Lauenburg. Der Klimawandel erzwingt ein Umdenken. Der Denkmalschutz hat nicht mehr immer Vorrang vor dem Kampf gegen die Erderwärmung.

In Städten wie Lauenburg, in denen Straßenzüge oder komplette Stadtteile unter Denkmalschutz stehen, war der Ärger in vergangenen Jahrzehnten häufig riesig. Nicht nur im Falle von geplanten An- und Umbauten mussten Hauseigentümer feststellen, dass der Schutz ihren Wünschen entgegenstand. Auch wer dem Trend folgen wollte, die eigene Immobilie besser gegen Wärmeverlust zu dämmen oder auf das Dach Solarkollektoren oder Photovoltaikpaneele legen wollte, stieß ein ums andere Mal auf das Nein von Denkmalschützern. Nach Jahrzehnten ändern sich nun die Vorzeichen.

EEG bietet mehr Spielraum für den Klimaschutz

Mit der Fassung 2023 des EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) ist der Gesetzgeber der Forderung gefolgt, den Belangen des Klimaschutzes größere Bedeutung gegenüber dem Denkmalschutz einzuräumen. Dies ist jedoch kein Freifahrtschein etwa für die Sanierung von Hausfassaden oder Dächern von geschützten Gebäuden. Auch nicht für Solaranlagen oder Wärmepumpen.

Wer sich in der Vergangenheit für den Kauf eines geschützten Hauses interessierte, tat gut daran, zunächst zu klären, wo möglicherweise Sanierungsbedarf besteht. Und ob nicht Belange des Denkmalschutzes beziehungsweise konkret Gestaltungssatzungen wie für die Lauenburger Altstadt ihm entgegenstehen. „Meine Frau hatte sich in ein historisches Haus in Lauenburg verliebt, doch nach einigem Hin- und Her haben wir davon abgesehen, ein Kaufangebot abzugeben“, so Peter Weber.

Regeln haben potenzielle Käufer abgeschreckt

Das Paar war bereit, neben dem Kaufpreis ein sechsstellige Summe zu investieren. Der Hamburger ist mit einem in Denkmalschutzfragen bewanderten Architekten befreundet: „Nach einem Gespräch mit ihm war uns klar, dass wir neben viel Geld auch viel Zeit würden investieren müssten.“ Doch das Paar wollte eine Bleibe für den bevorstehenden Ruhestand. Und keinen Antragsmarathon oder gar eine Dauerbaustelle über viele Jahre.

Wer in Deutschland gar ein geschütztes Gebäude besser gegen Wärmeverlust wappnen will, erkannte in der Vergangenheit allzu häufig, dass ein solches Unterfangen aus Sicht des Klimaschutzes zwar begrüßt wird. Der Schutz historischer Gebäudesubstanz aber häufig entgegensteht.

Oder rigide Vorgaben: Da konnte schon mal der Austausch alter Fenster gegen moderne zum kostspieligen Ärgernis geraten, wenn der Denkmalschutz auf den Ersatz von Sprossenfenstern in bestimmten Formaten bestand, die weitab von aktuellen Normgrößen sind. Oder eine besondere Formgebung oder Farbe vorschrieben wird.

Versteckte Dämmung kann historische Häuser schädigen

Wer gar die Fassade dämmen wollte, erlebte gelegentlich, dass die Vorschläge nicht nur die Ansprüche an moderne Wärmedämmung weit verfehlten, damit auch keine Förderung im Rahmen des Klimaschutzes möglich war. Noch schlimmer: Um die Anforderungen des Denkmalschutzes zu umgehen, brachten manche Eigentümer auf den Innenwänden unsachgemäß Wärmedämmung an. Mit der Folge, dass dahinter liegendes historisches Fachwerk zu verrotten begann, statt erhalten zu werden.

In jüngerer Vergangenheit war es immer wieder das Nein zu Solarkollektoren und Photovoltaik-Anlagen, das für Ärger sorgte. Von solchen Beschränkungen betroffen waren nicht nur Eigentümer von Wohnhäusern oder auch historischer Scheunen und Produktionshallen. Auch im Umfeld von Denkmalen gab es massive Einschränkungen.

Beschränkungen auch im Umfeld von Denkmalen

Davon betroffen war auch die Kreisverwaltung in Ratzeburg. „Die Idee das Groß der Dachflächen des Kreishauses für Photovoltaik zu nutzen, konnte nicht realisiert werden“, bestätigt Kreissprecher Tobias Frohnert. Anlagen auf dem Dach sollten nicht den Blick auf die St.-Petri-Kirche stören. Ratzeburgs Ende des 18. Jahrhundert errichtete Stadtkirche gilt als Musterbeispiel für protestantischen Kirchenbau.

