Norderstedt. Am Sood bis Tannenallee: Was für die nächsten Jahre geplant ist und warum die Stadt Eigentümer mit 90 Prozent zur Kasse bittet.
Sie sind Relikte aus einer vergangenen Zeit, als Norderstedt in seiner heutigen Form noch gar nicht existierte, als die heutigen Stadtteile einzelne Dörfer waren. Rund 60 von ihnen gibt es immer noch: Straßen, die rechtlich als bisher nicht erschlossen und ausgebaut gelten, in der Regel mit bröckelnder Decke, Schlaglöchern, die Bankette als Parkplatz, mit Sand oder Rasenstücken befestigt. Teils hat sich seit Jahrzehnten hier im Wesentlichen nichts verändert.
Doch nach und nach wird es für alle Menschen, die hier wohnen, ernst. Denn auch wenn Norderstedt die ungeliebten Straßenausbaubeiträge 2018 abgeschafft hat, greift für den erstmaligen Ausbau das deutsche Baugesetzbuch – und deswegen müssen Grundeigentümer 90 Prozent der Kosten übernehmen. Eine Wahl haben sie nicht, ebenso wenig die Verwaltung, denn die hat ihrerseits eine Pflicht, sichere Straßen zu gewährleisten.
Typisch war kürzlich die Diskussion um den Achternkamp. 140 Meter „Straße“, eher eine Verbindung zwischen Friedrichsgaber Weg und Buckhörner Moor, unbefestigt, eine braune Buckelpiste. Im Februar beschloss die Politik, diese auszubauen, im Sinne eines „Shared Space“, also, dass sich Auto, Fahrrad und Fußgänger die Straße teilen. Das Kuriose hier: Es gibt lediglich vier Eigentümer. Und die werden nun von den Gesamtkosten (185.000 Euro) satte 141.000 Euro zu viert übernehmen müssen. Alternativen, etwa ein Verkauf und damit die Umwandlung in einen Privatweg, fanden keine Zustimmung.
Norderstedt: Erstmaliger Ausbau – hier müssen Grundeigentümer für die Straße zahlen
Doch der vor wenigen Tagen beschlossene Doppelhaushalt für 2024 und 2025 sieht eine Reihe weiterer Straßen vor, die in die gleiche Kategorie fallen, wo allerdings die Investition teurer sein wird, aber auch der Kreis der Betroffenen. Der im Rathaus zuständige Fachbereich für Verkehrsflächen hat der Politik im März eine Einschätzung vorgelegt. Demnach sehe das Investitionsprogramm für die nächsten drei bis vier Jahre zahlreiche derartige Maßnahmen vor. Und es wird klargestellt: Anders geht es nicht, eine regelmäßige Ausbesserung, „einheitliche bauliche Provisorien“, seien nicht möglich. Die Regenwasserbeseitigung sei oftmals nicht vollständig, es fehle Straßenbeleuchtung, und neue Rad- oder Gehwege könnten so nicht gebaut werden.
Das Fazit: „Diese Straßen/Verkehrsanlagen können nicht provisorisch großflächig unterhalten und instandgesetzt werden, da diese bisher nicht erstmalig hergestellt, sondern vielmehr nach einem erfolgten Ausbau Erschließungsbeiträge von den Anliegern (nach erfolgtem Ausbau) zu erheben sind.“
In Garstedt sind demnächst diverse Straßen für Ausbaumaßnahmen vorgesehen
Garstedt ist hiervon besonders betroffen. Das Scharpenmoor wurde in jüngerer Vergangenheit bereits erschlossen, jetzt sollen die Nachbarstraßen an der Reihe sein. Am Sood und Goethestraße werden hierbei zusammengefasst, da die Struktur des Quartiers sehr ähnlich ist, das Vorhaben soll 1,5 Millionen Euro kosten. Im September 2023 fand hierzu in der Grundschule Gottfried-Keller-Straße eine Veranstaltung für die Anlieger statt, mehr als 100 Personen kamen.
Die Stadt sei nur „ausführendes Organ des Bundesrechts“, bekamen sie mitgeteilt. Und als Rechenbeispiel: Wer ein 500 Quadratmeter großes Grundstück habe, müsse durchschnittlich 14.500 Euro zahlen. Es geht um rund 670 Meter. Das Meinungsbild ergab: Eine Mehrheit möchte einen „Shared Space“. Endgültig über diese Variante hat der Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr aber noch nicht abgestimmt, mutmaßlich wird das noch vor den Sommerferien passieren.
Tannenallee in Harksheide-Nord: 615 Meter Straße für 1,271 Millionen Euro
Ein weiterer Fall ist die Tannenallee, die sich in einem Wohngebiet im Norden von Harksheide befindet. 1,271 Millionen Euro soll die erstmalige Erschließung hier kosten, 615 Meter zwischen Achter de Dannen und Feldstraße müssen ausgebaut werden. Im November stellte die Stadt drei mögliche Variante vor. Zwei sind jeweils ein „Shared Space“, einmal mit fünf Meter Fläche für Verkehrsteilnehmer, die andere mit 7,50 Meter, wobei dann ein Grünstreifen entfallen würde.
Die dritte Option: Es könnte neben der 5,25 Meter breiten Fahrbahn noch ein 1,75 Meter breiter Gehweg angelegt werden. Dann könnte nur im Straßenraum geparkt werden, also eingeschränkt, beim „Shared Space“ ist dies grundsätzlich überall möglich, sofern eine Durchfahrtsbreite von 3,05 Metern bestehen bleibt.
Für die Tannenallee steht die Bürgerbeteiligung allerdings noch aus, dann könnte (wie bei Am Sood/Goethestraße) ein Meinungsbild feststehen, welche Form des Ausbaus politisch ausgewählt werden kann.
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Norderstedt: Bis 2026 sollen zahlreiche weitere Straßen folgen
Für 2024 und 2025 sind zwei weitere Straßen im Investitionsplan enthalten. Die Hökertwiete in Alt-Garstedt (630.000 Euro) sowie der Lupinenweg zwischen Langer Kamp und Lütjenmoor (320.000 Euro), wobei hier die politischen Beratungen jeweils noch ausstehen.
Erst für 2026 vorgesehen ist der Auenweg, dieser zweigt direkt von Am Sood ab (230.000 Euro), ebenfalls die von dort nur wenige Hundert Meter entfernte Ahornallee (660.000 Euro) sowie der Tulpenstieg, der die Wiesenstraße und den Langen Kamp verbindet (570.000 Euro).