Schwarzenbek/Güster. Immer mehr Kirchenaustritte, viele sakrale Gebäude sind alt. Auch das Franziskushaus Schwarzenbek steht jetzt auf dem Prüfstand.
Die Zahl der Mitglieder in den Kirchen sinkt rapide. Die Folge sind Zusammenlegungen von Kirchengemeinden, aber auch ein „Ausverkauf“ bei den Immobilien. Denn viele Kapellen, Gemeindezentren und Gotteshäuser sind sehr alt und nur mit hohen Kosten zu erhalten. Geld, das angesichts der zahlreichen Kirchenaustritte immer knapper wird. Angesichts dieser Situation werden alle 50 Kirchengemeinden im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg ihre Immobilien auf den Prüfstand stellen müssen, sagte Propst Philip Graffam.
Bereits 2017 hat die evangelische Kirchengemeinde Schwarzenbek die marode Kapelle auf dem Neuen Friedhof an Bestatter Axel Möller zum symbolischen Preis von einem Euro verkauft. Der investierte eine Million Euro in das Gebäude aus dem Jahr 1963, dessen Unterhalt die Kirchengemeinde nicht mehr bezahlen konnte. „Das ist ein großer Gewinn für die Kirchengemeinde und die Bürger Schwarzenbeks. Durch den Verkauf wurde ein würdiger Raum für Trauerfeiern erhalten“, sagt Pastor Andreas Schöer.
Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg verkauft weitere Immobilien
Jetzt folgt die Auferstehungskapelle in Güster. Sie wird an die Gemeinde Güster übergeben, die künftig für den Unterhalt verantwortlich ist und das Gebäude auch für Ausstellungen und Veranstaltungen nutzen will. Unter anderem ist eine Ausstellung im Rahmen des Kultursommers am Kanal geplant. Die Kapelle aus dem Jahr 1972 wird bei einem Gottesdienst am Sonntag, 4. Juni, um 10.30 Uhr entwidmet und dann der Gemeinde übergeben.
Die Kirchengemeinde hat jetzt eine entsprechende Vereinbarung mit der Kommune getroffen. „Sylvia Paulsen, die Vorsitzende unseres Kirchengemeinderates, hat gemeinsam mit Güsters Bürgermeister Wilhelm Burmester den Vertrag unterschrieben“, sagt Pastorin Gabriela Wilmer. Kirchliche Veranstaltungen sind aber auch künftig geplant. Deshalb bleiben auch die Orgel und die Glocken im Gebäude.
Gemeinden Sahms und Siebeneichen zusammengelegt
Vor fünf Jahren wurde der notwendige Zukunftsprozess in der Kirchengemeinde Siebeneichen angestoßen, die nun seit zwei Jahren gemeinsam mit der Kirchengemeinde Sahms unterwegs ist. Schon damals stand fest, sich angesichts sinkender Mitgliederzahlen, geringerer Kirchensteuer-Mittel und der angespannten Finanzlage mittelfristig von Gebäuden trennen zu müssen. Sechs Predigtstätten gibt es bislang in den beiden Kirchengemeinden, die zusammen etwa 2750 Mitglieder zählen.
„Wir haben die Diskussionen an allen Standorten mit interessierten Gemeindegliedern und Bürgerinnen und Bürgern sehr offen, transparent und lebhaft geführt“, erinnern sich Gabriela und Stefan Wilmer, die seit 2015 als Pastorenpaar in Siebeneichen zu Hause sind und mit eineinhalb Planstellen für Siebeneichen und Sahms tätig sind.
Größere Reparaturen an dem alten Gebäude kann sich die Kirche nicht leisten
Offen räumt die Seelsorgerin ein, dass sich die Kirchengemeinde größere Reparaturen an dem Gebäude nicht hätte leisten können. „Auch wenn es gegenwärtig keine Probleme an der Bausubstanz gibt, aber im Fall der Fälle hätten wir schnell vor der Entscheidung gestanden, ob wir die Kapelle schlimmstenfalls abreißen lassen müssen.“
Durch die Übertragung an die Gemeinde sichern beide Seiten der Kapelle nun eine Zukunft. So froh Gabriela und Stefan Wilmer über die Ergebnisse in Güster auch sind, so genau wissen sie, dass weitere Maßnahmen notwendig sind und dass nach Lösungen für den Umgang mit den vielen Gebäuden in ihren Kirchengemeinden gesucht werden muss.
