Norderstedt. Viele können sich im Moment nicht mehr leisten, ein Haus in Norderstedt zu kaufen oder zu bauen. Welche Auswege es gibt.

Ein eigenes Haus mit Garten – das ist für viele nach wie vor der Traum vom guten Leben. Und in Norderstedt und Umgebung erschien die Erfüllung dieses Traumes lange Zeit auch machbar. Jetzt allerdings ändert sich das drastisch. Für sehr viele junge Familien platzt derzeit der Traum vom Eigenheim, oder er rückt in weite Ferne. Der Grund: Die Zinsen bei Immobiliendarlehen sind extrem gestiegen, die Grundstücks- und Häuserpreise aber kaum gesunken.

„Die Situation hat sich massiv verändert“, sagt Thoralf Schumann. Er ist Leiter des Bereichs Baufinanzierung bei der Sparkasse Südholstein. Derzeit kämen weniger Menschen als früher, um sich nach einem Immobilienkredit zu erkundigen. Und bei denen, die trotzdem kämen, „müssen wir deutlich öfter sagen, dass das leider so nichts wird“, sagt Schumann.

Haus kaufen Norderstedt: Hohe Zinsen - Wenn der Traum vom Eigenheim in weite Ferne rückt

Ganz ähnlich sieht es bei anderen Banken aus. „Für viele wird im Moment der Traum von der Immobilie sehr vage. Wir haben deutlich weniger Menschen, die mit Finanzierungswünschen zu uns kommen. Es sind etwa 50 Prozent weniger als sonst“, sagt Claudia Winklmann, Leiterin der Norderstedter Filiale der Deutschen Bank.

Für Thoralf Schumann ist die Situation geradezu beispiellos. Einen solchen Zinsanstieg in so kurzer Zeit, das hat es noch nie gegeben“, sagt er. Auch Claudia Winklmann betont: „Die Zinsen haben sich verviereinhalbfacht, liegen jetzt bei Immobiliendarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung bei etwa 4,5 Prozent.“ Auf der anderen Seite seien die Häuserpreise aber noch nicht wesentlich gesunken. Das bestätigt auch Michael Herte, Experte für Immobilienfinanzierung bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein.

Problem für Familien: Aus 1000 Euro Rückzahlung im Monat sind jetzt 2000 geworden

Was das konkret für eine Familie bedeutet, die einen Kredit zum Hauskauf oder Hausbau braucht, erklärt Thoralf Schumann. „Nehmen wir an, Sie brauchen ein Darlehen von 400.000 Euro. Früher, als die Zinsen bei einem Prozent lagen, bedeutete das eine monatliche Rückzahlungsrate von 1000 Euro. Jetzt, bei vier Prozent Zinsen, werden aus 1000 Euro 2000 Euro Rückzahlung im Monat. Und das können sich viele einfach nicht leisten. Oder sie sagen, so eine Belastung möchten sie nicht 25 Jahre lang haben.“

Es gebe aber noch weitere Probleme, sagt Thoralf Schumann. Die Banken sind nämlich auch zögerlicher, überhaupt Kredite zu vergeben. Denn wegen der hohen Inflation bleibt den Menschen weniger Geld im Portemonnaie, sie sind deshalb unter dem Strich auch weniger kreditwürdig. Schumann: „Bei den meisten Banken werden in punkto Lebenshaltungskosten nun, wegen der Inflation, andere Pauschalen angesetzt. Deshalb wird auch der Rahmen angepasst, der jeweils übrig bleibt, um die Kredite zu bedienen.“

Haus kaufen Norderstedt: Gesetze zur Vergabe von Krediten wurden 2016 verschärft

Außerdem hätten sich seit 2016, mit der Einführung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie auf EU-Ebene, auch die Verbraucherschutzregeln verschärft – Menschen werden de facto per Gesetz davor geschützt, Immobilienkredite abzuschließen, die sie vielleicht eines Tages nicht mehr bedienen können.

