Am ersten Prozesstag gegen den mutmaßlichen dreifachen Kindermörder Martin N. hat der Vater eines der Opfer ausführlich gesprochen.

Stade. Im Prozess gegen den mutmaßlichen dreifachen Kindermörder Martin N. hat am Montag der Vater seines ersten Opfers ausgesagt. Vor fast 20 Jahren war sein Sohn, der 13-jährige Stefan J., aus einem Internat in Scheeßel (Kreis Rotenburg) verschleppt und getötet worden. „Es war die schlimmste Zeit meines Lebens“, sagte der 68-Jährige am Montag vor dem Landgericht Stade. Seit dem Tod des Sohnes habe er unbedingt wissen wollen, was geschehen ist. Seine eigenen Recherchen und Theorien schilderte er der Kammer ausführlich.

Martin N. hat im Prozess drei Morde und viele sexuelle Übergriffe gestanden. Stefan J. tötete er 1992, drei Jahre später den acht Jahre alten Dennis R. Sein drittes Opfer war 2001 der neunjährige Dennis K. Der 40 Jahre alte Angeklagte verfolgte die Ausführungen nahezu regungslos. Die ganze Zeit blickte er starr auf den Tisch vor sich.

Für Stefans Vater reichten die damaligen Ermittlungen der Polizei nicht aus. Vor allem die Annahme, sein Sohn habe sich mitten in der Nacht aufgemacht und sei verschwunden, habe er nicht nachvollziehen können, sagte er. Es habe sich alles widersprochen – seine Taschen, sein Geld, alles sei dagewesen. Ende 1992 schaltete der Vater einen Anwalt ein, engagierte einen Detektiv und forschte lange Jahre auf eigene Faust.

Als 1995 Dennis R. verschleppt, getötet und seine Leiche später in Dänemark gefunden wurde, „war es ein richtiger Schock für mich“, sagte der 68-Jährige. Es gebe große Ähnlichkeiten der Jungs. „Mir war klar, das muss derselbe Täter gewesen sein.“ Die Polizei habe allerdings erst nach dem Tod von Dennis K. 2001 von einem Serientäter gesprochen, äußerte der Rentner kritisch.

Für ihn sei mittlerweile klar, „Stefan muss im Zimmer ermordet worden sein und die Leiche nach ein Uhr aus dem Internat geschleppt worden sein, damit es so aussah, dass Stefan abgehauen ist.“ Auch glaubt der Vater nicht, dass Martin N. seine Leichen gleich nach der Tat irgendwo hinbrachte. Nach seiner Theorie wollte der Angeklagte in den Besitz der Leiche kommen und sie weiter missbrauchen, bis es wegen Verwesungsgeruchs nicht mehr ging.


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Über seine Gefühle berichtete der 68-Jährige erst, nachdem der Vorsitzende Richter, Berend Appelkamp, ihn direkt danach gefragt hatte. Die Nachricht vom Tod sei sehr niederschmetternd gewesen. „Dass die Ungewissheit weg war, war auch eine gewisse Erleichterung.“ Seit der Festnahme des Angeklagten „ist das dauernde Grübeln und Nachforschen weg, wer denn nun der Täter ist“.

„Stefan wäre nicht freiwillig mit jemandem mitgegangen“, sagte die 61 Jahre alte Mutter. Im Gegensatz zu ihrem Mann habe sie sich auch damit abgefunden gehabt, dass der Fall vielleicht nie aufgeklärt worden wäre. Sie habe den Verlust des Sohnes anders verarbeitet. Der fünfjährige Bruder habe betreut und aufgezogen werden müssen. „Das hat mich immer wieder aufgerichtet.“

Zu Beginn der Verhandlung hatte ein Polizeibeamter vom Fund der Leiche von Stefan berichtet. Gefunden worden war der Junge im Naturschutzgebiet Verdener Dünen. Das Opfer war nur mit Socken und T-Shirt bekleidet, die Hände waren auf dem Rücken gefesselt. An diesem Mittwoch steht das dritte Kind, Dennis R., im Mittelpunkt des Verhandlungstages. (dpa)