Schwarzenbek. Generationen lernten im Sportbad das Schwimmen. Obwohl es vor 20 Jahren geschlossen wurde, erregt es noch immer die Gemüter.
Vor 20 Jahren wurde das Hallenbad am Sachsenwaldring geschlossen. Als im sozialen Netzwerk Facebook an das Datum erinnert wurde, kochten die Emotionen hoch: Während sich einige Teilnehmer nostalgisch an Schwimmkurse und Warmbadetage erinnerten, werfen andere der Stadt bis heute ein Versagen vor.
Um zu wissen, was damals geschah, muss man bis ins Jahr 1973 zurückgehen: Am 20. März, nach knapp zwei Jahren Bauzeit, wurde das Hallenbad in einer Sackgasse am Ende des Sachsenwaldrings eröffnet. „Es war ein Freudentag für alle Schwarzenbeker Bürger und darüber hinaus für alle Badefreunde in der näheren Umgebung“, schrieb unsere Zeitung damals. Gebaut wurde das städtische Bad mit Fördermitteln des Bundes, denn nutzen sollten es auch die damaligen Bundeswehrsoldaten aus der Kaserne in Lanken sowie dem Bundesgrenzschutz-Standort am Hans-Koch-Ring.
Ein Hallenbad für Soldaten und Bürger
Ursprünglich war ein Lehrschwimmbecken nur für Soldaten auf dem Lankener Kasernengelände geplant. Einer der mithalf das Bad nach Schwarzenbek zu holen, war der damalige Bundeswehroffizier und spätere Bürgervorsteher und CDU-Fraktionschef Hans-Joachim Delfs: „Die Bundeswehr brauchte damals Offiziere. Für die Unteroffiziersausbildung war aber der Freischwimmer eine Voraussetzung.“ Der heute 81-Jährige nutzte seine Kontakte zur CDU und zum Bundeswehrverband, damit ein auch für die Öffentlichkeit nutzbares Bad in Schwarzenbek entstehen konnte.
Als nach der Grenzöffnung des Jahres 1989 jedoch die Standorte der Bundeswehr und des Bundesgrenzschutzes geschlossen wurde, fiel die beständige Einnahmequelle durch Soldaten und Bundespolizisten weg. Jetzt rächte es sich, dass das Hallenbad ein reines Sportbad mit fünf Bahnen, jedoch ohne Nichtschwimmerbereich oder Rutsche war.
Es gab viele Ideen, das Bad zu retten
An gleich mehrere Ideen das Bad zu retten erinnert sich Delfs: Neben dem Anbau eines Freibades – „Zu teuer“ – waren höhere Eintrittspreise sowie eine Kooperation mit dem Büchener Waldschwimmbad im Gespräch: Jahreskarten hätten im Sommer für Büchen, im Winter für Schwarzenbek gegolten. Doch beide Optionen scheiterten an der mangelnden Attraktivität des Hallenbades.
Das war zwar am Rande des Rülauer Waldes landschaftlich schön gelegen, doch die Zufahrt über die Kollower Straße und den engen Sachsenwaldring war für Besucher ebenfalls nicht optimal. Delfs: „Es war damals das einzige freie Grundstück in städtischem Besitz, dass die Stadt anbieten konnte.“
- Schule neu denken? Schwarzenbek macht es vor!
- Landhaus Hamester: Neues Hotel in Basthorst eröffnet
- Kostenexplosion: Kommunen prüfen Stopp von Bauvorhaben
2002 gründete sich ein Förderverein
Mit rund 150.000 Euro bezuschusste die Stadt das defizitäre Hallenbad jedes Jahr. Denn mit der Eröffnung hatte sich auch ein reges Vereinsleben rund um das Bad etabliert: Eine Ortsgruppe der DLRG wurde ebenso gegründet wie eine Schwimmabteilung im Sportverein TSV Schwarzenbek, deren Sportler zahlreiche Landesmeistertitel gewonnen haben.
Als sich abzeichnete, dass die Politiker angesichts der städtischen Verbindlichkeiten auch eine Schließung in Betracht ziehen, wurde im Juni 2002 sehr schnell ein Förderverein gegründet, der die Interessen von fast 1000 Schwarzenbekern vertrat. Die Idee: Der Verein sollte das Hallenbad übernehmen, Rettungsschwimmer als Aufsicht stellen und so den städtischen Zuschuss auf rund 120.000 Euro minimieren.
Mehrfamilienhäuser auf dem Hallenbadgelände
Die Stadtverordneten beschlossen im Dezember 2002 mehrheitlich, das Bad von den städtischen Stadtwerken zurückzukaufen, um es dem Förderverein zu überlassen. Doch die Gesellschafterversammlung der Stadtwerke, ebenfalls besetzt mit Politikern, entschied anders und schloss das Bad zum 31. Dezember 2002.
Zwar hatte eine vom Förderverein beauftragte Gutachterin bescheinigt, dass die Anlage technisch fit wäre, ein Gutachten der Stadt zeigte dann jedoch im Juli 2003, dass binnen der nächsten vier Jahre Investitionen in Höhe von mehr als einer halben Million Euro nötig wären. Nachdem Förderverein und DLRG mit ihren einstweiligen Verfügungen gegen die Schließung auch vor Gericht gescheitert waren, bedeutete dies das endgültige Aus. Das Hallenbad wurde abgerissen, an seiner Stelle errichtete die Wohnungsgenossenschaft Neue Lübecker zwischen 2016 und 2018 fünf Mehrfamilienhäuser im neuen Wohngebiet Im Holtern.
Haftstrafe für den Aquabek-Unternehmer
Auch in einem anderen Wohngebiet, das einmal für ein Hallenbad vorgesehen war, stehen heute Wohnhäuser: 2007 war Rainer Hartmann an die Stadtverordneten mit seinen Plänen herangetreten, auf dem Areal des heutigen Heuwegs zwischen Mühlenredder und Dreiangel ein Hallenbad zu bauen. Dies sollte zunächst mit einem Pultdach per Solarthermie, dann mit Geothermie beheizt werden.
Angesichts der Erfahrungen mit der Hallenbadschließung mitten im Kommunalwahlkampf wollte fünf Jahre später in ähnlicher Situation niemand dem Investor eine Absage erteilen. In Rekordzeit stellten die Politiker das Baurecht für das Gelände her, weigerten sich aber standhaft, sich beim Projekt Aquabek auch finanziell einzubringen – zum Glück: 2011 platzte das Projekt, nachdem der Unternehmer zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war.
Machbarkeitsstudie bedeutete das Aus
Sechs Jahre später sorgte die damalige Bürgermeisterin Ute Borchers-Seelig noch einmal für eine Hallenbad-Euphorie: Sie griff eine Idee ihres Amtsvorgängers Frank Ruppert auf, der 2003 den Neubau eines Bades statt der Sanierung eines 30 Jahre alten, maroden Gebäudes in Erwägung gezogen hatte. Gemeinsam mit den Dörfern des Umlandes sollte ein Bad für Vereine und den Schulsport entstehen.
Schnell bildete sich die Bürgerinitiative Pro Hallenbad. Die Ernüchterung folgte zwei Jahre später im Jahr 2019: Eine von der Aktivregion Sachsenwald-Elbe mitfinanzierte Machbarkeitsstudie ergab für die gerade aus der Haushaltskonsolidierung kommende Stadt einen jährlichen Förderbedarf im Höhe von 756.000 Euro. Das bedeutete auch für dieses Projekt das Aus.