Schwarzenbek. Delegation hat sich in dänischer Großstadt von Schule und Bildungszentrum inspirieren lassen. Was lässt sich hier umsetzen? Die Debatte.
Was kann Schwarzenbek von Aarhus in Sachen Schulbau und Bürgerzentrum lernen? In beiden Punkten gilt die Stadt im Norden Dänemarks als beispielhaft. Deshalb hat sich jetzt auch eine 20-köpfige Delegation bestehend aus Politikern, Pädagogen und Verwaltungsmitarbeitern auf eine zweitägige Reise begeben, um Anregungen für die eigenen Projekte in der Europastadt zu sammeln. Über die Ergebnisse gehen die Meinungen allerdings weit auseinander – obwohl sich die meisten Delegationsmitglieder grundsätzlich sehr angetan von den Konzepten der Frederiksbjerg Skole und des Bürgerzentrums Dokk1 zeigten.
Viele innovative aus Dänemark wären auf Schwarzenbek übertragbar
„Es gibt viele Ideen, die auf unsere Projekte übertragbar wären“, sagen Ordnungsamtsleiterin Petra Scheerer und Kathrin Kipke vom Amt für Bildung und Kultur in der Schlussbetrachtung übereinstimmend. Das sehen auch Bürgervorsteher Rüdiger Jekubik und Bürgermeister Norbert Lütjens im Anschluss an die zweitägige Reise nach Dänemark so. Skeptisch ist weiterhin Grünen-Fraktionschef Sven Kirbach zumindest in puncto Bildungszentrum in der alten Realschule. Explizit geäußert hat er sich nicht, aber seine Partei ist nach wie vor nicht davon überzeugt, dass eine Folgenutzung des in weiten Teilen aus den 1960er-Jahren stammenden Gebäudes der richtige Weg ist. Die Grünen hatten sich für einen Abriss und eine andere Nutzung des Geländes starkgemacht. Für einen falschen Weg hält Helmut Stolze von der FDP die Ideensuche in Dänemark. „Aarhus hat 300.000 Einwohner, wir haben 17.500. Die Projekte sind viel zu groß für uns. Das ist der falsche Ansatz. Wir hätten Schulen in vergleichbaren Städten ansehen sollen“, so Stolze. Deshalb sind die Liberalen auch nicht mit nach Aarhus gereist, um sich die dortigen Projekte anzusehen.
„Es geht um die Ideen, die hinter den Konzepten stehen. Vieles lässt sich auch in wesentlich kleinerem Umfang umsetzen. Die Beispiele sind eindrucksvoll und zeigen, was möglich ist. Das müssen wir jetzt diskutieren und in die politischen Beschlüsse einarbeiten“, entgegnet Hans-Jürgen Stribrny, der jahrzehntelang Ordnungsamtsleiter in Schwarzenbek war und heute der CDU-Fraktion sowie dem Bauausschuss vorsitzt. Allerdings hält er auch eine neue Diskussion für erforderlich. „Es gibt viele Begriffe, wie Bildungszentrum oder aber auch den Dritten Ort als Treffpunkt in der Bücherei, die durch die teilweise sehr langen und sehr kontroversen Diskussionen verbrannt sind. Wir müssten möglicherweise neue Namen für die neuen Konzepte finden, damit wir wieder vorbehaltlos darüber beraten können“, betont der Christdemokrat.
„Positiver Spirit“ kann neue Anregungen für den Bau eines Bürgerzentrums bringen
Aber es kommt auch eine deutliche Begeisterung zutage – ein „positiver Spirit“, der die weiteren Diskussionen voranbringen könnte, wie Kathrin Kipke sagt. „Wir wollen jetzt sehr schnell in weitere Gespräche mit der Politik eintreten, damit die Planungen fortgesetzt werden können. Wir haben in Dänemark gelernt, dass das bei beiden Projekten fließende Prozesse waren, die sich auch nach der Realisierung immer weiter fortentwickeln. Wir müssen jetzt auf der einen Seite die Gebäude planen, auf der anderen Seite schauen, für welche Ideen es Fördergeld gibt. Denn ohne Förderung geht es zumindest beim Bildungszentrum nicht. Aber auch bei den Schulbauten hilft jede mögliche Förderung bei der Realisierung“, betont Bürgermeister Lütjens.
