Elmshorn. Zwei Frauen sind tot – der mutmaßliche Mörder lebt in Baden-Württemberg und soll gezielt in den Norden gekommen sein, um sie zu töten.

Immer wieder bleiben Passanten vor dem Rotklinkerhaus mit den weißen Balkonen stehen und blicken hinauf zum dritten Stock. Hinter dem Fenster der Wohnung an der Elmshorner Friedenstraße sind ab und an die Spurensicherer der Mordkommission zu sehen. Hier hat sich 48 Stunden zuvor ein Drama abgespielt. Zwei 19 und 23 Jahre alte Frauen sind tot. Ausgelöscht mit brutaler Gewalt, mutmaßlich von einem 29 Jahre alten Mann, der kurz nach der Bluttat festgenommen wurde und wegen des Verdachts auf zweifachen Mord in Untersuchungshaft sitzt.

Im Erdgeschoss des Hauses befinden sich eine Spielhalle und eine Shisha-Bar. Es ist nicht gerade Elmshorns beste Wohnlage, direkt nebenan liegen seit Jahren leer stehende Gebäude eines ehemaligen Supermarktes und Bowlingcenters. Ausländisch klingende Namen dominieren die sechs Klingelschilder des Hauses. Die beiden Opfer sollen seit November in der Endetage leben. Sie stammen aus Eritrea, einem Land im Nordosten von Afrika.

Doppelmord in Elmshorn: War verschmähte Liebe das Motiv?

Der mutmaßliche Täter ist ein Landsmann von ihnen. „Er lebt seit fünf Jahren in Deutschland, hat hier eine Ausbildung gemacht“, so Carsten Ohlrogge, Leiter der Staatsanwaltschaft Itzehoe. Der Beschuldigte habe einen Wohnsitz in Baden-Württemberg. Die Ermittlungen ergaben laut Ohlrogge, dass sich der Mann am Sonnabend mit der Bahn auf den Weg nach Elmshorn gemacht hat – offenbar mit dem vorher gefassten Plan, dort zum Mörder zu werden. Planvoll und heimtückisch habe der mutmaßlicheTäter gehandelt, sagen Ermittler.

Der Fernsehsender RTL hat einen Bewohner des Hauses interviewt, der Hilfeschreie aus der Wohnung über ihm hörte. Als er dorthin eilte, sei ein Mann an ihm vorbeigelaufen, und ihm sei ein Blutfleck an der Wand aufgefallen. Er habe daraufhin sofort die Polizei alarmiert. Ohlrogge bestätigt, dass es einen Zeugen aus dem Haus gebe, der den mutmaßlichen Täter gesehen und sich einen kurzen Wortwechsel mit ihm geliefert habe. „Die Beweislage ist gut“, so der Oberstaatsanwalt.

Doppelmord in Elmshorn: Mutmaßlicher Täter brachte Messer mit

Zu den Beweismitteln zählt auch die Tatwaffe, die die Ermittler sicherstellen konnten. Es handelt sich um ein Messer, das der Verdächtige zum Tatort mitgenommen und unmittelbar nach der Bluttat in der Nähe weggeworfen haben soll. An der Kleidung des Mannes, der von den ersten Polizeikräften noch im Umfeld des Hauses festgenommen werden konnte, soll es zudem Blutanhaftungen gegeben haben.

„Wir gehen von Heimtücke aus, die beiden Opfer waren arg- und wehrlos“, so der Oberstaatsanwalt. Laut den bisherigen Ermittlungsergebnissen hat sich der Ablauf des Geschehens wie folgt zugetragen: Der 29-Jährige sei, das Messer bereits im Gepäck, mit der Bahn aus seinem Wohnort in Baden-Württemberg nach Elmshorn gereist. Vom nahe gelegenen Bahnhof aus habe er sich sofort zu dem Haus an der Friedenstraße begeben, wo er unten an der Haustür klingelte und Einlass erhielt.

Mutmaßlicher Täter und Opfer waren miteinander bekannt

„Täter und Opfer waren miteinander bekannt“, so der Sprecher der Anklagebehörde. Der Tatverdächtige habe sich dann in den dritten Stock begeben, sich vor der Wohnungstür postiert und gewartet, bis diese durch die 23-Jährige geöffnet wurde. „Als die Tür aufging, hat er sofort die 23-Jährige attackiert und ihr diverse Messerstiche zugefügt“, so Ohlrogge. Im Anschluss habe er sich der vier Jahre jüngeren Mitbewohnerin zugewandt und ebenfalls mehrfach mit erheblicher Gewalt auf sie eingestochen. Ob die beiden Frauen miteinander verwandt waren, ist noch nicht bekannt.

In der Balkonwohnung im dritten Stock dieses Mehr-familienhauses hat sich der Doppelmord ereignet.
In der Balkonwohnung im dritten Stock dieses Mehr-familienhauses hat sich der Doppelmord ereignet. © Arne Kolarczyk | Arne Kolarczyk

In der Wohnung bot sich den Einsatzkräften ein furchtbares Bild, dort war alles voller Blut. Die ersten Polizisten, die in die Wohnung eilten, hinterließen blutige Fußabdrücke. Sie hatten die Tür der Wohnung einschlagen müssen. Für die spätere Reparatur des Schließbleches verwendete ein Beamter ein Beil, das daraufhin von einer großen Boulevardzeitung fälschlich als Tatwaffe bezeichnet wurde.

Was die beiden jungen Frauen beruflich gemacht haben, kann der Oberstaatsanwalt nicht sagen. „Hinweise auf Prostitution haben wir nicht erlangt“, sagt er. Auch sei bei dem 29-Jährigen kein Alkohol im Spiel gewesen.

Doppelmord in Elmshorn: Verdächtiger bei Festnahme völlig ruhig

Nach Abendblatt-Informationen soll der Mann bei seiner Festnahme völlig ruhig gewirkt haben. Bei seiner Vorführung bei dem Haftrichter am Amtsgericht Itzehoe machte er keine Angaben zum Tatgeschehen. Die Obduktion der beiden Opfer sollte noch am Montag im Institut für Rechtsmedizin am Hamburger UKE erfolgen. Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt. Die Wohnung ist nach wie vor beschlagnahmt und versiegelt, die Tatortaufnahme durch die Mordkommission Itzehoe noch nicht abgeschlossen.

„Wir sind mit Hochdruck dabei, die Hintergründe der Tat zu ermitteln“, sagt Ohlrogge. Genaueres könne er noch nicht sagen. Nach Abendblatt-Informationen sollen der Täter und das ältere Opfer in der Vergangenheit kurz eine Beziehung geführt haben. Möglicherweise könnte eine unerwiderte Liebe oder Eifersucht zu der schrecklichen Bluttat geführt haben.