„Es gibt keine Alternative“
Der Lauenburgische Propst Philip Graffam wird bei der Entwidmung des Sakralraumes mit dabei sein. „Bereits vor zehn Jahren zeichnete sich ab, dass die Kirchengemeinden künftig weniger Geld zur Verfügung und weniger Mitglieder haben werden“, erläutert Philip Graffam. 2013 leitete die Synode, das höchste demokratisch besetzte Gremium im Kirchenkreis, erste maßgebliche Schritte ein, um die Kirchengemeinden für die Zukunft gut aufzustellen.
Im Dezember 2017 wurde schließlich ein Gebäudekonzept verabschiedet, verbunden mit dem Auftrag, die regionale Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden zu intensivieren und zugleich den tatsächlichen Bedarf von Liegenschaften angesichts geringerer Mitgliederzahlen zu ermitteln. „Das sind Aufgaben, die niemand weder gern beschließt, noch in Angriff nimmt“, ergänzt Lübecks Pröpstin Petra Kallies. Aber: „Die Gemeinden haben erkannt, dass es keine Alternative gibt und wie elementar diese Prüfung ist.“
Das Franziskushaus ist das „Sorgenkind“ der Kirchengemeinde Schwarzenbek
Eine solche Prüfung steht jetzt auch in Schwarzenbek an. Das „Sorgenkind“ der nur noch 5300 Mitglieder zählenden Kirchengemeinde ist das Franziskushaus gegenüber der Kirche. Es wurde 1969 gebaut. Ein damals modernes Gemeindehaus, das durchaus auch stadtbildprägend ist. Der rosafarbene Anstrich ist allerdings Geschmackssache.
„Die Instandhaltung des Hauses, mit Betonfassade und einem Flachdach ist teuer und bringt den Bauausschuss an seine Grenzen. Das Haus ist nicht barrierefrei. Der Zugang von außen ist bisher nur über eine Treppe möglich. Der Zugang innen sowohl zu den verschiedenen Räumen im Obergeschoss als auch zu den Toiletten im Kellerbereich ist ebenso nur über Treppen möglich“, sagt Pastor Andreas Schöer.
- Mitgliederschwund in Nordkirche beschleunigt sich
- Nach 30 Jahren: Pastorin Anke Schäfer nimmt Abschied von Trittau
- Pastor Phillip Graffam verabschiedet sich aus der Elbestadt
„Dass es in der Stadtmitte auch weiterhin einen zentralen Versammlungsort geben muss, ist evident. Der Veranstaltungskalender im Franziskushaus ist eng getaktet und gut belegt. Außerdem befinden sich die Gemeindebüros dort und sind als Kommunikationsort gut erreichbar“, so der Geistliche weiter. Es entstand die Idee, einen Neubau des Gemeindehauses kleiner und barrierefrei zu schaffen.
Perspektivisch sei hier auch ein Verwaltungszentrum für die ganze Region denkbar. Es soll moderne Räume für die Jugendarbeit beinhalten. Ebenso sind Räume für die gemeindliche Seniorenarbeit vorgesehen. „Dabei ist nicht entschieden, ob es um ein eigenes Gebäude der Kirchengemeinde gehen soll oder um einen Neubau in Kooperation mit anderen Trägern, in dem sich die Kirchengemeinde einmietet. Bisher sind es Ideen“, so der Pastor. Eine Sanierung sei jedoch nicht sinnvoll.
Ohne Partner ist ein Neubau des Gemeindezentrums nicht möglich
„Solche gravierenden baulichen Veränderungen sind nicht allein durch die Kirchengemeinde zu stemmen – sowohl finanziell als auch von der Belastung der Mitarbeitenden. In enger Kooperation mit der Bauabteilung des Kirchenkreises versuchen wir, weitere Schritte zu gehen, brauchen aber noch Zeit – und vor allem auch finanzielle Mittel –, um die bisherigen Ideen umzusetzen“, sagt Schöer.
Investitionen sind aber auch in der aus dem Jahr 1895 stammenden St. Franziskus-Kirche erforderlich. Die Kirche ist bautechnisch in einem sehr guten Zustand. In den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch die Bodendichte rund um die Kirche verändert. Dadurch haben sich die Nord- und die Südwand nach außen geneigt. Seit 2006 wird immer wieder eine Rissbildung im Gewölbe der Kirche wahrgenommen. „Um die Kirchenwände zu stabilisieren, ist es angedacht, dass Zuganker in der Kirche installiert werden. Dadurch sollte auch das Problem der Rissbildung gelöst sein“, so Schöer.