Norderstedt. Bürger fühlen sich an U-Bahnhöfen und am Herold-Center nicht sicher: Mit sind konkrete Maßnahmen gegen Kriminalität geplant.
Nach einer Serie von Überfällen und Raubdelikten rund um die U-Bahnhöfe in Norderstedt-Mitte und Garstedt, ist die Sicherheitslage an diesen beiden Brennpunkten der Stadt Dauerthema. Sowohl in der Kommunalpolitik, als auch bei den Bürgerinnen und Bürgern. Fakt ist: Immer wieder sind es jugendliche Täterinnen und Täter oder Heranwachsende, die in die Überfälle involviert sind. Die Ermittlungsgruppe Jugend der Polizei Norderstedt ermittelt in vielen der Norderstedter Fälle.
Im Kampf um das Amt der Oberbürgermeisterin hatte Amtsinhabrin Elke Christina Roeder ihre Herausforderin und Sozialdezernentin Katrin Schmieder dafür kritisiert, die Prävention vernachlässigt zu haben, weil sie die Straßensozialarbeit nicht als Schwerpunkt ihrer Arbeit gesehen habe.
Letzter Streetwork-Träger sprang ab – Fachkräftemangel
Tatsächlich sind in Norderstedt seit den Jahren vor der Corona-Pandemie keine Sozialarbeiter mehr auf den Straßen unterwegs. Aber das liegt daran, dass sich der letzte Träger der Dienstleistung mit dem Verweis auf den Personalmangel aus dem Vertrag mit der Stadt verabschiedet hatte. Doch nun kann Katrin Schmieder, die Noch-Sozialdezernentin und ab dem 10. Januar neue Oberbürgermeisterin Norderstedts, den Abschluss eines Vertrages mit einem neuen Anbieter verkünden.
Norderstedt wird ab dem kommenden Jahr wieder mit Streetworkern auf Jugendliche und Heranwachsende auf den Straßen und an den Brennpunkten der Stadt zuegehen. Dafür hat der Jugendhlfeausschuss ein einstimmiges Votum abgegeben. Der Kaltenkirchener Verein Regenbogen, erfahrener Anbieter Sozialpädagogischer Leistungen und auch in Kaltenkirchen in der Straßensozialarbeit erfolgreich engagiert, wurde vom Jugendhilfeausschuss mit der Aufgabe betraut.
Vertrauen gewinnen, Verlässlichkeit zeigen
Zu dem Paket, dass die Stadt pro Jahr knapp 160.000 Euro kostet, gehören neben der flexiblen Straßensozialarbeit noch die individuelle Unterstützung für Familien sowie die Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen. Der Vertrag startet im Januar 2024 und hat eine Laufzeit von zwei Jahren.
„Wir sind froh, den Träger für die Aufgabe gewonnen zu haben. Wir können 2024 loslegen“, sagt Katrin Schmieder. Für den Trägerverin Regenbogen würden im Jugendzentrum in Norderstedt-Mitte (Jumi) Räume vorgehalten, in denen die Sozialpädagogen arbeiten können. Wenn sie nicht gerade auf der Straße sind, um Kontakt zu den Jugendlichen zu suchen. „Wir werden sehen, ob es das ist, was die Jugendlichen wollen“, sagt Schmieder. Die Herausforderung sei es, das Vertrauen der Heranwachsenden zu gewinnen, Verlässlichkeit zu zeigen. Man müsse vermeiden, dass die „alle gleich Hackengas“ geben, wenn die Streetworker um die Ecke kommen, sagt Schmieder.
Zwei Streetworker teilen sich 60 Wochenstunden
Holger Lindner, Geschäftsführer des Vereins Regenbogen, hat skizziert, wie seine Leute das schaffen wollen. Man wolle zwei Sozialpädagogen auf die Straßen schicken, die sich 60 Wochenstunden teilen und unter der Woche nachmittags und abends als auch am Wochenende unterwegs sein sollen. Die Mitarbeitenden seien hauptsächlich zu Fuß, aber auch in einem „Streetworkmobil“ unterwegs – um bei schlechtem Wetter auch einen mobilen Unterschlupf für Gespräche zu haben.
