensgefährlich verletzt zu haben – aus Ärger, weil dieser eingeschritten war und den Angeklagten von einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem weiteren Beteiligten abhalten wollte. Dabei habe er laut Anklage den Tod des Opfers billigend in Kauf genommen.

Bluttat von Pinneberg: Notarzt rechnete mit Ableben des Opfers

Wie schwerwiegend die Wunde war, berichtete am Donnerstag, 20. Juli, Laura H. dem Gericht. Ihren Angaben zu Folge habe der Notarztwagen fast 45 Minuten am Bahnhof gestanden, ehe Mohmen A. soweit stabilisiert war, dass zumindest die Fahrt ins Krankenhaus angetreten werden konnte. Der Notarzt habe ihr berichtet, so Laura H., dass „mit dem Ableben des Opfers zu rechnen“ sei.

Dank einer Notoperation überlebte der 19-jährige Hamburger. Er hat in dem Prozess ein ihm zustehendes Aussageverweigerungsrecht genutzt – ebenso wie der Angeklagte, der seit fast einem Jahr in Untersuchungshaft sitzt. Einen Antrag der Verteidiger, den Haftbefehl aufzuheben, hatte die Kammer während des Verfahrens abgelehnt.

Bluttat von Pinneberg: Vorausgegangen war ein Musikvideodreh in Bahnhofsnähe

Zehn junge Männer hielten sich zum Zeitpunkt der Messerattacke am Bahnhof auf. Die meisten von ihnen hatten zuvor an einem Dreh eines Rap-Musikvideos im benachbarten Bahnhofsparkhaus teilgenommen. Mit Ausnahme eines Hauptbelastungszeugen hatten die meisten Beteiligten angegeben, den fast tödlichen Messerstich nicht mitbekommen zu haben.

Laut aktueller Planung des Gerichtes soll am Donnerstag, 27. Juli, die Beweisaufnahme abgeschlossen und plädiert werden. Die Urteilsverkündung ist dann für die erste Augustwoche vorgesehen. Eventuelle weitere Anträge der Verteidiger könnten diesen Zeitplan noch über den Haufen werfen.