Norderstedt. Norderstedts wichtigster Kulturort muss umfassend saniert werden. Und die Lage für Künstler und Musiker wird dramatisch.
Vor wenigen Tagen, rund um die Sportlerehrung der Stadt Norderstedt in der TriBühne, hatte es Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder bereits angedeutet: Im nächsten Jahr, 2025, muss diese beliebte Veranstaltung notgedrungen an einen anderen Ort ausweichen, nämlich voraussichtlich in die Moorbekhalle. Und es wird bei weitem nicht die einzige sein. Die umfangreiche Sanierung ausgerechnet jenes Hauses, dass für die Kulturszene und generell für größere Events eigentlich unverzichtbar ist, wird über einen längeren Zeitraum einen tiefen Einschnitt in das gesellschaftliche Leben bedeuten.
„Wir gehen heute davon aus, dass die TriBühne in diesem Jahr mit den Sommerferien geschlossen wird. Ich glaube, bis Anfang 2026.“ Das ist laut Schmieder der aktuelle Zeitplan. Wobei das Ausmaß der angekündigten Sanierung von den noch kommenden politischen Beratungen abhängig sein wird. „Beim kompletten Programm gehen wir von anderthalb Jahren aus, um einen vollständigen Spielbetrieb wiederherzustellen. Wenn sich aber auf dem Entscheidungsweg herausstellt, dass wir vielleicht eine schlankere Lösung finden, dann könnte es auch früher sein.“
Norderstedt: TriBühne wird lange schließen – das sind die Pläne der Stadt
Überraschend kommt all das nicht. Die TriBühne hat schwierige Zeiten hinter sich. Die Corona-Pandemie brachte auch hier den Betrieb zeitweise zum Erliegen oder schränkte ihn deutlich ein. Der langjährige, einflussreiche Geschäftsführer der Mehrzwecksäle Norderstedt GmbH, Rajas Thiele-Stechemesser, hörte 2020 nach 14 Jahren auf, sein Nachfolger Suntke Garbe blieb aus gesundheitlichen Gründen nur bis 2021, ehe die damalige Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder den Posten interimsweise übernahm. Seit November 2022 trägt Dirk Jantzen die alleinige Verantwortung, den Wunsch der Stadt nach einer zweiten Geschäftsführerstelle lehnte die Politik kürzlich ab – aus Kostengründen.
Unvergessen ist zudem eine verhängnisvolle Nacht im Mai 2022. Ein technischer Defekt hatte gravierende Folgen, es ergossen sich unvorstellbare 60.000 Liter Löschwasser in das Gebäude, im Orchestergraben stand die Brühe bis zu vier Meter hoch. Zeitweise war die Sorge groß, dass die TriBühne nicht mehr zu retten sei. Doch nach wochenlangen Aufräumarbeiten war diese dann zum Jahreswechsel 2022/2023 und in der Folge immerhin teilweise wieder bespielbar.
Wasserschaden: Norderstedt verhandelt mit Versicherung
Weiterhin ungeklärt ist, ob der komplette Schaden übernommen wird, den das Amt für Gebäudewirtschaft vor rund einem Jahr auf 4,46 Millionen Euro beziffert hatte. Denn die Stadt bestätigt, dass die Verhandlungen mit der Versicherung noch nicht abgeschlossen sind. „Anfangs war angedacht, dass man sich auf eine Pauschalsumme verständigt. Aber man konnte sich nicht einigen. Jetzt werden die Rechnungen bei der Versicherung eingereicht und dort geprüft, ob sie mit dem Wasserschaden zusammenhängen oder nicht. Deswegen lässt sich im Moment nicht sagen, bei welchem Ergebnis wir liegen werden“, so Kämmerer Jens Rapude.
Spätestens während der Behebung des Wasserschadens wuchs die Erkenntnis: Die 2001 eröffnete TriBühne muss grundlegend saniert werden. Im Frühjahr 2023 stellte die Stadt im Hauptausschuss die Strategie vor. Rund 6,7 Millionen Euro müssten investiert werden, um die gesamte Technik zu erneuern, dazu wesentliche Gebäudeteile. Dach und Foyer kämen noch hinzu.
Oberbürgermeisterin Schmieder: „Und in der Planung sind wir schon so, dass wir nicht nur den Bühnenbereich anfassen. Das Haus ist in die Jahre gekommen. Wenn wir gleich die Technik mit anfassen, um es zu einem zukunftsfähigen Spielort zu machen, wenn wir vorne das Foyer zeitgemäß gestalten, fallen natürlich Kosten an, die mit der Versicherung überhaupt nichts zu tun haben.“ Jens Rapude ergänzt: „Und dennoch ist es dann wirtschaftlich, es jetzt zu machen und nicht in fünf Jahren.“
Sanierung: Höhe der benötigten Investition steht noch nicht fest
Der Zeitplan sah vor, die Maßnahme im Doppelhaushalt 2024/2025 zu berücksichtigen. Daraus wurde nichts, die dort genannten 2,76 Millionen Euro sind keinesfalls die Gesamtsumme. Wie teuer eine Sanierung also letztlich wird, ist offen. „Da sind wir noch in der Planung. Dann wird dem Aufsichtsrat und dem Hauptausschuss berichtet. Es ist definitiv in dem Umfang nicht im aktuellen Haushalt vollumfänglich enthalten. Diese Maßnahme ist in der Reihe der großen Investitionen. Und dann müssen wir überlegen, wie wichtig diese Einrichtung der Stadtgemeinschaft und der Politik ist“, so Katrin Schmieder.
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Über die Bedeutung der TriBühne gibt es allerdings keine zwei Meinungen. Eine vollwertige Alternative existiert nicht, das Kulturwerk am See ist zwar überaus beliebt mit seinem Industrial-Charme, aber nur bedingt vergleichbar. Und das bedeutet: Für vielleicht 18 Monate werden viele Shows, ob nun Theater oder Konzerte, genauso wie Veranstaltungen diverser Größenordnungen, entweder ausfallen oder in einem anderen Rahmen stattfinden müssen.
TriBühne Norderstedt: Mitarbeitende unterstützen Betrieb im Kulturwerk
„Wirklich dramatisch ist es für die Orchester. Das Symphonische Blasorchester, unser Aushängeschild, hat im September ein Jubiläum, wäre gerne in die TriBühne gegangen“, berichtet die Oberbürgermeisterin. „Die finden keinen Raum, außer der Moorbekhalle, um gebührend zu feiern. Da braucht es sicher einen Fachakustiker. Beim Schleswig-Holstein Musik Festival mussten wir die Halle mit Teppich auslegen. Das ist herausfordernd.“
Die Situation der letzten Jahre hat für die Mehrzwecksäle Norderstedt GmbH zu Einnahmeverlusten geführt. „Dort werden offene Stellen zurzeit nicht alle sofort nachbesetzt. Wir als Stadt greifen bei Veranstaltungen, auch wenn diese nicht in der TriBühne stattfinden, auf Technik und Management des Hauses zurück“, so Schmieder. „Wir sind in der Klärung, wie es da weitergeht. Das Team der Mehrzwecksäle ist aber kompetent und offen für Unterstützung im Kulturbereich, wir haben ja auch weiterhin das Kulturwerk und andere spannende Kulturangebote in unserer Stadt.“
Voraussichtlich wird die Politik vor den Sommerferien im Hauptausschuss über die weitere Planung für die TriBühne beraten. Ein Termin steht aber noch nicht fest.