Schwarzenbek. „Purer Wahlkampf“, „aus der Mottenkiste“: CDU und Grüne lehnen Idee für Bahnhof Schwarzenbek ab – mit diesen Argumenten.
Die Reaktionen reichen von „Mottenkiste“ und „purer Wahlkampf“ bis zu „grundsätzlich ja“. Zur Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 16. Februar, hat die SPD-Fraktionen beantragt, den Schwarzenbeker Bahnhof mit Videokameras zu überwachen. Die SPD beantragt, die Fahrradständer beiderseits des Bahnhofes mit kommunaler Videotechnik zu überwachen und erneute Gespräche mit der Deutschen Bahn AG über Kameras auf den Bahnsteigen selbst zu führen. Die Sozialdemokraten berufen sich dabei auf Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU), die nach dem Messerattentat von Brokstedt mehr Videoüberwachung auf Bahnhöfen und in den Zügen gefordert hatte.
Der Versuch, das Attentat im Regionalexpress von Kiel nach Hamburg zu instrumentalisieren, ist für den CDU-Fraktionsvorsitzenden Hans-Jürgen Stribrny „purer Wahlkampf“. Der CDU-Politiker, der vor seinem Ruhestand in der Europastadt als Ordnungsamtsleiter selbst in der Stadtverwaltung tätig war, verweist auf die zahlreichen Gespräche mit Bahn und Polizei, bei denen diese die Position vertreten hätten, der Bahnhof sei kein Kriminalitätsschwerpunkt. „Was dort geschieht, kann auch überall sonst in der Stadt geschehen“, so Stribrny.
Videoüberwachung verhindert keine Kriminalität
„Da wurde leider tief in die Mottenkiste der Symbolpolitik gegriffen“, bedauert Kolja Ronneberger, Sprecher des Ortsverbandes der Grünen und Kriminologe. Tatsächlich habe sich entgegen den Erwartungen und Versprechen der Politik das Instrument der Videoüberwachung in zahlreichen Studien als wirkungslos erwiesen, wenn es darum geht, Kriminalität verhindern zu wollen. Stattdessen werde lediglich die Anonymität der Bevölkerung im öffentlichen Raum immer weiter eingeschränkt. „Kein Wunder also, dass auch die Deutsche Bahn inzwischen davon absieht, weitere teure Videoanlagen aufzubauen“, sagt Ronneberger und kritisiert ebenfalls die Verknüpfung mit Brokstedt: „Den tragischen Messerangriff in Brokstedt mit diesem Antrag zu verknüpfen, finde ich unredlich. Die meisten Straftaten dieser Art werden von Tätern begangen, die schwerwiegende psychische Probleme haben. Dieser Umstand ist für uns alle schwer zu ertragen, weil wir uns vor völlig irrationalen Taten nicht schützen können. Den Eindruck zu erwecken, eine Videokamera könnte die Sicherheit der Reisenden in welcher Form auch immer erhöhen, wird den Sorgen der Bevölkerung nicht gerecht.“
Auch das Argument, dass die Furcht vor der Kriminalität die Bürger davon abhalten würde, mit dem Fahrrad zum Bahnhof zu fahren, will der Grüne so nicht gelten lassen. Grund sei eher die vernachlässigte Infrastruktur für den Fahrradverkehr. „In dieser Frage kämpfen wir in den Ausschüssen aktuell noch einen aussichtslosen Kampf“, stellt Ronneberger fest. Nach den klaren Meinungsäußerungen vieler Schwarzenbeker bei dem öffentlichen Forum zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) im Dezember sei nun auch den anderen Fraktionen klar geworden, wie wichtig das Thema Mobilität und Fahrradverkehr den Bürgern sei. Ronneberger: „Ob die SPD-Fraktion die tatsächlichen Hintergründe dafür verstanden hat, bleibt bei dem vorliegenden Antrag zu bezweifeln.“
FWS und FDP wollen neue Fakten um prüfen zu können
Ablehnung kommt auch vom FDP-Fraktionschef Helmut Stolze: „Der SPD-Antrag ist eine Wiederholung von 2018, 2019 und einer erneuten Forderung aus 2021. Passt natürlich gut in die Vorwahlkampfzeit.“ Stolze verweist auch darauf, dass damals aufgrund fehlender Rechtsgrundlagen sowie Datenschutz- und Kostengründen die Anträge abgelehnt wurden. Wenn es nun beweisbare neue Erkenntnisse gebe, könne die Kommunalpolitik die Videoüberwachung erneut beraten, so Stolze: „Eine bloße, nicht auf Fakten gestützte Vermutung reicht hier nicht aus!“
Anders sieht es Bernhard Böttel, Fraktionschef der Freien Wähler Schwarzenbek (FWS): „Wir können uns das grundsätzlich vorstellen. Die Berlin-Wahl hat gezeigt, dass Sicherheit ein Thema in der Bevölkerung ist.“ Allerdings müssten die Fragen der Kosten und der schnellen Auswertung nach Straftaten zuvor noch genauer geklärt werden.
Absage für die CDU-Idee eines Mobilitätsausschusses
Eine Absage gibt es allerdings sowohl von Böttel als auch von Stolze für die Idee der CDU, einen eigenen Ausschuss für Mobilität und Klimaschutz zu bilden. Der steht am Donnerstag zwar nicht auf der Tagesordnung, der SPD-Antrag unter dem Motto „Sichere Mobilität“ wurde bei den Christdemokraten aber auch als Replik verstanden. Jeder Ausschussvorsitzende habe die Möglichkeit, die Tagesordnung festzulegen und die geforderten Themen weit oben zu platzieren, so Böttel. CDU-Spitzenkandidat Paul Dahlke hatte gesagt, Themen wie Energiewende und Klimaschutz würden im zuständigen Bauausschuss nur am Rande diskutiert. Dann müsse der Ausschussvorsitzende – das ist CDU-Fraktionschef Stribrny – die Themen eben besser platzieren, entgegnet auch Stolze: „Stattdessen einen zusätzlichen Ausschuss mit weiteren höheren Personalkosten und Sitzungsgeldern zu fordern ist nicht nachvollziehbar.“
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Es solle auch kein zusätzlicher Ausschuss entstehen, sagt Stribrny. Aktuell sei der Planungsausschuss mit der Erstellung des für die nächsten Jahre geltenden Flächennutzungsplans ausgelastet. Wenn dieser aber verabschiedet sei, fehle es dem Planungsausschuss an Aufgaben – ganz anders der Bauausschuss: „Der hat ein riesiges Aufgabengebiet“, so Stribrny. Die Planung könne dann in Hauptausschuss oder in den Bauausschuss wandern, der wiederum die Bereich Klimaschutz, Mobilität, ÖPNV und Nachhaltigkeit an einen neuen Ausschuss abgibt. „Uns ist klar, dass man dafür Hauptsatzung und Geschäftsordnung ändern muss“, so Stribrny. Das sei möglicherweise erst eine Aufgabe für die neu gewählte Stadtverordnetenversammlung nach der Kommunalwahl am 14. Mai.
Die Stadtverordnetenversammlung beginnt am Donnerstag, 16. Februar, um 19 Uhr im Festsaal des Rathauses (Ritter-Wulf-Platz 1).