Schwarzenbek/Geesthacht. Die Organisation löst sich landesweit auf, so auch die Ortsverbände in Geesthacht und Schwarzenbek. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Ob es um gesunde Lebensmittel, Verbraucherschutz, umweltfreundliche Verpackungen, Ladenschlusszeiten, den Diätenwahn, das Rentenrecht, das Energiesparen, die neueste Mode oder Drogenprävention geht – seit mehr als 50 Jahren bringen die Ortsverbände des DHB Netzwerk Haushalt (ehemals Hausfrauenbund) in Schwarzenbek und Geesthacht in Hunderten Vorträgen, Exkursionen und Gesprächsrunden Interessierten Themen rund um Familie und Haushalt näher.

In Koch-, Gymnastik-, Bastel- und Kegelgruppen, bei Feiern und Ausfahrten trafen sich jahrzehntelang Frauen und später auch einige Männer, um sich auch in geselligem Rahmen mit Themen der Haushaltsführung und der Familie zu befassen. Das ist nun Geschichte, denn die Ortsverbände des DHB Netzwerks Haushalt in Schwarzenbek und Geesthacht lösen sich auf.

DHB Netzwerk Haushalt: Ortsvereine Geesthacht und Schwarzenbek aufgelöst

In schriftlichen Abstimmungen, die am Jahresende 2020 erfolgten, entschieden sich die Mitglieder für diesen Schritt. Das Votum war angesetzt worden, nachdem zuvor die Mitglieder des Landesverbandes des DHB Netzwerk Haushalt Schleswig-Holstein beschlossen hatten, den Landesverband aufzulösen und somit sind die Ortsverbände dort abgemeldet. Der Landesverband hatte seine Auflösung nach 73 Jahren beschließen müssen, weil nicht mehr alle Posten des geschäftsführenden Vorstands besetzt werden konnten.

2014 übernahm Frank Ruppert als erster Mann den Vorsitz

Dr. Andrea Nigbur (l.) liest den Impfausweis von Regina Maltzahn, der aus dem Jahr 1952 stammt, und gibt der Schwarzenbekerin Empfehlungen
Dr. Andrea Nigbur (l.) liest den Impfausweis von Regina Maltzahn, der aus dem Jahr 1952 stammt, und gibt der Schwarzenbekerin Empfehlungen © Monika Retzlaff | Monika Retzlaff

Dahinter steckt viel Wehmut, aber auch Stolz auf das Erreichte. „Ich möchte keine Minute missen, die ich mich zusammen mit vielen Frauen engagierte“, sagte Regina Maltzahn, die seit 20 Jahren Vorsitzende des Geesthachter Ortsverbandes ist. Die Mitglieder in Schwarzenbek und Geesthacht hatten sich für die Auflösung entschieden, weil der Nachwuchs für die Vorstandsarbeit fehlt und sie sich nicht einem anderen Landesverband anschließen oder einen eigenen Verein ins Leben rufen wollten.

Es wäre ein Aufschieben gewesen, denn es gibt vielerorts Nachwuchsprobleme, schätzt Regina Maltzahn die Situation im Norden ein. Sie selbst übernahm 2016 auch noch die Leitung des Ortsverbandes Schwarzenbek, weil sich in Schwarzenbek niemand dafür bereit erklärte. Zuvor hatte Schwarzenbeks damaliger Bürgermeister Frank Ruppert für zwei Jahre den Vorsitz in der Europastadt übernommen, um den Verein zu retten. Da er 2016 nicht erneut für das Bürgermeisteramt kandidiert hatte, verließ er mit seiner Frau Sussi-Ann die Stadt und zog nach Glücksburg.

Der handgewebte Teppich der Frauen hängt noch heute im Rathaus

Deshalb legte er auch den Vorsitz nieder. Rupperts Wahl zum Vorsitzenden bei der Mitgliederversammlung 2014 war eine Sensation. Denn er war bundesweit der erste Mann, der einem Ortsverband des DHB Netzwerks Haushalts vorstand. Es war auch Rettung in letzter Minute, denn er war in die Bresche gesprungen, nachdem Doris Baumbach als Vorsitzende aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war. Weil sich niemand für den Vorsitz fand, stand der Ortsverband damals schon kurz vor der Auflösung.

Die Geschichte des Ortsverbandes begann schon 1966. Die erste Vorsitzende war bis 1981 Ute Reichel. Über sie gibt es eine Anekdote: Beim Besuch der Brotverkostung und -prüfung bei der Bäckerinnung regte Ute Reichel an, ein Brot mit regionalem Bezug zu kreieren. So kam das Lauenburger Brot in den Handel. Parallel dazu gründete Gudrun Gerigk 1969 zusammen mit engagierten Schwarzenbekerinnen den „Club junger Hausfrauen“. Ihre Treffen drehten sich nicht nur um den Haushalt, sondern auch um die Raumnot an den Schulen, die soziale Absicherung der Frauen, Verkehrserziehung der Kinder und Krebsvorsorge. Renate Meyer führte ab 1977 den „Club junger Hausfrauen“ weiter. Er wurde dann 1981 in den Hauptverein integriert und Renate Meyer wurde dessen Vorsitzende bis 1993.

