Elmshorn/Itzehoe. Rechtsmedizinerin Fitzek wollte im Landgericht Itzehoe die Bilder vom Tatort zeigen. Doch dann musste sie einem jungen Richter helfen.
- Bei Doppelmord-Prozess in Itzehoe kommt es zu einem Zwischenfall
- Beisitzender Richter verliert beim Zeigen von Tatortfotos das Bewusstsein
- Gerichtsmedizinerin Fitzek muss Erste Hilfe leisten
Drei Gerichtsmediziner sollten am Mittwoch im Prozess um den Doppelmord von Elmshorn aussagen. Doch lediglich Dr. Antonia Fitzek kam vor dem Landgericht Itzehoe an die Reihe – weil es während ihres Gutachtens auf der Richterbank zu einem medizinischen Notfall kam.
In der Folge leistete die Gerichtsmedizinerin zunächst Erste Hilfe, ehe sich ihr Patient nach einer längeren Pause erholt hatte und sie ihrer eigentlichen Aufgabe wieder nachgehen konnte.
Ihre beiden Kolleginnen, die für die Obduktion verantwortlich waren und die Verletzungen der Opfer noch genauer dokumentiert haben, müssen nun an einem späteren Termin wiederkommen. Noch hat die Schwurgerichtskammer im Mordprozess gegen Hussein M. (40) fünf weitere Termine bis zum 24. Februar angesetzt.
Nach Schockfotos von Toten: Richter kippt im Elmshorner Mordprozess um
Für die ungewollte Unterbrechung sorgte ein beisitzender Richter, der nach Abschluss seines Referendariats erst seit einem Monat am Landgericht tätig und für den es der erste große Prozess dieser Art ist. Als die Gerichtsmedizinerin gerade das letzte von 60 Fotos, die den Tatort und die Verletzungen der beiden Mordopfer im Detail zeigten, kommentiert hatte, fiel der junge Richter-Neuling augenscheinlich in Ohnmacht. Ob es an den Bildern oder einer anderen medizinischen Ursache lag, wurde nicht bekannt.
Dr. Antonia Fitzek (32) vom Hamburger Institut für Rechtsmedizin war am 9. Juli vorigen Jahres zum Tatort an der Friedenstraße gerufen worden, um in der Wohnung der Mordopfer die äußere Leichenschau zu absolvieren. Zuvor hatten Polizeikräfte die Wohnungstür aufgebrochen und in einem der beiden Zimmer Zahra H. (23) und Yusra B. (19), die dort in einer WG lebten, tot aufgefunden. Die Leichen lagen in Seitenlage, einander zugewandt, in einer großen Blutlache auf dem Fußboden.
Elmshorn: Hoher Blutverlust durch multiple Stichverletzungen
„Bei unserer Ankunft waren die Leichen bereits vom Rettungsdienst auf den Rücken gedreht worden“, so die 32-Jährige. Gegen 13.42 Uhr habe der Notarzt den Tod der Frauen festgestellt, etwa fünfeinhalb Stunden später – nach Abschluss der Spurensicherung – hätten die Rechtsmediziner ihre Arbeit beginnen können.
„Die Opfer sind aufgrund der multiplen Stichverletzungen nach außen ausgeblutet“, berichtet die Expertin. Bei Yusra B. seien 18 Stich- und Schnittverletzungen zu sehen gewesen, fünf davon hätten Brust und Bauch getroffen, sechs den Rücken. Auch tiefgreifende Abwehrverletzungen an Händen und Armen seien auffällig.
Die Expertin sprach von tiefen, klaffenden Wunden, die die Brust- und Bauchhöhle eröffnet hätten. Bereits einer der Stiche in die oberen Extremitäten hätte ausgereicht, um tödliche Verletzungen beizubringen. Mehrere der Verletzungen seien dem Opfer nach dem Ableben beigebracht worden.
Mordprozess: Große blutführende Gefäße getroffen
Gleiches gelte auch für Zahra B., bei der 20 Stich- und Schnittverletzungen dokumentiert wurden. Neun davon trafen Brust und Bauch, drei den Rücken, ein Stich die rechte Halsseite. Dabei seien große blutführende Gefäße wie etwa die Bauchschlagader eröffnet worden. Auch dieses Opfer weise erhebliche Abwehrverletzungen auf.
Anhand von Blutspritzern an der Flurwand geht die Rechtsmedizinerin davon aus, dass die Attacke im Flur begann und sich dann in das Zimmer verlagert hat, in dem die beiden Leiden entdeckt worden sind. So hatte es auch der Angeklagte Hussein M., der kurzzeitig mit dem älteren Opfer liiert war, in seiner Einlassung vor Gericht dargestellt. Beide stammen aus Eritrea und hatten sich in Ägypten in einem Flüchtlingslager kennengelernt.
Landgericht Itzehoe: Video-Geständnis des Angeklagten wird gezeigt
Am Nachmittag sollte im Gerichtssaal noch die Videovernehmung des Angeklagten bei der Polizei gezeigt werden. In diesem etwas mehr als zweistündigen Dokument gesteht der 40-Jährige die Morde an seiner Ex-Freundin, die sich von ihm abgewandt und ihn dadurch tief verletzt habe, und deren Mitbewohnerin. Weil kein Anwalt zugegen war, hatte seine Verteidigerin Katja Münzel die Einbeziehung in das Verfahren bestandet.
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Sie hatte zu Prozessbeginn im Namen ihres Mandanten das Geständnis widerrufen und eine schriftliche Einlassung verlesen, die in mehreren Punkten von der polizeilichen Aussage abweicht. Zwar räumt Hussein M. darin die Tötung der beiden Frauen ein, es fehlen jedoch die Punkte, die die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung wegen Mordes bewogen haben. Im Falle einer Verurteilung wegen Totschlags könnte die Strafe geringer ausfallen.
Das Verfahren wird nächsten Mittwoch fortgesetzt, dann sollen weitere Polizei- und Kripobeamte vernommen werden.