Die türkischen Behörden machen Druck. Hotel-Manager im Verhör. Wer bezahlt die Arztrechnung?

Lübeck. Genau zwei Wochen ist die schicksalhafte Feier im Anatolia Beach Hotel im südtürkischen Badeort Kemer her. Zu siebt hatten die Schüler aus Lübeck zusammengesessen und - unwissentlich - gepanschten Schnaps getrunken. Rafael N. (21), Jan L. (19) und Jean-Pierre F. (18) starben, vier weitere Jugendliche überlebten. Jetzt kommt Bewegung in die Ermittlungen.

Gestern vernahm die türkische Polizei zwei festgenommene Manager der Urlauberanlage, nachdem dort Alkoholproben mit hohen Methanolwerten gefunden worden waren. Auch der Getränkelieferant soll festgenommen worden sein. Nach ihm wurde mit Haftbefehl gesucht, nachdem er zu einer Vernehmung nicht erschienen war und auch an seinem Wohnort nicht angetroffen wurde. Für heute haben die Behörden weitere Details angekündigt.

In Lübeck sitzt der Schock noch tief. Kaum jemand mag sich nach dem Tod der beiden Koma-Patienten in der Uniklinik zu den tragischen Ereignissen auf der Klassenreise des Bildungszentrums Mortzfeld äußern. Der Vater einer überlebenden Schülerin sagte den "Lübecker Nachrichten": "Es geht ihr psychisch wieder extrem schlecht."

Die rechtsmedizinischen Untersuchungen dauern derweil an. "Bestätigt ist bislang der Hirntod. Die Todesursache ist weiter unklar", sagte Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Schultz dem Abendblatt. "Wir gehen aber davon aus, dass auch sie an einer Methanolvergiftung starben." Ihr Klassenkamerad Rafael N. (21) war bereits am Tag nach dem Trinkgelage gestorben.

Die Lübecker Ermittler haben ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet. "Wir werden die Ermittlungen aber nicht nach Deutschland übernehmen, sondern liefern zu."

Für die türkischen Behörden ist der Fall von höchster Brisanz . Schwarzbrennerei ist in vielen Regionen ein Thema. Grund ist die hohe Alkoholsteuer. Immer wieder sterben Menschen an dem Billigfusel. Der Hotelierverband forderte stärkere Kontrollen, um einen Imageschaden zu verhindern. Offenbar erwägt das Tourismusministerium eine Schließung des Hotels in Kemer.

Für die betroffenen Familien ist das ein schwacher Trost. Sie haben ihre Söhne verloren - und stehen möglicherweise vor großen Geldproblemen. Allein der Rücktransport der beiden Koma-Patienten im Ambulanzjet hat etwa 40 000 Euro gekostet. Die Kosten für das Krankenhaus in Antalya werden pro Patient auf 50 000 Euro geschätzt. Während einer der beiden Schüler als ADAC-Mitglied versichert ist, sprang für den anderen der Schulförderverein ein. Nun werden Spenden für die Familie gesammelt. Aktueller Stand: knapp 1500 Euro.

"Da es sich um einen Unfall während einer Schulveranstaltung handelt, könnte auch die Berufsgenossenschaft zuständig sein", sagte ADAC-Sprecher Jochen Oesterle dem Abendblatt.