Norderstedt. Neues Baulandmobilisierungsgesetz soll für mehr Wohnungen sorgen. Warum Mieterverein und Haus& Grund daran zweifeln.

Nach mehreren Norderstedter Politikern äußern auch zwei Interessengruppen aus der Stadt deutliche Zweifel, ob das neue „Baulandmobilisierungsgesetz“ aus Kiel tatsächlich mehr Wohnungen bringen wird. Kritik äußert der Eigentümerverband „Haus & Grund“, aber auch der Mieterverein Norderstedt.

„Alles keine Maßnahmen, die uns in Norderstedt weiterbringen“, sagt Sven Wojtkowiak, Vorsitzender von Haus & Grund, der mit seinem Verein nach eigenen Angaben mehr als 1900 Grundeigentümer vertritt und damit „für über 20 Prozent der Wohnungen in der Stadt steht“.

Wohnungsbau: Neues Baugesetz – „Bringt uns in Norderstedt nicht weiter!“

Das neue Gesetz der Landesregierung greift zum 10. Februar und soll dafür sorgen, dass in Städten und Gemeinden mit besonders angespanntem Wohnungsmarkt mehr gebaut wird. Dafür gibt das Gesetz den betreffenden Kommunen drei neue Instrumente in die Hand. Sie können ihr Vorkaufsrecht auf brachliegende Grundstücke ausweiten, außerdem von vorhandenen Bebauungsplänen abweichen und auch in bestimmten Fällen „Baugebote“ aussprechen.

Landesweit wurden 67 Kommunen mit „angespanntem Wohnungsmarkt“ identifiziert, in denen das Gesetz Anwendung finden kann – darunter Norderstedt. Aber Wojtkowiak hält die drei Instrumente nicht für Norderstedt geeignet.

Sven Wojtkowiak, Vorsitzender von Haus & Grund.
Sven Wojtkowiak, Vorsitzender von Haus & Grund. © Burkhard Fuchs

Haus & Grund: „Brachliegende Grundstücke haben wir so gut wie keine in der Stadt“

„Die angesprochenen Punkte greifen bei uns einfach nicht“, sagt er. „Brachliegende Grundstücke haben wir so gut wie keine in der Stadt.“ Auch mehrere Lokalpolitiker hatten angemerkt, dass derartige Flächen zumindest nicht bekannt seien.

Wojtkowiak weiter: „Baugebote ziehen auch nicht, da es schon immer sehr lukrativ war, in Norderstedt Wohnraum zu schaffen. Letztendlich bleibt die Befreiung von Bauplänen, welche uns auch nicht signifikant weiterhilft, da ein Großteil des Stadtgebietes noch nicht überplant ist und somit Paragraf 34 des Baugesetzbuches – also die so genannte Nachbarschaftsbebauung – gilt.“

Mieterverein: „Hängt von der Stadt ab, ob davon überhaupt Gebrauch gemacht wird“

Der Mieterverein Norderstedt vertritt rund 2600 Mitglieder. Die Vorsitzende Anette Schütz-Schreiber sagt: „Was das Baulandmobilisierungsgesetz angeht begrüße ich alle politischen Schritte, die Bautätigkeit anzuregen oder erzwingen. Ob das genannte Gesetz dies allerdings bewirken wird, wage ich zu bezweifeln. In jedem Fall hängt es ja von der jeweiligen Stadt ab, inwieweit überhaupt davon Gebrauch gemacht werden wird.“

Anette Schütz-Schreiber, Geschäftsführerin des Mietervereins Norderstedt.
Anette Schütz-Schreiber, Geschäftsführerin des Mietervereins Norderstedt. © FMG | Claas Greite

Sie hätte sich von der Landespolitik eine andere Maßnahme gewünscht: „Sehr schade ist, dass für Schleswig-Holstein eine Einschränkung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nicht beschlossen wurde, denn dies hätte einen weiteren Schutz für Mietwohnungen bedeutet.“

Wohnungsbau: Viel größere Schritte in Richtung Digitalisierung nötig

Auch aus Sicht von Sven Wojtkowiak müsste der Hebel an anderer Stelle angesetzt werden: „Die Hausaufgaben liegen bei der Verwaltung. Das Bauamt müsste sich als Dienstleister der Bauherren verstehen und viel größere Schritte in Richtung Digitalisierung unternehmen. Leider wirkt es bisher oftmals eher hemmend. Zuviel Bürokratie bindet erfahrungsgemäß viel Personal. Das fehlt, um Baugenehmigungen und Bebauungspläne voranzubringen.“

Es sei außerdem „keine Aufgabe von Kommunen, für Wohnraum zu sorgen.“ Das könnten „private Kleinvermieter besser, die zwei Drittel aller Wohnungen anbieten.“ Diese bräuchten „Unterstützung bei der Nachverdichtung, zum Beispiel beim Dachgeschossausbau, der Gebäudeaufstockung oder der Hinterlandbebauung.“ Hier schlummere, so Wojtkowiak, ein „gewaltiges Potenzial.“