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Zielgruppe seien die 13 bis 25 Jahre alten Jugendlichen und Heranwachsenden, die sich in „Gruppe oder Sezenen“ im öffentlichen Raum aufhalten. „Geschlecht, Religionszugehörigkeit, sozialer Status, Herkunft oder Nationalität spielen dabei keine Rolle“, teilt Lindner mit.
Hilfen auch für Familien in Notsituationen
Ziel sei es, die Interessen und Stärken der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu erkennen und zu fördern. Man will ihnen bei alltäglichen Fragen oder schwierigen Lebenssituationen Unterstützung anbieten, etwa bei familiären Konflikten oder Schwierigkeiten in der Schule, im beruflichen Umfeld, bei Wohnungslosigkeit und Schulden.
Mittelfristig will der Verein Regenbogen ein „multiprofessionelles Team“ aufbauen, das um den Bereich der ambulanten flexiblen Familienhilfe erweitert werden soll. „Durch das Angebot soll eine verlässliche Anlaufstelle für Kinder, Jugendliche und deren Familien geschaffen werden, die auch ganz praktische Unterstützung im kleinen Rahmen leisten kann“, teilt Lindner mit. „Dabei ist es besonders wichtig, kurzfristige Hilfen anbieten zu können und nicht lange auf einen Termin warten zu müssen. So können akute Krisen bereits durch kleine Unterstützungsleistungen entschärft oder sogar beseitigt werden.“
Stadt schickt privaten Sicherheitsdienst zum ZOB
Weitere Maßnahmen zur „Verbesserung des subjektiven Sicherheitsempfindens“ wurden nun von Oberbürgermeisterin Roeder im Hauptausschuss vorgestellt. Die städtische Verkehrsgesellschaft will mit einem privaten Sicherheitsdienst für Ordnung am U-Bahnhof Norderstedt-Mitte sorgen. Von Dezember an und vorläufig bis Ende Februar 2024 sollen, in Abstimmung mit Polizei und Ordnungsamt, zwei Sicherheitsleute jeweils in den Abendstunden am Freitag und Sonnabend, an Abenden vor einem Feiertag und an einem weiteren variablen Wochentag Streife laufen.
Die Verkehrsgesellschaft Norderstedt ist Eigentümerin des Bahnhofs Norderstedt-Mitte und des ZOB darüber. Dem Sicherheitsdienst wird also lediglich der Objektschutz übertragen. Das heißt, die Sicherheitsleute haben das Hausrecht und die allgemeinen „Jedermann-Rechte“. Wenn sie eine Straftat beobachten, dürfen sie den Straftäter dingfest machen und müssen dann sofort die Polizei alarmieren. Bereits 2010 hatte es Streifengänge eines privaten Sicherheitsdienstes in Norderstedt-Mitte gegeben.
Herold-Center: Müll entsorgen, Obdachlose vertreiben
Über die Lage am Herold-Center habe es laut Roeder zwischen Stadtverwaltung, dem Centerbetreiber ECE, der Polizei und dem Ordnungsamt verschiedene Gespräche gegeben. „Im Ergebnis bestand Einvernehmen, soweit möglich, die Zugänge zur De-Gasperi-Passage in den Nachtzeiten zu schließen“, teilte Roeder mit. Außerdem soll die Sauberkeit der De-Gasperi-Passage, des Busbahnhofes, der verschiedenen Zugänge, der Treppenhäuser und der Tiefgarage verbessert werden.
Der Sicherheitsdienst des ECE werde Verunreinigungen künftig direkt melden, damit die Stadt schneller reagieren könne. „Dies gilt auch für die Feststellung über zweckentfremdete Nutzungen, insbesondere auch durch obdachlose Personen. Insgesamt soll dies zu einer Verbesserung des subjektiven Sicherheitsempfindens der Bürgerinnen und Bürger führen“, teilte Roeder mit. Das Ordnungsamt sei zusätzlich im Austausch mit der Polizei Norderstedt, um gemeinsame Streifen von Polizei und Kommunalen Ordnungsdienst zu organisieren.