Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein akzeptiert das Gerichtsurteil, das Neuwahlen bis zum 30. September 2012 vorsieht.
Kiel. Peter Harry Carstensen (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, will mindestens bis zu den vorgezogenen Neuwahlen im Amt bleiben. Das Landesverfassungsgericht habe Neuwahlen bis spätestens 30. September 2012 angeordnet, „dieses Urteil haben wir zu akzeptieren“, sagte Carstensen am Montag in einem kurzen Statement in der Kieler Staatskanzlei. Das wichtigste Ziel der Landesregierung bleibe bestehen, den Haushalt zu konsolidieren. „Diesem Ziel fühle ich mich verpflichtet und dieser Verantwortung werde ich mich weiter stellen.“
Auf die Frage, ob er 2012 selber für eine Neuwahl zur Verfügung stehe, sagte Carstensen, diese Frage stelle sich derzeit nicht. Und er fügte hinzu, er gehe von einem Wahltermin im September 2012 aus. Der Regierungschef betonte zudem, das Verfassungsgericht habe mit seiner Entscheidung vom Montag gleichwohl die Mehrheitsverhältnisse im Parlament bestätigt.
Das Landesverfassungsgericht in Schleswig hatte am Montag das Wahlgesetz für verfassungswidrig befunden. Es setzte für Neuwahlen eine Frist bis Ende September 2012. Regulär würde die Legislaturperiode bis 2014 dauern.
Weil es um die Macht im Land zwischen den Meeren und die Handlungsfähigkeit der Regierung geht, war die Nervosität groß. Der Satz „Warten wir den 30.8. ab“ bestimmte das politische Vokabular seit Wochen.
Schuld an der vertrackten Lage sind die Landespolitiker selbst, weil ihr Wahlgesetz den Verfassungsvorgaben in der Praxis zuwiderläuft. So sitzen statt der festgeschriebenen 69 Abgeordneten 95 im Landtag. Im Kern ging es um die Frage, ob das Wahlgesetz verfassungsgemäß ist. Weil sie das wie viele andere auch bezweifeln, haben Grüne und SSW Normenkontrollklage eingereicht. Es geht aber auch konkret darum, ob die Wahlleiterin das Gesetz korrekt ausgelegt hat und die Sitzverteilung im Parlament zu halten ist. Gegen diese liegen Wahlprüfungsbeschwerden aus dem linken Lager vor.
Der Konflikt rankt sich um die Überhangmandate, von denen die CDU bei der Wahl vom 27. September elf erhielt. Solche Mandate entstehen, wenn eine Partei über ihre Direktkandidaten in den Wahlkreisen mehr Sitze holt als ihr nach dem prozentualen Zweitstimmenergebnis zustünden. Um dieses im Parlament widerzuspiegeln, verlangt die Verfassung Ausgleichsmandate für die anderen Parteien. Deren Zahl wiederum begrenzt das Wahlgesetz mit einer unklaren Formulierung. Nach der jüngsten Wahl führte die Deckelung dazu, dass drei Überhangmandate der CDU nicht mehr ausgeglichen wurden – so reichte es für Schwarz-Gelb. Die ursprüngliche Mehrheit von drei Stimmen schmolz dann auf eine zusammen, weil ein Wahlbezirk in Nordfriesland falsch ausgezählt wurde. So verlor die FDP ein Mandat an die Linke.
+++Gericht überprüft Sitzverteilung – Schwarz-Gelb auf Kippe?+++
SPD-Landeschef Ralf Stegner hielt es für sehr wahrscheinlich, dass die Richter das Wahlgesetz für verfassungswidrig halten. „Für den Fall, dass die Legislaturperiode verkürzt wird, wäre die SPD sehr schnell handlungsbereit“, sagte er. Eine Frist bis Frühjahr 2011 würde ausreichen, um sich auf ein neues Wahlgesetz zu verständigen und Neuwahlen abzuhalten, meint Grünen-Landeschefin Marlene Löhr. Eine Hängepartie sei das Letzte, was das Land brauche.