Feuer und Flamme ist unter anderem FWS-Fraktionschef Bernhard Böttel. Noch im Bus auf der Rückreise fragte er Bauamtsleiter Ralf Hinzmann, ob die Statik der alten Realschule eine Aufstockung um eine weitere Etage hergeben würde, damit mehr Platz geschaffen werden könne. „Das müsste geprüft werden, dafür wären ein Gutachten und auch ein politischer Auftrag erforderlich“, so der Bauamtsleiter.
Bücherei ist ein Kernstück des neuen Zentrums als Ort der Begegnung und des Lernens
Klar ist aber, dass die Bücherei als Ort der Bildung und der Begegnung – genau wie in Dänemark – ein Kernstück des Bürgerzentrums werden müsste. Und genau da macht die Stadt gerade die Rolle rückwärts. Von den zahlreichen Konzepten mit mehr Veranstaltungen, Kursen und einem Treffpunkt zur Integration und Weiterbildung in der Stadtbücherei ist aktuell nicht viel übrig geblieben, weil das nicht dem politischen Willen entspricht. Momentan ist die Bücherei weitestgehend auf das Verleihen von Büchern und anderen Medien reduziert. Neue Konzepte sollen erst nach dem angestrebten Umzug in die Realschule erfolgen.
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Ein weiteres Kernstück beim dänischen Dokk1 ist die frei zugängliche Nutzung von Räumen für kreative Betätigung. „Hier kann jeder etwas anbieten. Egal ob es um Musik, Töpfern oder Recycling geht. Grundvoraussetzung ist nur, dass die Angebote für jeden Besucher zugänglich sind. Jeder, der mitmachen will, muss das auch dürfen“, hat Dokk1-Leiterin Marie Östergaard gesagt. Bürgermeister Norbert Lütjens erhofft sich durch so ein Konzept neue Impulse für das Ehrenamt. Denn gerade in diesem Bereich brechen die Initiativen weg. Wie berichtet, haben sich Bürgerverein und Hausfrauenbund aufgelöst, das Bündnis für Familien ebenfalls und viele weitere Vereine kämpfen ums Überleben.
Volkshochschule hofft durch den angedachten Umzug auf neue Nutzer
Wer ebenfalls ein neues Domizil im Bürgerzentrum finden soll, ist die Volkshochschule. „Uns findet man schwer im Obergeschoss der Kreissparkasse. Es fehlen neue Nutzer in unserem Kursangebot. Wenn wir mit anderen Akteuren wie der Bücherei, der Arbeiterwohlfahrt und dem Bürgerservice der Stadt in einem Haus sind, kann das nur gut sein“, sagt VHS-Leiterin Anja Erdmann.
Ein wesentlicher Baustein ist in Aarhus aber auch die Vernetzung von Bürgerservice und den anderen Angeboten. Keiner kommt in Aarhus am Bürgerservice vorbei. Vor allem Neubürger und Flüchtlinge nicht, die sich dort anmelden müssen. So werden sie auf das breite Angebot im Haus aufmerksam. Das ist ein Effekt, auf den auch Bürgermeister Norbert Lütjens setzt. Er hofft auch auf eine Zusammenarbeit mit dem Amt Schwarzenbek-Land, gerade bei der Ausstellung von Pässen und weiteren Dienstleistungen des Bürgerservice. Bei der IT funktioniert so eine Kooperation bereits. Lütjens hat den Besuch genutzt, um dem Verwaltungsleiter der Amtes, Ralf Spinngieß, diese Idee näherzubringen. „Interkommunale Kooperationen sind förderfähig und würden das Projekt voranbringen“, betont Lütjens.
Bürger-/Bildungszentrum soll ein Magnet für die Innenstadt sein
Wichtig wird das Bürger-/Bildungszentrum aber als Ankerpunkt in der Innenstadt. Deshalb setzt Lütjens dabei auch auf Geld aus der Städtebauförderung. Klar ist aber auch, dass sich die Bewegungsströme der Passanten und Autofahrer in einer Stadt ändern, wenn so ein Magnet eingerichtet wird. Diese Erfahrung haben auch die Dänen gemacht, indem sich das Zentrum von der Altstadt ein Stück weit in Richtung des neuen Dokk1 in den Hafenbereich verschoben hat. Ähnliches dürfte in Schwarzenbek passieren und die Berliner Straße mit dem Sitz des neuen Bürgerzentrums stärker in den Fokus der Innenstadtbesucher rücken. Das könnte aber auch Impulse für die von den Kaufleuten seit Langem gewünschte Verlegung des Wochenmarkts vom Ritter-Wulf-Platz auf den alten Markt geben.