Norderstedt. Statt Kameras und Sicherheitsdienst am Herold-Center ab 31. Oktober gibt es in Norderstedt Streit um das richtige Verfahren.
Dass zwischen Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder und Teilen der Politik in Norderstedt das Tischtuch zerschnitten ist, darf als gesichert gelten. Und scheinbar werden das kritische Verhältnis und die mangelnde Kooperation auch in den letzten Wochen von Roeders Amtszeit bis zum 9. Januar die (Nicht-)Entscheidungen in der Stadt prägen.
Aktuelles Beispiel: Bei der Frage der Sicherheit auf Norderstedts Straßen ist die Situation nun eskaliert. Oberbürgermeisterin Roeder weigert sich, einen mit Mehrheit gefassten Beschluss des Hauptausschusses umzusetzen. Sie wirft der Politik Rechtsbruch vor und fordert sie auf, den am 9. Oktober verfassten Beschluss zum Aufhängen von Überwachungskameras und dem Einsatz eines Sicherheitsdienstes wieder aufzuheben.
Beschluss: Kameras und Sicherheitsdienst bis zum 31. Oktober
Nachdem eine Reihe von Überfällen und willkürlichen Angriffen mit Körperverletzung rund um die U-Bahnhaltestelle Garstedt, das Herold-Center und den ZOB Norderstedt-Mitte das Sicherheitsempfinden etlicher Bürgerinnen und Bürger gestört hatte, wollte die Politik die Stadtverwaltung zum Handeln zwingen, weil die Verwaltung und Roeder aus Sicht der Stadtvertreter von CDU, Wir in Norderstedt/Freie Wähler, FDP und AfD nach Monaten der Diskussion immer noch keine ausreichende Verbesserung der Sicherheit im öffentlichen Raum erreicht hatten.
Mit ihrer Mehrheit trugen die Fraktionen der Stadtverwaltung im Hauptausschuss schließlich auf, mit Stichtag 31. Oktober „alle notwendigen Investitionen und Schritte zu unternehmen, um die beiden neuralgischen Punkte ZOB Garstedt und ZOB Norderstedt-Mitte mit Überwachungskameras auszustatten.“
Außerdem sollte die Stadt zum 1. November an beiden Bus- und Bahnhaltestellen und zusätzlich im Willy-Brandt-Park umgehend einen privaten Sicherheilsdienst einsetzen. „Dieser soll zunächst befristet für sechs Monate durch eine Doppelstreife mit Hund jeweils am Freitag und am Samstag sowie an einem weiteren variablen Wochentag jeweils in den späten Abendstunden vor Ort sein.“ So der Beschluss.
Gefahrenabwehr sei Aufgabe von Polizei und Ordnungsamt
Der 1. November ist längst verstrichen. Doch nun ist klar, dass es sogar bis auf Weiteres keine Kameras und Stadtsheriffs mit Hunden an den besagten Kriminalitätsschwerpunkten geben wird. Denn Oberbürgermeisterin Roeder hat dem Hauptausschuss-Vorsitzenden Peter Holle (CDU) per Einschreiben ihren Widerspruch gegen den Beschluss zustellen lassen.
„Der Beschluss verletzt meiner Auffassung nach das Recht“, teilt Roeder darin mit. „lch fordere den Hauptausschuss auf, über die Angelegenheit in einer neuen Sitzung nochmals zu beraten und den Beschluss aufzuheben.“ Roeder hatte der Politik schon vor dem gefassten Beschluss ihre Rechtsauffassung mitgeteilt. Nun unterfüttert sie es mit der Einschätzung ihres Fachbereiches Organisation und Recht.
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Dieser kommt zu einem eindeutigen rechtlichen Befund. Die Landesaufgabe Gefahrenabwehr werde in Schleswig-Holstein von den Gemeinden, Kreisen und Ämtern nach Weisung wahrgenommen. Wie die Gefahrenabwehr auszusehen hat, ob Kameras aufgehängt oder Sicherheitsdienstes eingesetzt werden, darüber würden allein Polizei und Ordnungsämter entscheiden, das sei keine Selbstverwaltungsangelegenheit der Gemeinde und somit Aufgabe der Politik. Das Sagen in der Ordnungsbehörde hat die Oberbürgermeisterin.
Politik will die Sache aussitzen – bis Roeder weg ist
„lm Ergebnis ist daher festzuhalten, dass der Beschluss rechtswidrig war“, urteilt die Rechtsexpertin des Rathauses. Der Hauptausschuss habe über Angelegenheiten beschlossen, für die er keine Zuständigkeit habe. Deswegen müsse die Oberbürgermeisterin widersprechen, der Beschluss aufgehoben werden. Und wenn sich der Hauptausschuss dagegen ausspricht, dann müsse die Stadtvertretung entscheiden.
Die Fraktionschefs von CDU und WIN/FW pochen weiter auf den gefassten Beschluss. „Ich sehe keine Mehrheit im Hauptausschuss für eine Aufhebung“, sagt CDU-Fraktionschef Peter Holle. Und Kollege Reimer Rathje (WiN/FW) stellt sich sogar die Frage, ob der Widerspruch Roeders überhaupt form- und fristgerecht eingereicht wurde. „Sie schickte das Einschreiben an Herrn Holle persönlich. Und die Widerspruchsfrist beträgt zwei Wochen. In den Hauptausschuss ist das Schreiben aber erst in der Sitzung am 6. November zu Protokoll gegeben worden.“
Es wird klar: Die Politik will die Sache aussitzen, bis Roeder den Chefsessel im Rathaus verlässt. „Die neue Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder hat ja im Wahlkampf schon angekündigt, dass sie die in dem Beschluss geforderten Maßnahmen im Januar umsetzen wolle“, sagt Holle. Entsprechend wird über den rechtswidrigen Beschluss dann wohl final in der letzten Stadtvertretungssitzung unter Roeder am 12. Dezember abgestimmt werden müssen.