Schwarzenbek. Fitness kennt kein Alter. Der Beweis sind die „Jedermänner“ des TSV Schwarzenbek, von denen die meisten jenseits der 70 sind.

Vor 53 Jahren wurde die „Jedermänner“ im TSV Schwarzenbek gegründet. Eine Sportgruppe für alle, die nicht mehr am Wettkampfsport teilnehmen wollten. Noch immer sind 20 ältere Herren aktiv dabei.

„Jedermann“ – das ist ein Theaterstück des österreichischen Dramatikers Hugo von Hofmannsthal (1874–1929) über das „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“. Uraufgeführt 1911 in Berlin wird es seit 1920 Jahr für Jahr bei den Salzburger Festspielen gezeigt. Jedermann ist aber in der deutschen Sprache auch ein Pronomen, das alle ohne Unterschied bezeichnet. Und genau das ist auch die Bedeutung der Jedermänner im Sport: Es gibt bis heute Jedermann- oder Volksläufe im Laufsport oder den Jedermann-Triathlon mit verkürzten Distanzen, der sich an Einsteiger oder Breitensportler richtet.

TSV Schwarzenbek: Fritz Nietzel gründete 1969 die Gruppe

Lange vor Jane Fondas Aerobic (1980er-Jahre) oder der Zumba-Welle der 2000er-Jahre spielte Sport für jedermann eine große Rolle: Ein Höhepunkt der Jedermann-Bewegung war im Vorfeld der Olympischen Spiele 1972 in München die Trimm-Dich-Bewegung mit ihrem Maskottchen „Trimmy“, die acht Millionen Menschen zum Sport und zum Eintritt in die Sportvereine animierte.

Die Breitensportbewegung ermunterte Ende der 60er-Jahre auch in Schwarzenbek viele Menschen zum Fitness- und Ausdauertraining: „Fritz Nietzel, damals Leiter der Turnabteilung des TSV Schwarzenbek, hob am 1. Juni 1969 die Jedermänner aus der Taufe“, erinnert sich Klaus Freudenberg (81): „Die Gruppe war für alle da, die nicht mehr am Wettkampfsport teilnehmen wollten.“

Das ­Besondere: Die Jedermänner gibt es noch heute. Seit 53 Jahren trainieren sie in der Sporthalle an der Hans-Böckler-Straße. Nietzel (1925–2010) war ein exzellenter Turner, trat 1956 dem TSV bei und wurde Kinderturnwart, später Vorsitzender des Kreissportverbandes. 1983 zeichnete die Stadt Schwarzenbek Nietzel als „verdienten Bürger“ aus.

Boxer Jürgen Blin trainierte in der selben Halle

„Damals hatten wir nur die halbe Halle und haben Prellball gespielt. In der andere Hälfte trainierte die Boxabteilung mit dem damaligen deutschen Schwergewichtsmeister Jürgen Blin“, erinnert sich Freudenberg. Heute wird in der Halle nicht mehr Prellball gespielt – die Jedermänner sind auf Fitnessgymnastik und von Freitag- auf Montagabend umgestiegen.

Und sie haben eine Trainerin: Christin Scherrer ist ausgebildete Rehasport-Anleiterin. Das bedeutet nicht, dass die Jedermänner Rehasport betreiben, für den es in der Regel eine ärztliche Verordnung braucht. Sie machen Fitnessübungen, die an das Alter der Sportler angepasst sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass niemand ins Schwitzen gerät: Bei Übungen mit Bällen und Bändern oder Zirkeltraining gehen die Senioren mit hochrotem Kopf oft an ihr Limit.

Seit 1969 gibt es die
Seit 1969 gibt es die "Jedermänner" im TSV Schwarzenbek. Bis heute treffen sich die mittlerweile älteren Herren zum Sport. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Ältester Teilnehmer ist Walter Jürgensen. Der 86-Jährige ist seit 42 Jahren dabei: „Ich habe vorher gerudert und bin dann von einem Bekannten mitgenommen worden – und bin geblieben.“ Jüngster Teilnehmer ist Frank Oesterreich, der vor 20 Jahren dazu stieß. „Ich muss Gymnastik für meinen Rücken machen“, sagt der 56-Jährige. Es habe von Anfang gepasst, sagt Oesterreich: „Wenn man die Leute in der Gruppe kennt, ist das eine ganz andere Atmosphäre als etwa in einem Fitnessstudio.“ Dazu gehört auch, dass sich die Jedermänner regelmäßig privat treffen: Im Sommer gibt es einen Ausflug, im Winter ein Grünkohlessen, bei dem dann auch die Partnerinnen willkommen sind.

„Jede Menge Blödsinn“ beim abendlichen Training

Was aber den besonderen Reiz der zeitweise mehr als 60 Jedermänner ausmacht – heute sind es noch etwa 20 – erklärt Werner Burmeister, der seit 1982 zur Gruppe gehört. „Ich war nicht so sportlich, konnte hier aber dennoch mithalten.“ Wichtig war für den 76-Jährigen auch der Termin am Freitagabend: „Für mich und viele andere war es eine schöne Möglichkeit, die Arbeitswoche beim Sport ausklingen zu lassen.“

Mit Rentenbeginn ist vor 14 Jahren Grabaus Bürgermeister Bernd Granzow (78) der Truppe beigetreten: „Ich hatte im Berufsleben keine Zeit für Sport, nach einem halben Jahr bei den Jedermännern war ich fit.“ Als ehemaliger Läufer war Bernd Dwinger (72) hingegen topfit, als er vor 20 Jahren zur Gruppe stieß. Weil das wöchentliche Training nicht ausreicht, macht er noch in einer weiteren Gymnastikgruppe mit, kennt deshalb auch die Unterschiede: „Die Gemeinschaft ist hier allen wichtig und es wird beim Training jede Menge Blödsinn erzählt – das ist bei den Jüngeren nicht so.“

Der Verein hat mehrere Angebote für Senioren

Die Jedermänner treffen sich immer montags von 17 bis 19 Uhr in der Compesporthalle (Hans-Böckler-Straße 2). Auf der Internetseite des TSV Schwarzenbek findet man sie unter der Kursus-Bezeichnung „Seniorengymnastik für Männer“. Kosten: 16,50 Euro im Monat für alle Kurse im Bereich Fitness und Gesundheitssport, hinzu kommt eine einmalige Aufnahmegebühr von 15 Euro.

Neben den Jedermännern bietet der Sportverein acht weitere Kurse für Menschen ab 60 an, unter anderem „Bleib auf den Beinen 60 Plus“ (montags von 10 bis 11 Uhr), „Aktiv 80 Plus“ (Mittwoch, 10 bis 11 Uhr) oder „Fit gegen Osteoporose“ (Donnerstag, 9 bis 10 Uhr). Weitere Infos unter www.schwarzenbek.de sowie im Sportbüro (Buschkoppel 5) oder telefonisch unter 0 41 51/79 32.