“Jetzt geht es los, Genossen!“: Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil tritt bei der Landtagswahl gegen CDU-Kandidat David McAllister an.

Hannover. Zwischendurch war es ein Kopf-an-Kopf-Rennen, am Ende war dann aber doch alles klar: Die niedersächsische SPD traut Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil am ehesten zu, Anfang 2013 auch das Regierungszepter für das ganze Land zu übernehmen. Die Entscheidung für das Stadtoberhaupt und gegen seinen parteiinternen Rivalen, SPD-Landeschef Olaf Lies (44), war bei der Urwahl am Sonntag jedoch alles andere als ein Spaziergang für den 52-jährigen Juristen. Zum Feiern war ihm trotzdem zumute. Vom Parteivolk frenetisch beklatscht, stieg Weil am Abend in der SPD-Landeszentrale auf einen Stuhl und läutete im Blitzlichtgewitter der Fotografen schon mal inoffiziell den Wahlkampf ein: „Wir haben anstrengende Wochen hinter uns, den bestmöglichen Start hingelegt. Jetzt geht es los, Genossen!“

Dabei war es enger als gedacht. Nachdem drei der neun Zählstellen ihre Resultate nach Hannover gemeldet hatten, sah es zunächst so aus, als würden in Weils Lager bereits die Korken knallen. In Hameln, Osterode und Lüneburg lag er deutlich vor Lies. Doch dann kamen die Zählstellen im Nordwesten an die Reihe, wo der friesische Kreischef Lies eine weitaus stärkere Anhängerschaft hat als Weil.

Das vorläufige Endergebnis von 53,3 Prozent Zustimmung an der Basis verdankt der Hannoveraner vor allem der Mobilisierung der SPD-Anhänger in den südlichen und östlichen Landesteilen. Hier fuhr der OB teils das Vierfache der Stimmen von Lies ein. In Hameln etwa kam er auf mehr als 76, Lies auf magere 23 Prozent. Komplett umgekehrt war das Bild in Aurich: Hier stimmten fast 85 Prozent für den Friesen Lies, der landesweit letztlich nur auf 46,1 Prozent kam.

Weil ist sich der Verantwortung bewusst, die er nun trägt. Denn der bei vielen Genossen als eher pragmatisch geltende OB muss im bevorstehenden Wahlkampf auch Lies' Anhänger mitnehmen – sein Rivale wird eher dem linken Spektrum zugeordnet. „Alle, die für Olaf gestimmt haben, verdienen meinen vollen Respekt“, stellte Weil klar. Er will Spekulationen um die viel gefürchtete Lagerbildung erst gar nicht aufkommen lassen: „Ich will auch ihr Vertrauen erwerben.“

+++ Olaf Lies und Stephan Weil: Das Duell der Kandidaten +++

Hinter beiden Kandidaten liegen sieben Regionalkonferenzen, auf denen sie sich inhaltlich kaum voneinander abzugrenzen versuchten - sie wollten bei den Fürsprechern des Konkurrenten auf keinen Fall anecken. „Unser Stil unterscheidet sich dagegen sehr“, hatte Weil vor der Abstimmung erklärt. Lies reagierte ähnlich zahm: „Gewinnen kann man nur im Team. Die wesentlichen Kernfelder besetzen wir gleich.“

Eine Spaltung der Landespartei soll unter allen Umständen verhindert werden. Nur so kann die Wechselstimmung, die die SPD zu spüren glaubt, in 14 Monaten in einen Landtagswahl-Sieg umgesetzt werden. „Die SPD ist ohne Blessuren aus diesem Prozess hervorgegangen“, betonte Weil – und will nicht ausschließen, den unterlegenen Lies in seine Wahlkampf-Truppe zu holen. Der Verlierer will den Parteivorsitz abgeben, sein Landtagsmandat aber behalten.

Ein Gutes hat die Niederlage immerhin auch für den bisherigen Landeschef: Mit 39,6 Prozent Beteiligung signalisierten die knapp 65 000 SPD-Mitglieder im Land ein höheres Interesse an der „K-Frage“, als einige Beobachter zuvor angenommen hatten. Wahlleiter Dieter Möhrmann war mehr als zufrieden. Und auch SPD-Bundestagsfraktionschef und Ex-Generalsekretär Hubertus Heil sieht den Mitgliederentscheid als Kampfansage an das schwarz-gelbe Kabinett in Hannover: „Ich hätte mit dieser Wahlbeteiligung nicht gerechnet.“