Thoralf Schumann, Leiter des Bereichs Baufinanzierung bei der Sparkasse Südholstein.
Thoralf Schumann, Leiter des Bereichs Baufinanzierung bei der Sparkasse Südholstein. © Sparkasse Südholstein | Sparkasse Südholstein

Dass Hausverkäufer trotzdem nicht mit den Preisen heruntergehen, hält Thoralf Schumann für nachvollziehbar. „Wenn Ihr Nachbar sein Haus für 500.000 Euro verkauft hat, wollen Sie nicht nur 420.000 für Ihres bekommen. Dann wollen Sie 530.000.“ Michael Herte ergänzt: „Wegen der hohen Inflation haben ja alle höhere Kosten. Da wird jetzt niemand den Preis für sein Haus senken.“ Er glaubt deshalb nicht an sinkende Immobilienpreise. Claudia Winklmann wiederum schätzt, dass auch die Zinsen nicht so bald sinken werden.

Haus kaufen: Ältere Ehepaare werden Häuser nicht los

Unter der Situation leiden auch Menschen, die ihr Haus gerne verkaufen würden – aber im Moment keine Käufer finden. Das schildert Sandra Schulz, Immobilienfachwirtin bei der Postbank Immobilien GmbH, die sich gut mit dem Markt in Norderstedt und Umgebung auskennt. So gebe es etwa „ältere Ehepaare, die sich verkleinern möchten“, ihr Haus aber derzeit nicht zu dem Preis loswerden, wie sie es geplant hatten. Denn auf der anderen Seite fehlen die jungen Familien, die das Geld dafür aufbringen.

„Ein Generationenwechsel benötigt deutlich mehr Vorlaufzeit als noch vor einem Jahr“, sagt Sandra Schulz. Denn diese Häuser seien oft gerade jene, die energetisch saniert werden müssten. „Solchen Ehepaaren raten wir dann, dass wir einen marktkonformen Preis finden müssen“, so die Expertin.

Was tun, wenn das Geld für die seniorengerechte Wohnung oder eine Reise eingeplant ist?

Allerdings hätten diese Ehepaare oft mit bestimmten Summen gerechnet, um sich eine seniorengerechte Wohnung und vielleicht noch eine Kreuzfahrt zu ermöglichen. Da sei es mitunter schwierig, einige Zehntausend Euro im Preis herunterzugehen.

Dieses Problem wird überall registriert, etwa bei der HypoVereinsbank: „Auf den privaten Immobilienmarkt bezogen, sehen wir, dass sich aktuell Käufer und Verkäufer nicht finden“, sagt Fabian Hauschild, Leiter des Filialverbundes Norderstedt.

Eltern oder Schwiegereltern fragen – ein Ausweg für den Hauskauf?

Gibt es einen Ausweg aus dieser Lage – wenn weder mit stark sinkenden Immobilienpreisen, noch mit sinkenden Zinsen zu rechnen ist? Als Königsweg raten viele Banken dazu, einfach eigenes Geld zum Hauskauf verwenden, sofern es denn vorhanden ist.

„Wer Eigenkapital hat, sollte überlegen, ob er das nicht doch in stärkerem Maße als geplant einsetzen kann“, sagt Claudia Winklmann. Thoralf Schumann ergänzt: „Viele sprechen mit der Familie, den Eltern oder den Schwiegereltern.“ Nur: Das ist längst nicht für jeden eine Option.

Sandra Schulz von der Postbank Immobilien GmbH (links) und Claudia Winklmann, Filialdirektorin der Deutschen Bank-Filiale in Norderstedt, am Schmuggelstieg.
Sandra Schulz von der Postbank Immobilien GmbH (links) und Claudia Winklmann, Filialdirektorin der Deutschen Bank-Filiale in Norderstedt, am Schmuggelstieg. © FMG | Claas Greite

Haus kaufen Norderstedt: Warum der Bausparvertrag gerade wieder in Mode kommt

Wer noch etwas Zeit hat mit Hauskauf oder Hausbau, sollte daran gehen, „Eigenkapital aufzubauen“, rät Claudia Winklmann. Das sei „der beste Weg“. Aktuell kommt dabei wieder der Bausparvertrag in Mode. Viele Banken raten dazu. Claudia Winklmann: „Das Instrument war lange Zeit nicht attraktiv, weil bei regulären Darlehen die Zinsen ebenfalls sehr niedrig waren.“

