Geesthacht. Fast alle Vereine haben in der Pandemie Mitglieder verloren. Wir haben mit dem KSV-Vorsitzenden Carsten Engelbrecht gesprochen.

Die Amateur- und Freizeitsportler atmen auf. Von Montag an dürfen in Schleswig-Holstein wegen sinkender Corona-Inzidenzwerte wieder alle Sportanlagen öffnen (siehe Infokasten). Hinter dem organisierten Vereinssport liegt eine schwere Zeit. Die Auswirkungen der Pandemie sind vielfältig. Wir haben mit dem Geesthachter Carsten Engelbrecht, der seit 2015 Vorsitzender des Kreissportverbands (KSV) Herzogtum Lauenburg ist, über die Nöte und Sorgen von Sportlern und Clubs gesprochen.

Besonders größere Vereine haben Mitglieder verloren

Dem KSV gehören 165 Vereine mit zusammen gut 46.000 Mitgliedern an. Der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr liegt bei rund 3,5 Prozent. Das entspricht einem Minus von rund 1650 Mitgliedern. „Unser Vorteil ist, dass uns viele kleine Vereine angehören, deren Mitglieder relativ vereinstreu sind“, sagt Carsten Engelbrecht.

Dagegen hätten es Großvereine wie der VfL Geesthacht oder der TSV Schwarzenbek mit ihren vielen Kursangeboten erheblich schwerer. Der TSV hat rund 400 Mitglieder verloren und liegt jetzt nur noch bei knapp 2000. Der VfL (minus 300) zählt jetzt noch 1800 Mitglieder. „Austritte sind normal. Aber es ist nichts nachgekommen, wo sonst eine Fluktuation herrscht“, betont Engelbrecht.

Neue Ehrenamtler könne man nicht am Telefon überzeugen

Schon vor Corona hatten viele Vereine Probleme, ehrenamtliche Mitarbeiter zu finden. Von diesen würden viele überlegen aufzuhören, sagt Engelbrecht „Sie haben in der Pandemie gemerkt, dass es auch ohne Ehrenamt geht und wollen sich den Stress nicht weiter antun“, sagt der KSV-Chef.

Neue Ehrenamtler könne man zudem nicht am Telefon überzeugen, das gehe nur im persönlichen Gespräch. „Dabei geht es jetzt darum, den Motor im Vereinsleben wieder anzuschmeißen. Die Aufgaben werden daher eher größer“, sagt Engelbrecht.

Senioren haben kein Arbeitsleben mehr, Schüler keine Schule

Seit über einem Jahr war Vereinssport nur unregelmäßig und seit November praktisch gar nicht möglich. „Junge und Alte trifft das am meisten. Senioren haben kein Arbeitsleben mehr, Schüler hatten keine Schule, und beide haben dann auch soziale Kontakte im Sport verloren“, sagt Engelbrecht. Neben den seelischen Auswirkungen gebe es auch gesundheitliche Folgen.

„Ein Rentner, der sonst einmal in der Woche Sport macht, altert schneller, wenn das wegfällt“, sagt er. Kinder hätten ohne Mutter-Kind-Turnen gar nicht erst den Weg zum Sport gefunden. „Hier gilt: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“, mahnt der KSV-Vorsitzende. Auch die Defizite in der Schwimmausbildung beklagt er.

Positiv: Die Digitalisierung hat die Vereine erreicht

Bei allem Verständnis für die Entscheidungen der Politik hätte sich Engelbrecht deshalb einen höheren Stellenwert für den Sport gewünscht. Da auch er Rückschläge in der Pandemie-Bekämpfung befürchtet, hofft er für die Zukunft, „dass man dann sachlich und objektiv Entscheidungen fällt und nicht den einfachsten Weg geht und wieder alles dichtmacht. Schwimmen lernen und Hilfestellung beim Geräteturnen geht nicht mit Abstand.“

Einen positiven Aspekt durch Corona gebe es aber: Die Digitalisierung hat die Vereine erreicht. Insbesondere betreffe dies neue Möglichkeiten zur Versammlung und Fortbildung von Übungsleitern.