Schwarzenbek. Laut Satzung des inzwischen aufgelösten Vereins soll das Geld in die Jugendarbeit fließen. So hoch ist die Spende.
Das Vereinsleben in Schwarzenbek verliert immer mehr an Vielfalt. Mit der Auflösung des Bürgervereins vor einem Jahr ist einer der großen „Player“ im gesellschaftlichen Leben der Stadt verschwunden. Zuvor hatten sich unter anderem der Hausfrauenbund und das Bündnis für Familien aufgelöst. Viele andere kleine Vereine beklagen einen Mitgliederschwund.
Jetzt hat der Bürgervereins-Schatzmeister Hartmut Schacht Kassensturz gemacht und die langjährige Vorsitzende Ute Stimper hat das verbliebene Vereinsvermögen an Bürgermeister Norbert Lütjens übergeben. Nach Vereinsrecht darf der Kassensturz erst nach einem Jahr erfolgen, falls sich noch Gläubiger melden, die Ansprüche wegen ausgebliebener Forderungen erheben.
2500 Euro fließen in die Jugendarbeit der Stadt Schwarzenbek
2500 Euro flossen so in die Stadtkasse – Geld das gemäß der Satzung des im September 2021 aufgelösten Bürgervereins an die städtische Jugendarbeit fließen soll. „Wir werden damit etwas kaufen, was sich die Stadt sonst nicht leisten könnte. Die Entscheidung liegt bei den Politikern im Sozial- und Kulturausschuss. Geld für Investitionen im Kinder- und Jugendbereich ist immer knapp, da kommt die Spende genau richtig“, sagte der Verwaltungschef.
Die Lücke die der Bürgerverein reißt, ist schwer zu schließen. Die zuletzt knapp 500 Mitglieder hatten unter anderem das Maibaumfest, das Stadtvergnügen und den Weihnachtsmarkt organisiert. Ob es jemals wieder ein Stadtvergnügen gibt, steht in den Sternen. Den Weihnachtsmarkt hat der Förderverein der Feuerwehr erstmals in Eigenregie im vergangenen Jahr übernommen. Ein kleines Maibaumfest mit einem „Diner en blanc“ wird es erstmals am 1. Mai von der Wirtschaftlichen Vereinigung in Kooperation mit der Stadt geben.
Die Auflösung des Bürgervereins ist ein Grundproblem, das ein Schlaglicht auf das schwindende Interesse der Menschen an langfristigem ehrenamtlichen Engagement wirft. „Das ist eine Situation, der wir uns stellen müssen. Ich sehe aber auch einen Kulturwechsel, der mich hoffnungsvoll stimmt“, sagte Bürgermeister Norbert Lütjens, als er die Spende am Dienstagabend in seinem Amtszimmer von Ute Stimper entgegennahm.
Bürgermeister erhofft sich neue Impulse für das Ehrenamt durch das ISEK-Projekt
Der Verwaltungschef setzt große Erwartungen in das erstaunlich hohe bürgerliche Engagement beim Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK), das am Dienstag, 28. Februar, um 18 Uhr im Forum des Gymnasiums in eine neue öffentliche Beteiligungsrunde geht. „Mehr als 200 Menschen haben sich bei den ersten beiden öffentlichen Workshops mit ihren Ideen eingebracht. Ich hoffe, dass viele von ihnen sich weiter für ihre Stadt engagieren werden. Das zeigt uns, dass sich die Menschen für ihre Stadt interessieren und sich einbringen wollen. Genau das kann der Funke für neue Projekte sein“, so der Bürgermeister.
Denn grundsätzlich gibt es einen Wandel im ehrenamtlichen Engagement. Außer bei Großvereinen wie dem TSV und dem DRK (die ebenfalls mit hoher Fluktuation zu kämpfen haben) gibt es einen nicht zu verkraftenden Mitgliederschwund bei kleineren Vereinen. Noch größer ist aber das Problem, dass die Zahl der Menschen, die bereit sind, in einem Verein Verantwortung im Vorstand zu übernehmen, rapide sinkt. Das war auch das Todesurteil für den Bürgerverein.
Menschen wollen sich nicht langfristig engagieren, sondern projektbezogen arbeiten
„Dafür stellen wir fest, dass mehr Menschen bereit sind, sich projektbezogen für eine gewisse Zeit zu engagieren“, sagt Lütjens. „So ist ja auch der Bürgerverein 1984 entstanden, weil es vor dem Brückenbau um die ständigen Verkehrsprobleme am Bahnübergang ging“, erinnert Ute Stimper. Einige Zeit gab es auch die „Energiebürger“, die aus einem Projekt von VHS und Klimaschutzmanagerin ökologische Projekte entwickelt haben.
Als die Förderung auslief und das Coaching endete, verlief diese Initiative allerdings im Sande. Besser funktioniert es bei moderierten Runden wie dem neu gegründeten Seniorenbeirat, der von Ordnungsamtsleiterin Petra Scheerer unterstützt wird, oder Gruppen, die in der Stadtbücherei Aktionen machen und dabei vom Personal Hilfestellungen bekommen.
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Bürgerzentrum in Dänemark könnte Vorbild für die alte Realschule dienen
Ein ähnliches Konzept gibt es im Bürgerzentrum „Dokk1“, das sich eine Delegation aus Schwarzenbek im Januar im dänischen Aarhus angesehen hat und das als Vorbild für die alte Realschule dienen könnte. Die Verzahnung von Bücherei, Bürgerservice und viel Platz für ehrenamtliches Engagement hat die Politiker, Verwaltungsmitarbeiter und Pädagogen bei dem Besuch fasziniert.
„Offene Projekte, bei denen engagierte Bürger musizieren, diskutieren, künstlerisch tätig werden oder was auch immer, können der Schlüssel zu neuem ehrenamtlichen Engagement sein. Das wollen wir ausprobieren und die positive Stimmung vom ISEK dafür nutzen. Gemeinsam mit den Politikern wollen wir beraten, wie das gehen kann“, so der Bürgermeister. Wichtig ist ihm aber, dass solche Projekte möglichst schnell als Pilotversuche nach dänischem Modell ausprobiert und initialisiert werden. „Wir können nicht damit warten, bis irgendwann in einigen Jahren die alte Realschule umgebaut ist. Räume für diese Projekte werden wir schon finden, wenn der politische Wille dafür vorhanden ist“, so der Verwaltungschef.