Das ist allerdings nun vorbei, aber beim Bausparvertrag seien die Zinsen in der Abzahlungsphase immer noch vergleichsweise niedrig, in der Größenordnung von zwei bis drei Prozent. Und außerdem sei dieser Zinssatz – der dann in zehn, 15 Jahren fällig wird, wenn das Darlehen gewährt wird – bereits garantiert.

Vielen Kunden gehe es im Moment genau darum: Zinssicherung, aus Sorge vor einer unsicheren Zukunft. „Das ist ein Thema, das derzeit sehr, sehr in den Vordergrund rückt.“ Bausparverträge ließen sich auch als Elemente in einem Gesamtpaket nutzen. „Den kann man zum Beispiel einbauen, um in zehn Jahren ein reguläres Darlehen abzulösen.“

Verbraucherschützer: Bausparvertrag kann reguläres Immobiliendarlehen nicht ersetzen

Kein so großer Fan des Bausparvertrags ist Michael Herte von der Verbraucherzentrale. „Die monatlichen Tilgungsraten sind oft eine totale Überforderung“, sagt er. Und nennt ein Beispiel: „Bei 200.000 Euro Bausparsumme werden in der Regel 1200 Euro monatlich fällig, nach Erhalt des Darlehens. Das bricht manchen Verbrauchern das Genick.“

Hertes Fazit: Bausparverträge könnten durchaus ins Spiel kommen, wenn es um kleinere Beträge gehe – als „Beimischung“ in einem Finanzkonzept etwa, oder zur Renovierung. Aber als alleiniges Instrument zur Hausfinanzierung seien sie nicht gut geeignet. Herte: „Für viele Normalverdiener wäre es finanziell nicht möglich, den Betrag, den man früher als Darlehen von der Hausbank bekommen hätte, komplett über einen Bausparvertrag zu finanzieren.“

Mieter bleiben – oder Mitglied in einer Wohnungsbaugenossenschaft werden

Und was rät er dann Familien, die gerne ihr Haus mit Garten hätten? „Abwarten, Eigenkapital schaffen. Und wenn man nicht mehr warten kann, in den sauren Apfel beißen und Mieter bleiben.“

Es gebe aber auch einen aus seiner Sicht sehr guten „Mittelweg“ zwischen Kaufen und Mieten. Und zwar, dass man Mitglied in einer Wohnungsbaugenossenschaft wird. Nur, „etabliert“ sollte die Genossenschaft sein, und eine „nennenswerte Zahl von Wohnungen“ besitzen.

Haus kaufen Norderstedt: Kleinere Immobilien als Alternative

Einige Auswege für Familien, die nicht mehr jahrelang warten wollen und auch nicht die Schwiegereltern um Geld bitten können, kennen auch die Bankberater. Fabian Hauschild: „Die Frage, welche Immobilie ich mir wirklich leisten kann, ist wichtiger denn je.“ Er rät dazu, sich bei Darlehen Zinsen möglichst lange zu sichern, auch, wenn der Betrag dann niedriger ausfällt. Motto: „Lieber länger die Zinsen bis mindestens 20 Jahre sichern und bei der Immobilie vielleicht eine Nummer kleiner.“

Thoralf Schumann sagt: „Es geht im Kern darum, zu schauen, was eigentlich die Beweggründe für den Wunsch nach dem Eigenheim sind.“ Am Ende des Nachdenkens könne zum Beispiel stehen, dass es auch eine kleinere Immobilie tut – oder eine in einer günstigeren Gegend.

Diese Möglichkeit nennt auch Claudia Winklmann. Dazu müsste man etwas weiter heraus aufs Land gehen: „Nördlich von Kaltenkirchen sind die Preise deutlich niedriger als im direkten Hamburger Umland.“