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In ihrer Ära gab es ebenfalls eine Fülle interessanter Veranstaltungen, von einem Filmabend mit Rüdiger Nehberg, dem Besuch des Otto-Versands, der Teilnahme an der Stadtverordnetenversammlung bis zu einer Fragebogenaktion zu den Ladenschlusszeiten. Die Frauen luden zum Faschings- und Sommerfest ein, gewannen 1983 den ersten Preis für ihren Festwagen beim Stadtumzug und übergaben 1983 bei der Eröffnung des neuen Rathauses einen handgewebten Teppich, der noch heute im Treppenhaus im Aufgang zum Festsaal hängt.

2010 änderte der Hausfrauenbund seine Satzung und den Namen

Die Vorsitzende der Ortsverbände Geesthacht und Schwarzenbek, Regina Maltzahn (l.), und Kerstin Krey mit Landrat Christoph Mager und Kreispräsident Meinhard Füllner
Die Vorsitzende der Ortsverbände Geesthacht und Schwarzenbek, Regina Maltzahn (l.), und Kerstin Krey mit Landrat Christoph Mager und Kreispräsident Meinhard Füllner © BGZ

Der zweite handgefertigte Wandteppich wurde 1992 nach 310 Arbeitsstunden fertig und der Seniorenresidenz „Alte Oberförsterei“ überreicht. Interessant und vielseitig ging das Vereinsleben auch von 1993 bis 2007 weiter, als Sylvia Dieckhoff den Ortsverband führte. In den Treffen gaben Experten Auskunft über Datenschutz, Homebanking, den Katastrophenschutz, die Arbeit des Weißen Ringes, die Gesundheitsreform, den Euro, die Pflegeversicherung und vieles mehr. Die Mitglieder gründeten die dritte Koch-Arbeitsgemeinschaft, luden zu einer Cocktailparty ein und tischten beim Verbrüderungstreffen Leckereien auf.

Sylvia Dieckhoff wurde 2007 zur Vorsitzenden des Landesverbandes gewählt und Doris Baumbach leitete dann von 2007 bis 2014 den Ortsverband Schwarzenbek. 2010 änderte der Hausfrauenbund seine Satzung und den Namen in DHB Netzwerk Haushalt. „Das Wissen und Können, einen Haushalt zu führen ist wichtig. Junge Leute haben fast keine Ahnung davon“, sorgt sich Regina Maltzahn. Blogs und Videos im Internet ersetzen die Arbeit des Verbandes nicht.

Das letzte Kapitel zu schließen, fällt den Mitgliedern daher schwer. „Wenn wir die Corona-Pandemie überwunden haben, werden wir noch einmal alle Mitglieder zu Kaffee und Kuchen einladen“, verspricht Regina Maltzahn.

  • DHB Netzwerk Haushalt:

Das DHB Netzwerk Haushalt ist ein Verband mit langer Tradition. Er wurde 1915 als Deutscher Hausfrauenverband im Hintergrund der Frauenbewegung gegründet, nachdem sich verschiedene Berufsgruppen wie Hebammen und Lehrerinnen zuvor schon in Vereinen organisiert hatten. Die Ziele waren es, den im Haushalt tätigen Frauen eine bessere Bildung zu geben. So führte der Bund die Meisterprüfungsordnung für Hauswirtschaft ein. Er prüfte außerdem Haushaltsgeräte und zeichnete die erfolgreichen mit dem Gütesiegel, der stilisierten Sonne aus.

1927 gründete der DHB in Berlin den Vorläufer der Verbraucherzentralen, damals hieß das „Hauswirtschaftliche Einkaufsberatung und Auskunftsdienst“. 1935 löste sich der DHB auf, um nicht in die nationalsozialistische „Reichsgemeinschaft deutscher Hausfrauen“ integriert zu werden. Nach dem Krieg gründeten sich zahlreiche Ortsverbände wieder neu.

Das DHB Netzwerk Haushalt ist der Berufsverband der Haushaltsführenden und schließt Tarifverträge mit Gewerkschaften für Arbeitnehmer in Privathaushalten ab. Von 1985 bis 1997 war die Geesthachterin Siglinde Porsch Präsidentin des Verbandes. Der mittlerweile verstorbene Schwarzenbeker Verleger Jens Robrahn gab die Verbandszeitung heraus.