Im Januar 2011 erschütterte der Dioxinskandal einer Futtermittel-Firma in Uetersen die Republik. Die Firma Harles und Jentzsch ist längst insolvent gegangen, aber Spezialtierfutter wird hier wieder produziert.
Uetersen. Vor knapp drei Jahren erlangte der Dioxinfund im Futtermittel der Firma Harles und Jentzsch in Uetersen bundesweite Aufmerksamkeit. Das Unternehmen ging schließlich Pleite und gegen die Firmenchefs erhob die Staatsanwaltschaft Itzehoe im März dieses Jahres Anklage wegen gewerbsmäßigen Betruges. Allerdings hat das Landgericht noch nicht entschieden, ob es tatsächlich zu einer Gerichtsverhandlung kommen wird. Dies soll bis Anfang 2014 geschehen, sagte eine Gerichtssprecherin auf Nachfrage. Unterdessen sind die Gebäude, Maschinen und Anlagen in der Uetersener Deichstraße längst verkauft.
Die Fritz Köster AG in Hamburg, die einer der größten Händler von Fischmehl auf dem internationalen Futtermittelmarkt ist, hat die Tochterfirma Oleoserv gegründet, die jetzt von dem 2,3 Hektar großen Areal in Uetersen wieder aus Pflanzenfetten spezielle Futtermittel für Rinder, Schweine und Geflügel herstellt und lagert. Allerdings werde akribisch darauf geachtet, dass sich ein solcher Skandal nicht wiederholen kann, betont Geschäftsführer Sven Müller-Sönnewald. „Hier geht nichts rein oder raus, ohne dass die Inhaltsstoffe untersucht sind.“ Zudem würde sein Betrieb weder Rohstoffe einkaufen noch Futtermittel veräußern. „Wir sind ein reines Dienstleistungsunternehmen.“
Gleichwohl bewege sich das Unternehmen wieder sehr erfolgreich auf dem lukrativen Markt der Kalziumseifen, wie die Spezialfette in der Fachsprache heißen, die hier in allen möglichen Varianten mit 20 verschiedenen Zusatzstoffen hergestellt und im Auftrag von Dritten erforscht und entwickelt werden. Diese Ergänzungsstoffe, die aus pflanzlichen Palmölen zu Tierfutterfetten verarbeitet und veredelt werden, würden beispielsweise Milchkühe widerstandsfähiger machen und ihre Milchproduktion um bis zu 20 Prozent steigern, berichtet Müller-Sönnewald.
Weil dieser Spezialfuttermittelmarkt sehr interessant und zukunftsträchtig sei, habe die Köster AG entschieden, erstmals in diesen Produktionszweig zu investieren. Zu den 15 Mitarbeitern, die zurzeit beschäftigt werden, würden weitere zehn Laboranten und Maschinenführer gesucht, sagt Müller-Sönnewald. Der Jahresumsatz sei bereits auf eine Summe im „hohen einstelligen Millionenbereich“ gestiegen.
Und so seien bereits einige Millionen Euro in die komplette Modernisierung der Maschinen und Anlagen sowie der IT-Technik gesteckt worden, seitdem die Oleoserv im März 2012 das Gelände gekauft hat. Alle Tanks, die mehrere Tausend Tonnen fassen können, wurden erneuert. Seit Mai 2012 liegen die erforderlichen behördlichen Genehmigungen und Zertifikate vor und im Juli dieses Jahres ist die neue Energieversorgung in Betrieb gegangen. So erzeugt jetzt ein eigenes mit Gas betriebenes Blockheizkraftwerk für die Prozese im Unternehmens Strom. „Wir sparen allein dadurch etwa 70.000 Euro an Energiekosten.“ Rund eine halbe Million Euro gebe Oleoserv für Gas und Strom im Jahr aus.
Qualitätsmanagement ist Herzstück der Strategie
Das Herzstück der Erfolg versprechenden Unternehmensstrategie sei aber das herausragende Qualitätsmanagement, betont Geschäftsführer Müller-Sönnewald. „Wir gehen dabei weit über das gesetzliche Mindestmaß hinaus, das nach dem Futtermittelskandal EU-weit erheblich verschärft worden ist.“ So könnte er innerhalb weniger Minuten die Herkunft sämtlicher Inhaltsstoffe der gelieferten Pflanzenfette nachweisen. Dies würde durch eine firmeneigene elektronische Datenbank gewährleistet, auf die er weltweit über sein Smartphone Zugriff habe. Jeder Spediteur, der seine Lieferungen nicht bis in kleinste Detail dokumentieren könne, werde wieder nach Hause geschickt. Alle Nachweise müssten bereits vor der Anlieferung vorliegen, damit dieses Problem nicht erst am Werkstor geklärt werden muss. Ein hauseigenes Labor stelle zudem jederzeit sicher, dass die gelieferten, produzierten und ausgelieferten Produkte den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.
Dieses Qualitätsmanagement habe sogar für eine eigene Farbenregel gesorgt, die von allen Mitarbeitern strikt einzuhalten sei, sagt Müller-Sönnewald. Alle Tanks, die rein pflanzliche Futtermittel beinhalten sind grün gekennzeichnet, alle anderen blau. Entsprechend müssen auch die Lagerarbeiter grün oder blau gefärbte Kleidung auf dem Firmengelände tragen. Sogar die Gabelstapler sind entsprechend lackiert. „Das System der Qualitätssicherung muss so transparent sein, das es von allen sofort verstanden wird.“ Interne Schulungen und Fortbildungen sollen die Firmenphilosophie in den Köpfen der Mitarbeiter verfestigen.
Der Einsatz scheint sich zu lohnen. Oleoserv sei mit seinen Verfahren von Spezialprodukten auf Basis pflanzlicher Öle und Fette bundesweit einmalig, sagt Firmenchef Müller-Sönnewald. Europawaeit gebe es nur eine Handvoll Unternehmen, „die so differenziert sind wir wir“.