Wie die Lauenburger Altstadt ist auch die von Hitzacker ein Flächendenkmal. Die zuständige Denkmalschutzbehörde war von Anfang an  den Planungen für den modernen Hochwasserschutz der niedersächsischen Kleinstadt beteiligt.
Wie die Lauenburger Altstadt ist auch die von Hitzacker ein Flächendenkmal. Die zuständige Denkmalschutzbehörde war von Anfang an den Planungen für den modernen Hochwasserschutz der niedersächsischen Kleinstadt beteiligt. © Stefan Huhndorf

Für das Flächendenkmal Lauenburger Altstadt dürfen Betroffene und die Stadt nun auf größeren Spielraum setzen. Nicht nur für die Farbgestaltung von Fenstern und Balken oder Blumenkübel vor den Häusern. Selbst Pläne zur Verbesserung des Hochwasserschutzes haben zu Streitigkeiten mit dem Denkmalschutz geführt.

„Das EEG 2023 räumt dem überragenden öffentlichen Interesse breiteren Raum ein“, bestätigt Lauenburgs Bauamtsleiter Christian Asboe. Wie dies in der Praxis tatsächlich umgesetzt werde, müsse geklärt werden. „Wir haben uns mit der Unteren Denkmalschutzbehörde bereits zusammengesetzt“, bestätigt Asboe.

Bauämter und Denkmalschützer stimmen sich ab

Schließlich ist nicht auszuschließen, dass Eigentümer aus der Lauenburger Altstadt neue Anläufe starten. „Wer etwas vorhat, sollte rechtzeitig einen Antrag stellen und dabei immer im Blick behalten, dass es auf eine Einzelfallentscheidung hinausläuft.“

Spielraum für eine völlige Freigabe von Solar- oder Photovoltaik-Anlagen sieht Asboe nicht – wohl aber für die Genehmigung von Nebenanlagen auf Schuppen oder Garagen in Lauenburgs Altstadt.

Blick auf die Altstadt soll weiter nicht gestört werden

Der Blick von der Elbe auf dieses historische Ensemble dürfe weiterhin nicht beeinträchtigt werden, ist auch aus dem Ratzeburger Kreishaus zu hören. Doch der Spielraum ist mit der Gesetzesänderung größer geworden. Entscheidend wird voraussichtlich sein, dass derartige Veränderungen das Bild der historischen Altstadt von der Elbe aus nicht trüben.

Enge Vorgaben für Solaranlagen an Denkmalen

Die neuen gesetzlichen Regelungen des Bundes lassen den Beteiligten mehr Spielraum für die Genehmigung von Solaranlagen, Wärmepumpen und Co. in denkmalgeschützten Arealen. Im Prinzip. Allerdings macht das Landesamt für Denkmalpflege den unteren Denkmalschutzbehörden in Schleswig-Holstein klare Vorgaben, wie mit entsprechenden Anträgen umzugehen ist.

So sollen Photovoltaikanlagen auf Denkmalen nur genehmigt werden, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Es darf erstens kein alternativer Standort nutzbar sein, etwa in der Nachbarschaft. Zweitens darf mit der Installation kein wesentlicher Eingriff in die geschützte Bausubstanz verbunden sein. Ein historisches Dach muss die zusätzliche Last ohne bauliche Veränderung tragen.

Drittens dürfen keine wesentlichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Denkmals verursacht werden, erläutert Tobias Frohnert, Sprecher des Kreises Herzogtum Lauenburg. Das sei die schwierigste Vorgabe, bedeute sie doch, dass die Installationen nicht sichtbar sein sollen. Vorstellbar seien damit für Photovoltaikanlagen etwa Nebengebäude in Innenhöfen oder Flachdächer auf hohen Gebäuden, die vom Erdboden aus nicht einsehbar sind.

Lauenburgs Sonnenseite bleibt weitgehend tabu

Das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor besonders für die Lauenburger Altstadt. Gerade die für Solar- und Photovoltaik-Anlagen interessante Südseite scheidet damit weitgehend aus, soll doch der Blick von der Elbe auf das Flächendenkmal nicht gestört werden. Aktuell sei nur ein Fall bekannt, wo eine PV-Anlage „auf einem rückwärtigen Flachdach eines Denkmals genehmigt wurde“, so Frohnert. Das war allerdings im Nordkreis. Für Mitte März plant der Kreis eine Infoveranstaltung in Lauenburg, um besonders die Altstadtbewohner zu informieren.