In Schleswig-Holstein diskutieren Opposition und Koalition heftig über das neue Wahlgesetz. Auch wann die Wahlen stattfinden, ist noch unklar.

Kiel. Das neue Wahlgesetz und der anschließende Termin für Neuwahlen sorgen für viel Diskussion zwischen Opposition und Koalition im Kieler Landtag. Die Fraktionen werfen sich gegeneitig vor, lediglich ihre Machtinteressen verwirklichen zu wollen. Fronten bilden sich zwischen CDU, FDP, SPD auf der einen und Grünen, SSW sowie Linke auf der anderen Seite. SPD-Fraktionschef Stegner will jetzt versöhnen, da sich eine schwarz-gelb-rote Einigung anbahnen könnte. Nach einem Urteil des Verfassungsgerichts muss das Wahlgesetz in Schleswig-Holstein geändert werden.

Wann die richterlich angeordneten Neuwahlen stattfinden, ist ebenfalls ein Streitthema: Die Opposition will nächstes Jahr wählen, die Koalition allerdings erst 2012. Grünen-Fraktionschef Robert Habeck hielt CDU, FDP und SPD vor, sie wollten nur Besitzstände wahren. "Statt ein Wahlgesetz zu schreiben, das der Verfassung entspricht, schreiben Sie die Verfassung so um, dass sie ihren, durch parteipolitische Bangbüxigkeit geprägten Vorstellungen eines Wahlrechts entspricht." Macht- und Moralvorwürfe kommen auch von anderen Seiten: Der CDU-Politiker Werner Kalinka warf Habeck Populismus vor. Die Grünen wollten nur die Stimmung ausnutzen, sagte er in Anspielung auf den Umfragen-Höhenflug der Partei. CDU, FDP und SPD wollen die Wahlkreise von 40 auf 35 reduzieren und die Zahl von 69 Abgeordneten aus der Verfassung streichen. Das soll verhindern, dass der Landtag die Vorgabe von 69 regelmäßig überschreitet – wie in dieser Legislaturperiode mit 95. Grund dafür sind Überhangmandate, für die andere Parteien einen Ausgleich erhalten. Zur Zeit ist dieser noch begrenzt; die Deckelung soll nach dem Willen aller Fraktionen wegfallen. Grüne, SSW und Linke sind gegen eine Verfassungsänderung und wollen stattdessen die Zahl der Direktmandate auf 27 senken, um so das Aufblähen des Landtags zu verhindern.

SSW-Fraktionschefin Anke Spoorendonk erklärte, CDU und SPD betrachteten die Wahlkreise offensichtlich als ihr Eigentum. FDP-Kollege Wolfgang Kubicki, dessen Fraktion zunächst 30 Wahlkreise angestrebt hatte, hielt dagegen: Mit dem Vorschlag von Grünen und SSW steige die Macht der Parteiapparate, der unmittelbare Einfluss der Wähler sinke. Uli Schippels von der Linken betonte, dass eine zügige Neuwahl wichtig sei. Beim Wahlgesetz hat sich die Linke im Wesentlichen dem Vorschlag von Grünen und SSW angeschlossen. SPD-Fraktionschef Ralf Stegner agierte als Versöhner und rief zu Kompromissbereitschaft auf. "Wir brauchen kein schwarzes, kein gelbes, kein grünes, kein rotes Wahlgesetz, wir brauchen ein gemeinsames“. Die Sozialdemokraten wollen jedoch – anders als CDU und FDP – den Wahltermin im Gesetz auf den 13. November 2011 festlegen. Grüne, Linke und SSW verlangen eine schnelle Neuwahl. Die Schleswiger Richter hatten die Wahl bis "spätestens" Ende September 2012 angeordnet. Diese Frist will die Koalition anscheinend ausschöpfen. Eine Neuwahl sei frühestens am 1. August 2012 möglich, sagte FDP-Fraktionschef Kubicki und verwies auf eine Urteilspassage, wonach die Legislaturperiode am 30. September 2012 ende.

(dpa)